Was der Wiener Kindergarten-Krimi mit Gender Mainstreaming zu tun hat

9. Februar 2016 in Kommentar


Weit mehr als die Hälfte der Kindergruppen sind islamisch geführt. Der Bildungsplan verpflichtet die Kindergruppen zur deutschen Sprache, zu demokratischen und österreichischen Werten. Gastkommentar von Gudrun Kugler


Wien (kath.net) Mit der Einführung des Gratiskindergarten 2009 und dem dafür nötigen massiven Kapazitätsausbau wurde Betrügern und fundamentalistischen Strömungen Tür und Tor geöffnet und Steuergelder verschleudert. Der weit über Wien hinaus bekannt gewordene Bericht von Prof. Ednan Aslan warf muslimischen Kinderbetreuungseinrichtungen vor, Parallelgesellschaften aufzubauen. Private Kindergärtenbetreiber konnten außerdem anscheinend Millionen an Steuergeldern illegal abzweigen. Der Stadtrechnungshof beklagt die fehlende Kontrolle. Die Leitern der MA 10 (Wiener Kindergärten) erklärte, dass insgesamt 482 Trägerorganisationen an 1.600 Standorten gefördert werden. Bis dato besteht bei 52 Trägerorganisationen der Verdacht, dass Fördermittel zweckwidrig verwendet wurden:
Bei 37 Trägerorganisationen wurde die Anstoßfinanzierung zurückgefordert, bei 4 die laufende Förderung gestoppt, bei 11 Trägerorganisationen wurde der Fördervertrag gekündigt.

Neben 1600 Kindergartenstandorten gibt es auch noch 620 Kindergruppen, von denen mehr als Hälfte erst in den letzten sechs Jahren entstanden. 450 davon haben islamischen Hintergrund. Eine Kindergruppe unterscheidet sich von einem Kindergarten in der Höchstzahl der betreuten Kinder (14 vs. 25), in der Ausbildung der Pädagoginnen (90(!) Einheiten vs. vollwertige Ausbildung) und in der Beschränkung der Gruppenanzahl an einem Standort auf zwei.

Am 29.1. wurde das Wiener Tagesbetreuungesetz vom Landtag abgeändert: Kindergruppen, die häufig die vielfach angesprochenen muslimischen Kinderbetreuungseinrichtungen sind, werden nun auf den Wiener Bildungsplan verpflichtet. Eine Reaktion auf die Aufregung rund um islamische Kinderbetreuungsstätten in Wien. Für Kindergärten ist die Anwendung des Wiener Bildungsplans bereits gesetzlich festgelegt.

Bis auf wenige Stellen ist der Bildungsplan empfehlenswert. Es ist gerade für islamischen Kindergärten wichtig, klare Wertevorgaben zu bekommen. Dass Rot-Grün selbst christlichen Festen Platz einräumt, überrascht positiv. Lediglich zum Thema Gender und Sexualerziehung beinhaltet der Wiener Bildungsplan aber einige Passagen, die wissenschaftlich nicht haltbar sind.

Darin findet sich nämlich zum Thema Gender folgender Satz: „Was wir unter Weiblichkeit oder Männlichkeit verstehen, also das soziale Geschlecht (gender), ist gesellschaftlich konstruiert und nicht biologisch festgeschrieben, es ist erlernt und damit veränderbar.“

Hier gibt es also einen Widerspruch zwischen Biologie und der Gendertheorie: Gender Theoretiker nennen das so: „Anatomie ist ein soziales Konstrukt.“ (Judith Butler). Und weiter: „Es ist Willkür, wenn Menschen nach ihren Geschlechtsteilen sortiert werden, genauso gut könnte man die Größe nehmen oder die Haarfarbe.“ Sie unterstellen der Hebamme also Willkür, wenn sie ausruft: „Gratulation! Ein Mädchen!“ – Es wäre also genauso relevant auszurufen, „Gratulation, 51 cm“! Das ist doch absurd. Ich würde wetten, dass es keinen grünen oder roten Politiker gibt, der sich in diesem Fall nicht irritiert nach dem Geschlecht des Babies erkundigen würde.

