Wie gehorsam muss ich meinem Bischof sein?

7. Jänner 2016 in Spirituelles


"Wie weit muss man seinem Bischof gehorsam sein, wenn dieser selbst die Anordnungen Roms nicht erfüllt?" - Katholiken fragen - Ein Priester antwortet - Eine neue kath.net-Serie in Kooperation mit der Priesterbruderschaft St. Petrus


Linz (kath.net)
Die katholische Internetzeitung kath.net startet in Zusammenarbeit mit der Priesterbruderschaft St. Petrus eine neue kath.net-Serie "Katholiken fragen - Ein Priester antwortet". Sie können sich beteiligen und uns kurze Fragen zum Thema "Glaube und Kirche" schicken. In regelmäßigen Abständen soll zumindest ein Teil dieser Fragen beantwortet werden:

Wie weit muss man seinem Bischof gehorsam sein, wenn dieser selbst die Anordnungen Roms nicht erfüllt?

Diesmal eine Antwort von Pater Walthard Zimmer:

Als Gehorsam bezeichnet man jene Tugend, die den Willen geneigt macht, das Gebot eines Oberen zu erfüllen.

Der Gehorsam in der Kirche dem Lehramt oder Bischof gegenüber ist keine Belohnung der Amtsträger für ihr frommes Verhalten, sondern Ausdruck des Glaubens, dass Christus durch diese konkrete, sichtbare Kirche und diese konkrete Hierarchie wirkt.

Letztlich leitet und regiert Christus die Kirche, er verleiht Ämter und deren Autorität, und hält seinen Amtsträgern die Treue, selbst wenn diese sündigen. Der Gehorsam wird der Autorität des Amtes geleistet, nicht der persönlichen Heiligkeit des Amtsinhabers. Die Autorität aber kommt von Christus. Er hat es nicht nötig, jeden, der sündigt, sofort zu „feuern“. Er kann auch durch einen sündigen Amtsträger seine Kirche leiten und regieren.

Der Hohepriester Kaiphas hat mit seiner Aussage, es sei besser, „wenn ein Mensch für das Volk stirbt und nicht das ganze Volk zugrunde geht“, „nicht aus sich“ gesprochen, „sondern als Hoherpriester weissagte er, dass Jesus für das Volk sterben sollte.“ (Joh 11, 50-51).

Die Unterordnung unter Gott ist daher der eigentliche Grund für den Gehorsam dem Bischof gegenüber. Daher mahnt zum Beispiel Ignatius von Antiochien mit kräftigen Worten den Gehorsam gegenüber dem Bischof ein: „Gehorchet alle dem Bischof, wie Jesus Christus seinem Vater“. „Wer den Bischof ehrt, steht bei Gott in Ehren, wer ohne das Wissen des Bischofs etwas tut, dient dem Teufel." (Ad Smyrnaeos VIII und IX).

Damit unterscheidet sich die Tugend des Gehorsams, die der Kardinaltugend der Gerechtigkeit zuzuordnen ist, von der Einsicht, der Bewunderung oder gar der Angst.
Wer nur gehorcht, wenn er den Sinn eines Gebotes einsieht und ihm zustimmt, folgt damit seiner eigenen Vernunft, übt aber keinen Gehorsam im Sinne der Tugend.

Wer den Willen eines Vorgesetzten erfüllt, weil er ihn wegen seiner Heiligkeit oder seinen Fähigkeiten bewundert, ist Gefolgsmann bestimmter Ideale, leistet aber ebenfalls keinen tugendhaften Gehorsam, wer nur tut, was man von ihm verlangt, weil er sich fürchtet oder seine Ruhe haben will, unterwirft sich aus Angst oder Schwäche, um Auseinandersetzungen zu entgehen.

Der Gehorsam wird eine Tugend, wenn er aus dem Glauben geleistet wird, im sichtbaren Oberen eigentlich Christus zu dienen.

Man kann und darf nicht Unrecht gegen Unrecht aufrechnen. Nur weil ein Bischof sündigt, ist niemand berechtig, die gleiche Sünde auch zu begehen. Nur weil ein Bischof Rom gegenüber ungehorsam ist, darf niemand deswegen dem Bischof ungehorsam sein.

Der kirchliche Gehorsam ist aber kein blinder, sondern kennt immer Grenzen. Dort wo etwas gegen Glaube oder Sitte verlangt wird, darf man keinen Gehorsam leisten, auch wenn diese Forderung von einem Bischof käme. Da Bischöfe eher selten Befehle erteilen, die klar und eindeutig gegen Glaube und Sitte sind, ist viel interessanter die Frage, wie man sich denn zu verhalten habe, wenn ein Bischof Neuerungen einführt, die man als für den Glauben schädlich erkennt (z. B. Kirchenumbauten, die künstlerischer Unsinn sind und/oder ein neues Liturgieverständnis ausdrücken; pastorale Lösungen, die den Glauben untergraben; Untätigkeit gegenüber glaubenszerstörenden Handlungen kirchlicher Mitarbeiter, Nichtumsetzung, kirchlicher Vorschriften usw.).

