'Mehr Angst vor der BRD als frühere Christen in der DDR?'

26. Mai 2016 in Spirituelles


Heute berichten gerade die Älteren mit Begeisterung davon, wie intensiv sie in der DDR Fronleichnam erlebt haben. Das war eine einzige Gegen-Demo gegen den Sozialismus und zugleich ein Fest des Glaubens. Gastbeitrag von Kaplan Thomas de Beyer


Frankfurt a.M. (kath.net) Die Christen in der DDR hatten den Mut, dem Regime die Stirn zu bieten, wobei sie zugleich in allen gesellschaftlichen Angelegenheiten so kooperativ und konstruktiv waren, wie nur möglich. In den vergangenen Monaten meiner Tätigkeit in Cottbus hatte ich die Gelegenheit, bei über 40 Hausbesuchen von vielen Erfahrungen dieser Art zu hören. „Man musste nur klar heraus sagen: Nein, unser Kind geht nicht zu den Pionieren!“ oder zu Fronleichnam einfach eine Entschuldigung für die Schule schreiben. Auf Seiten der Amtsträger und Funktionäre gab es wohl erhebliche Unterschiede. Viele waren jedenfalls nicht auf Konfrontation aus und es kam zu einem stillen gegenseitigen Gewährenlassen. Heute berichten gerade die Älteren mit Begeisterung davon, wie intensiv sie Fronleichnam erlebt haben. Das war eine einzige Gegen-Demo gegen den Sozialismus und zugleich ein Fest des Glaubens.

Warum ist es heute nicht mehr möglich, die Kinder für einen Tag von der Schule zu entschuldigen? Haben wir heute mehr Angst vor dem Staat als die Christen in der DDR?

Gerade der zentrale biblische Vers des heutigen Tages gäbe genügend Grund zu einer Gegen-Demo unter anderen Vorzeichen: „Dies ist mein Leib.“ Zynischerweise ist nämlich genau dieser Satz zu einer stereotypen Parole der Abtreibungs-Befürworter geworden und damit in sein exaktes Gegenteil gewendet.

Das Pascha-Mysterium, das in der Eucharistie gegenwärtig gesetzt wird, beschreibt und befördert nämlich einen Weg vom Tod zum Leben. Wenn also die Pro-Choice-Aktivisten rufen „Dies ist mein Körper!“ möchte ich die Frage stellen: Seit wann? Mir selbst aber möchte ich die Frage stellen: Wie möchte ich heute als Christ meinen Glauben bezeugen im Angesicht des Mutes unserer Mitchristen im Nahen Osten?

Der Verfasser (Foto) ist Priester des Bistums Limburg und derzeit Kaplan in Cottbus (Bistum Görlitz).



Foto (c) Thomas de Beyer


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