'Nichts ist so liebevoll wie die Wahrheit'

19. Jänner 2016 in Kommentar


„Barmherzigkeit bedeutet nicht, dem anderen in allem, was er tut, zuzustimmen, sondern ihn zu lieben, so wie er/sie ist. Feiner Unterschied!“ Gastbeitrag von Dr. Johannes Hartl


Augsburg (kath.net) Nichts ist so liebevoll wie die Wahrheit. Die Sehnsucht nach bedingungsloser Annahme ist riesengroß in unserer Gesellschaft. „Bitte sag mir, dass ich OK bin!“, meint dabei meistens auch: „Und wehe Du sagst etwas anderes!“ Like mich, bestätige mich! Sag, dass alles richtig ist, was ich tue, einfach nur, weil ich es tue! Kein Wunder, dass es wie unbarmherzige Härte erscheint, wenn jemand widerspricht. Und so mehren sich die gut meinenden Leute, die Christen raten, man könne niemandem die Wahrheit wie einen nassen Lappen um den Kopf schlagen.

Das ist korrekt, diese Gefahr besteht und durch Gnadenlosigkeit wird kein Mensch gewonnen.

Doch wenn die Alternative die ist, den Frierenden vor lauter Mitleid in eine kuschelige Decke der Unwahrheit zu hüllen, ist nichts gewonnen.

Gerade im „Jahr der Barmherzigkeit“ scheint es nicht unwichtig zu sagen: liebevoll ist es nicht nur, nett zu Menschen zu sein, sondern auch, ihnen die Wahrheit zu sagen. Barmherzigkeit bedeutet nicht, dem anderen in allem, was er tut, zuzustimmen, sondern ihn zu lieben, so wie er/sie ist. Feiner Unterschied! Auch falls er/sie sich niemals ändert. Doch wenn es um Verhalten und um Einstellungen geht, gibt es immer die Frage nach Wahrheit und ihrem Gegenteil. An einer Wahrheit festzuhalten ist nicht lieblos!

Das für uns Christen Tröstliche ist, dass wir nicht „unsere“ kleine subjektive Wahrheit verkünden müssen. Und um die geht es auch nicht. Sondern wir verkünden den, der von sich selbst gesagt hat, dass er die Wahrheit selbst sei. Von ihm kündet autoritativ die ganze Heilige Schrift. Ihn bezeugen wir. Diese Botschaft ist das, was Menschen nicht nur heute aufbaut und bestärkt, sondern für die Ewigkeit rettet. Was wirklich barmherzig war, das wird einer wohl erst in der Todesstunde wissen und in der Frage danach, was jetzt noch trägt. Jesus allein rettet. Diesen Anspruch den Menschen nicht mehr zuzumuten, bedeutet, ihnen die rettende Wahrheit vorzuenthalten. Nichts ist so liebevoll wie die Wahrheit.

Dr. Johannes Hartl ist katholischer Theologe und leitet das Gebetshaus Augsburg. Er ist selbst verheiratet und Familienvater.

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Johannes Hartl hält eine Katechese bei der #MEHR-Konferenz 2016


Foto oben (c) Gebetshaus Augsburg


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