Selbst bei einem klaren, bischöflichen Befehl ist es legitim, in einem Einwand auf Schwierigkeiten hinzuweisen, die durch die Erfüllung des Befehls gesehen werden. Um so mehr bei den genannten Beispielen, bei denen es sich in der Regel nicht wirklich um bischöfliche Befehle handelt.

In solchen Fällen ist mehr die Tugend des Starkmutes gefragt, als die Tugend des Gehorsams. In den genannten Beispielen wäre verlangt, viel mit dem Bischof oder anderen kirchlichen Autoritäten zu reden, falsche Ideen und Argumente aufzuzeigen (was verlangt, dass man sich selbst ernsthaft mit diesen Ideen auseinandersetzt und nicht nur allgemein sagt, das sei gegen den Glauben, auf dem Niveau der Argumente der anderen wolle man nicht reden oder sich auf zweifelhafte Autoritäten stützt wie angebliche Marienerscheinungen) in Kauf nimmt, dafür als mittelalterlich diskriminiert zu werden und – wenn alles vergebens bleibt – für sich die Konsequenzen zieht, die dem eigenen Stand zukommen.

Das heißt konkret, dass ein gläubiger Katholik keine heilige Messe in der Pfarre besuchen wird, die zweifelhaft katholisch ist, sondern die Mühe auf sich nimmt, in eine ordentlich zelebrierte Messe zu fahren. Das soll er aber dann auch dem Pfarrer in entsprechender Weise kommunizieren. Ein gläubiger Katholik wird sich nicht um der pfarrlichen Gemeinschaft willen mit einem sonntäglichen Wortgottesdienst, der nie das Messopfer ersetzen kann, zufrieden geben, sondern wird – sofern er nicht aus anderen Gründen von der Sonntagspflicht dispensiert ist - ebenfalls eine heilige Messe besuchen und überlegen, wen er noch mitnehmen könnte. Er wird auch dann noch Verantwortung im Pfarrgemeinderat übernehmen, wenn er sich immer anhören muss, er sei rückständig.

Ein Priester wird unermüdlich und unerschrocken auf das hinweisen, was wirklich katholisch ist, die entsprechenden Dokumente in der Predigt und anderen Veröffentlichungen immer wieder in Erinnerung rufen, Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten einmahnen und auf den Einwand, andere würden das nicht so streng sehen, dazu stehen, dass vieles in der Kirche nicht so ist, wie es sein soll.

Er soll seine Mitbrüder und die Gläubigen immer wieder an die entsprechenden kirchlichen Dokumente erinnern. Als Beispiel sei hier genannt das „Direktorium für Dienst und Leben der Priester“ in dem es heißt: „Die Verpflichtung, dem Magisterium in Glaubens- und Sittenlehre anzuhangen, ist an alle Funktionen, die der Priester in der Kirche auszuüben hat, zuinnerst gebunden. Dissens in dieser Hinsicht ist als schwerwiegend anzusehen, weil er unter den Gläubigen Skandal und Verwirrung hervorruft.“ (Nr. 62)
Wenn er wegen seines Einsatzes für den Glauben dann versetzt wird, ist dieser Versetzung im Gehorsam zu folgen, im Vertrauen darauf, dass Gott ihn dadurch zu einem noch fruchtbareren Wirken führen kann.

Wahrscheinlich ist in der Kirche deswegen so vieles aus dem Lot geraten, weil viele dort, wo es gar nicht um Gehorsam geht, aufgegeben haben, für das Wahre und Gute einzustehen. Dort, wo im Gehorsam Neuerungen verlangt werden, die nicht ausdrücklich gegen Glaube und Sitte sind, von denen aber vorausgesehen werden kann, dass sie dem Glauben eher schaden als dienen, ist jenes Gut, das in Gefahr ist, durch entsprechende Mittel zu schützen.

Ein Priester zum Beispiel, von dem der Bischof im Gehorsam verlangt, die Handkommunion zu geben, muss durch entsprechende Maßnahmen sicherstellen, dass kein Umstand eintritt, in dem er die Handkommunion im Gehorsam der Kirche gegenüber überhaupt nicht geben darf. (vgl. Instruktion „Sacramentum Redemptionis“ Nr. 92: „Wenn eine Gefahr der Profanierung besteht, darf die heilige Kommunion den Gläubigen nicht auf die Hand gegeben werden.“)
Darüber hinaus muss er durch viele Predigten das Bewusstsein der Gegenwart Gottes in der Kommunion wach halten und durch Wort und Beispiel die Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten zum Ausdruck bringen.

Sicherlich wird es auch immer Grenzfälle geben, die in der Beantwortung einer allgemeinen Frage nicht berücksichtig werden können. Für solche Fälle gilt: Wer lauteren Herzens vor Gott das Richtige tun will, wird nie ganz falsch liegen.

Vielleicht hilft ja manchen auch der Ausspruch, den Kardinal Newman einmal gesagt haben soll: „Ich schulde meinem Bischof Gehorsam nicht Bewunderung.“

Haben Sie eine Frage an einen Priester der Priesterbruderschaft St. Petrus? Schreiben Sie noch heute an [email protected]


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