Josef Mayr-Nusser, 'Südtirols Jägerstätter', wird 2017 seliggesprochen

9. Juli 2016 in Chronik


Papst erkennt Martyrium von Mayr-Nusser an, der 1944 den SS-Eid verweigert – Bozener Bischof Muser: Ein Christ, der sich durchringt zu einem persönlichen Glaubensbekenntnis gegenüber einem antichristlichen und menschenfeindlichen System.


Bozen (kath.net/KAP/pbb) Papst Franziskus hat das Martyrium des 1945 auf dem Weg ins Konzentrationslager Dachau gestorbenen Südtiroler NS-Kriegsdienstverweigerers Josef Mayr-Nusser (1901-1945) bestätigt und damit den Weg zu dessen Seligsprechung freigemacht. Wie der Vatikan und die Diözese Bozen-Brixen mitteilten, setzte Franziskus am Freitag einen entsprechenden Erlass der Heiligsprechungskongregation in Kraft. Die Feier zur Seligsprechung von Mayr-Nusser werde am 18. März 2017 in Bozen stattfinden, kündigte der Südtiroler Bischof Ivo Muser an.

Der künftige Selige sei "ein überzeugter und überzeugender Christ" gewesen, "der Stellung bezogen und Farbe bekannt hat", hob Bischof Muser hervor. Mayr-Nusser habe aus der biblischen Überzeugung gehandelt, "dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen", so der Diözesanbischof von Bozen-Brixen: "Ich verstehe diese mutige und unbequeme Gestalt, die uns mit einem dunklen und für viele leidvollen Kapitel unserer Geschichte konfrontiert, vor allem als einen glaubwürdigen und konsequenten Zeugen, der dem eigenen Gewissen folgt; einem Gewissen, das sich ausrichtet am Evangelium und an der Lehre der Kirche."

Josef Mayr-Nusser wurde 1910 in Bozen geboren. In einem religiösen Umfeld aufgewachsen, schloss er sich der Katholischen Jugend an. Nach dem sogenannten Optionsabkommen zwischen Hitler und Mussolini im Jahr 1939 entschloss er sich trotz des massiven Drucks der aus Deutschland ferngesteuerten örtlichen Nationalsozialisten zum Verbleib in Südtirol und trat dem Andreas-Hofer-Bund bei.

Am 26. Mai 1942 heiratete er Hildegard Straub und hatte mit ihr einen Sohn, Albert Mayr. Nach dem Waffenstillstand Italiens mit den Alliierten im Herbst 1943 und dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht wurde Mayr-Nusser im September 1944 zum deutschen Militär eingezogen. Er wurde dabei der Waffen-SS zugeteilt. Nachdem er am 4. Oktober 1944 in Konitz in Ostpreußen aus Gewissensgründen den SS-Eid verweigert hatte, wurde er zum Tode verurteilt. Auf dem Weg ins Konzentrationslager Dachau starb Josef Mayr-Nusser am 24. Februar 1945 in einem Viehwaggon bei Erlangen an den Folgen der Haft. 1958 wurde seine sterbliche Hülle nach Südtirol überführt und 1963 an der Außenmauer der Kirche von Lichtenstern am Ritten beigesetzt.

kath.net dokumentiert die Reaktion des Bozener Bischofs Ivo Muser in voller Länge:
Heute hat uns die frohe Botschaft aus Rom erreicht. Papst Franziskus hat durch seine Unterschrift bekräftigt, dass Josef Mayr–Nusser bald als Märtyrer und Seliger unserer Kirche verehrt werden darf. Mit vielen anderen Menschen in unserer Diözese erwarte ich mit Freude und Hoffnung die Seligsprechung, die wir am Vorabend des Namenstags des neuen Seligen, am 18. März 2017, im Bozner Dom feiern werden. Am folgenden Tag, dem Hochfest des hl. Josef, feiern wir im Bozner Dom einen diözesanen Dankgottesdienst für die erfolgte Seligsprechung. Den liturgischen Gedenktag des neuen Seligen werden wir das erste Mal am 3. Oktober 2017 feiern.

Josef Mayr–Nusser war ein überzeugter und überzeugender Christ, der Stellung bezogen und Farbe bekannt hat. Klarer Bezugspunkt seiner Spiritualität und seiner Aufforderung zum Bekenntnis und zum christlichen Einsatz ist Christus selber und – wie er sich ausdrückt – seine „Königsherrschaft unter den Menschen“. So sagt er bei einer Sitzung der Katholischen Aktion am 23. Oktober 1935: „Nur wenn der Einzelne, das Individuum, Christus als seinen Herrn anerkennt, wird es auch die Gesellschaft tun, die jeweils so denkt und handelt, wie der überwiegende Teil ihrer Einzelglieder denkt und handelt... Christus soll herrschen nicht nur in den Einzelnen und in den Familien, Christus soll herrschen auch in den Staaten, im öffentlichen Leben!“

Als eine besonders reife Frucht seiner Glaubensüberzeugung können vor allem die Briefe gelten, die Josef Mayr–Nusser aus dem Kerker in Konitz bei Danzig an seine Frau Hildegard richtet. Im Brief vom 27. September 1944 steht ein Christ vor uns, der ringt um seine vom Glauben getragene Entscheidung und der sich durchringt zu einem persönlichen Glaubensbekenntnis gegenüber einem antichristlichen und menschenfeindlichen System. Er schreibt: „Dass ich Dich, treueste Gefährtin, durch mein Bekenntnis im entscheidenden Moment vielleicht auch noch in zeitliches Unglück stürze, das nagt am schwersten an meinem Herzen. Dieses Bekennenmüssen wird sicher kommen, es ist unausbleiblich, denn zwei Welten stoßen aufeinander. Zu deutlich haben sich Vorgesetzte als entschiedene Verneiner und Hasser dessen gezeigt, was uns Katholiken heilig und unantastbar ist. Bete für mich, Hildegard, damit ich in der Stunde der Bewährung ohne Furcht und Zögern so handle, wie ich es vor Gott und meinem Gewissen schuldig bin.“

Josef Mayr–Nusser hat uns und unserer Zeit viel zu sagen. Er ist nicht nur derjenige, der den Eid auf Adolf Hitler verweigert hat. Er ist einer, der die christliche Identität gepflegt und gelebt hat. Ich verstehe diese mutige und unbequeme Gestalt, die uns mit einem dunklen und für viele leidvollen Kapitel unserer Geschichte konfrontiert, vor allem als einen glaubwürdigen und konsequenten Zeugen, der dem eigenen Gewissen folgt; einem Gewissen, das sich ausrichtet am Evangelium und an der Lehre der Kirche. Er ist ein Mann, der aus der biblischen Überzeugung handelt, dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen. Und jetzt dürfen und sollen wir mit Überzeugung bekennen: Josef Mayr–Nusser hat im Sinn eines Menschen verachtenden und Menschen vernichtenden Systems verloren, in den Augen Gottes aber hat er gewonnen!

Freude und Dankbarkeit soll die ganze Ortskirche von Bozen-Brixen erfüllen, dass wir bald diesen überzeugenden, konsequenten und glaubwürdigen Christen als Seligen unserer Kirche verehren dürfen: als Märtyrer, als Vorbild, als Mahner, als Fürsprecher bei Gott.

Ich hoffe und bete, dass die menschlichen und christlichen Werte, die Josef Mayr-Nusser gelebt hat und für die er gestorben ist, unter uns lebendig werden – gerade heute.

+ Ivo Muser, Bischof

Archivfoto Josef Mayr-Nusser


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