Der Hauptfehler der Gendertheorie ist die Annahme, dass sich das biologische Geschlecht nicht auf die Psyche auswirkt. Das ist wissenschaftlich unhaltbar. Diese falsche Grundannahme ist – höflich formuliert – „unökonomisch“. Andere Länder haben die Finanzierung für Gender Institute bereits wieder eingestellt!

Nicht jede Unterscheidung der Geschlechter auf politischer Ebene ist schlichtweg falsch - auf geschlechtsspezifische Merkmale zu achten ist in einigen Bereich jedenfalls sinnvoll, so z.B. in der „Gendermedizin“. Krankheiten und Therapien wirken sich bei Männern und Frauen unterschiedlich aus. Das ist ein Beweis, dass das biologische Geschlecht wesentlich ist.

Die Gendertheorie, die das in Abrede stellt, ist keine Wissenschaft sondern eine Weltanschauung, die derzeit recht fundamentalistisch und totalitär auftritt. Die Gendertheorie widerspricht der persönlichen Erfahrung des Menschen.

Was möchte die Gendertheorie eigentlich erreichen? Ihre Vertreter haben wahrgenommen, dass Frauen benachteiligt, ja teilweise sogar schlecht behandelt, werden. Nun meint man, gegen das anscheinend zu festsitzende Vorurteil gegen Frauen oder dem gesellschaftlichen Vorrang der Männer nicht anzukommen. Also kämpft man an einem anderen Schauplatz: Man erklärt mit komplizierten, schwer verstehbaren und mittlerweile bewiesenermaßen unwissenschaftlichen Argumenten, dass es Männer und Frauen gar nicht wirklich gibt, sondern uns als Rollen bereits als Neugeborene von der Gesellschaft zugewiesen werden. Die erste Antwort darauf ist, dass die Biologie und die Anatomie eine unerlässliche Rolle in der Psyche und für das Leben eines Menschen spielen. Die eigentliche Antwort wäre es aber, gemeinsam auf vernünftige Weise Wege zu suchen, damit Frauen und Männer in gleicher Würde und mit gleichen Rechten trotz Unterschieden und unterschiedlichen Lebensmodellen miteinander auskommen. Gegen die Benachteiligung von Frauen müssen wir kämpfen! Aber an der richtigen Front: Unsere Kinder brauchen beste Betreuung und Bildung, nicht Ideologie.

Zurück zum Wiener Bildungsplan: Weit mehr als die Hälfte der Kindergruppen sind islamisch geführt. Der Bildungsplan verpflichtet die Kindergruppen zur deutschen Sprache, zu demokratischen und österreichischen Werten. Er spricht sich nicht gegen christliche Feste aus. Katholische Kindergärten hatten bisher keine Schwierigkeiten, ihre Interpretation in Sexualerziehung und Gendertheorie zu lehren. Solange er nur als Leitfaden verwendet wird, sei er unter einem Vorbehalt in der Genderfrage zu lesen.

Wie demokratisch legitim es war, in der Erstellung des Bildungsplans die Opposition gar nicht einzubinden, muss nun als nächstes diskutiert wird.

Dr. Gudrun Kugler, MMF, ist Magister des Rechts und Master der Theologischen Studien und promovierte im Internationalen Strafrecht. Gudrun Kugler betreibt unter anderem die katholische Heiratsvermittlung kathTreff und das Dokumentationsarchiv der Intoleranz gegen Christen in Europa. Außerdem ist sie Lehrbeauftragte am Internationalen Theologischen Institut für Studien zu Ehe und Familie und hat zahlreiche Bücher herausgegeben. Seit November 2015 ist Gudrun Kugler Wiener Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin. Sie gehört der ÖVP an.

Foto von Frau Kugler


Video - ERF: Dr. Gudrun Kugler im Interview: Christ und Politik - geht das?





© 2016 www.kath.net