Islamwissenschaftler: Imame haben in Deutschland zu viel Einfluss

26. Jänner 2016 in Deutschland


Ralph Ghadban: In mehr als der Hälfte aller Moscheen wird ein antiwestlicher, undemokratischer Islam gepredigt - Bisher habe keiner der großen Islamverbände in Deutschland die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet


Berlin (kath.net/idea) Der Islamwissenschaftler und Publizist Ralph Ghadban (Berlin) beklagt, dass islamische Geistliche mit undemokratischer Haltung zu großen Einfluss auf religiöse Muslime haben: „In mehr als der Hälfte aller Moscheen in Deutschland wird ein antiwestlicher Islam gepredigt“, sagte der im Libanon geborene Politologe im Gespräch mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Diese Imame verstärkten bei Muslimen, die um Rat fragten, eine ablehnende Haltung gegenüber westlichen Werten. So werde beispielsweise bei der „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs“, dem Zentralrat der Muslime in Deutschland und zumeist auch im Verband der Islamischen Kulturzentren ein politischer Islam vertreten, in dem ausschließlich das islamische Religionsgesetz „Scharia“ maßgeblich sei. Ghadban: „Sie lehnen ganz klar unser Grundgesetz als verbindenden Wert ab. Maßstab für Entscheidungen ist ausschließlich die Scharia.“

Bei der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) hänge die Ausrichtung stark von der jeweiligen türkischen Regierung ab. Zu Zeiten des Gründers der modernen Türkei, Kemal Atatürk (1881–1938), sei eine Trennung von Religion und Staat akzeptiert worden, und Religion habe als Privatsache gegolten.

Der jetzige Präsident Recep Tayyip Erdogan sehe dies aber anders. Die Folge: „Seit Jahren findet in Deutschland eine Islamisierung der Gesellschaft statt.“ Alle vier genannten Verbände versuchten, die „islamische Norm der Geschlechtertrennung“ in der deutschen Öffentlichkeit durchzusetzen. Das zeige sich beispielsweise bei den Forderungen nach separatem Schwimmunterricht für Mädchen und in den Kopftuch-Prozessen.

Islamexperte: Religion der Täter zu verschweigen, ist falsch verstandener Respekt

Ghadban kritisierte ferner die deutschen Politiker. Sie seien seit den 1990er Jahren von einer „Multikulti-Ideologie“ geprägt: „Sie machen den Muslimen immer weitere Zugeständnisse. Aber vonseiten der Muslime gibt es absolut kein Entgegenkommen. Ihnen fehlt der Respekt für den demokratischen Pluralismus.“ So habe keiner der großen Islamverbände bis heute die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet.

Er habe auch kein Verständnis dafür, dass bei Taten wie in der Kölner Silvesternacht die Religion der Täter „verschwiegen“ werde: „Das ist ein falsch verstandener Respekt vor dem Islam.“

Es sei ferner „Schwachsinn“, zwischen Islam und Islamismus zu unterscheiden. Selbst der Kalif der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) beziehe sich wie alle anderen Muslime auf dieselben Stellen im Koran: „Sie unterscheiden sich nur durch die Auslegung.“

Ghadban ist Vorstandsmitglied des 2015 von ihm mitgegründeten „Muslimischen Forums Deutschland”, das sich für die Stärkung eines westlichen Islams auf der Grundlage demokratischer Grundrechte einsetzt.


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