Ist die Verfolgung durch den IS als Völkermord zu definieren?

4. Februar 2016 in Aktuelles


Über diese Frage wird das Europäische Parlament am 4. Februar abstimmen


Wien-Brüssel-Straßburg (kath.net/KIN) Am Donnerstag dieser Woche, dem 4. Februar, wird die Vollversammlung des Europäischen Parlamentes über eine Resolution abstimmen, die die von Daesh (IS) in Syrien und im Irak verübten Gräueltaten als „Akte des Völkermordes“, als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als Kriegsverbrechen definieren soll.

Die Resolution ist das Ergebnis einer Debatte, die am 20.Januar abgehalten wurde und während derer ein großer Teil der Europaabgeordneten die Auslöschung von religiösen Minderheiten in diesen Ländern, insbesondere von Christen und Jesiden, als Völkermord bezeichnete.

Ihrerseits nahm am 27.Januar die Parlamentarische Versammlung des Europarates einstimmig die Resolution Nr. 2091 (2016) über „Ausländische Kämpfer in Syrien und im Irak“ an, in der anerkannt wurde, dass „Personen, die im Namen der Terrororganisation agieren, die sich selbst Daesh nennt …. Akte des Genozides und andere schwere Verbrechen verübt haben, die nach internationalem Recht strafbar sind.“

Die Versammlung erinnerte daran, dass „Staaten nach internationalem Recht eine positive Verpflichtung haben, Völkermord zu verhindern, und dass die Staaten in der Auffassung, dass es sich um Genozid handelt, folglich so viel wie möglich tun sollen, um ihre Bürger daran zu hindern, an solchen Akten teilzunehmen.“

Das schwedische Mitglied des Europaparlamentes Lars Adaktusson, der diese Resolution im Europaparlament vorgeschlagen hatte, stellte fest: “Ich bin für diese Resolution verantwortlich, die die Mitgliedsstaaten der EU dazu aufruft, die Übergriffe auf Christen und Jesiden als Völkermord zu definieren und im Rahmen der Vereinten Nationen spezifische humanitäre und militärische Eingriffe zu entwickeln.“

Am 15. Dezember des vergangenen Jahres bestätigte das litauische Parlament eine Resolution hinsichtlich des Völkermordes an Christen und anderen religiösen Minderheiten im Nahen Osten und Nordafrika. Ähnliche Initiativen wurden vom US-Kongress unternommen.

Politische Führer wie Hillary Clinton haben diesen Begriff gebraucht, der zuvor bereits von Papst Franziskus im letzten Juli verwendet wurde, als er entschieden erklärte, dass „ein Völkermord im Gange ist, den wir stoppen müssen“. Ihm zufolge sei der Moment bereits gekommen, dass die Europäische Union und die Vereinten Nationen diese Wirklichkeit bei ihrem wahren Namen nennen und konsequent an den Forderungen des internationalen Rechts festhalten müssen.

Die Folgen

Das “Verbrechen des Völkermords” hat im internationalen Recht eine präzise Definition. Es bezieht sich auf Verbrechen, die „in der Absicht verübt werden, vollständig oder teilweise eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe zu zerstören.“ Somit ist es offensichtlich, dass die Christen und Jesiden im Irak und in Syrien Opfer eines Völkermordes sind.

Das internationale Recht belegt Staaten und die Internationale Gemeinschaft mit der Verpflichtung, Genozid zu verhindern, Gruppen, die Opfer von Völkermord sind, zu schützen und die Verantwortlichen zu überführen und zu bestrafen. Strafbar ist ebenfalls die Absicht, die Komplizenschaft, das Komplott oder die Anstiftung zum Völkermord. Somit muss jede Einzelperson oder Organisation, wo auch immer sie sich befindet – einschließlich auf dem Gebiet der Europäischen Union oder der Vereinigten Staaten -, die Genozid begeht, zu begehen beabsichtigt oder an Akten des Völkermordes beteiligt ist oder zu Genozid anstiftet, vom Gesetz bestraft werden.

Die Anerkennung des Völkermordes ist daher der erste grundlegende Schritt, um zu gewährleisten, dass die Internationale Gemeinschaft aktiv wird. Der Gebrauch des Begriffs des Genozides hat nicht nur eine starke Symbolkraft, sondern die Internationale Gemeinschaft muss in der Praxis bereit sein zu handeln, wenn sie mit einem Tatbestand konfrontiert ist, der formal zum Genozid erklärt wurde.
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Foto Plenarsaal des Europaparlamentes © kath.net/Petra Lorleberg


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