Entrückt zum Weltenlenker

15. Juni 2003 in Aktuelles


Ein Kinosommer der Superhelden – Zum Film “Bruce allmächtig” - eine Filmkritik von Markus Spieker


In diesem Kinosommer fliegen die Superhelden: Daredevil, X-Men, Hulk, Terminator ... fehlt nur noch der Allmächtige höchstpersönlich. Und tatsächlich kommt er jetzt auf die deutschen Leinwände. Allerdings nur für ein paar Minuten. Im Rest des Films überträgt er seine Allmacht dem vorlauten Bruce Nolan, gespielt von Jim Carrey. Hollywoods wildester Grimassenschneider als Gott – das klingt nach beinharter Blasphemie, ist es aber nicht. Eher ein traditionelles Gutmensch-Märchen mit der simplen Lektion: Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein. Regisseur Tom Shadyac und Hauptdarsteller Jim Carrey haben schon zweimal zusammengearbeitet, zuletzt bei der Komödie “Der Dummschwätzer”. Auch darin wird der Held durch ein Wunder mit einem besonderen Talent ausgestattet: Er kann nur noch die Wahrheit sagen. “Bruce allmächtig” kann etwas mehr. Er kann alles. Dabei will er ursprünglich nur eine Beförderung vom Fernsehreporter zum Moderator. In seiner Verzweiflung fängt er sogar zu beten an. Aber aus der Karriere wird nichts, stattdessen fährt er sein Auto zu Schrott. Bruce reicht’s. Er hadert. Er flucht. Und plötzlich entrückt Gott ihn in den siebten Himmel und verkündet ihm die höchstmögliche Beförderung – zum Weltenlenker.

Ein Angebot, das Bruce nicht ablehnen kann. Zurück auf der Erde macht er fröhlichen Gebrauch von seiner Omnipotenz: Er teilt seine Suppenbrühe wie das rote Meer und erfüllt sich seine geheimsten Sehnsüchte. Wenn da nicht Millionen Gebete der Gläubigen wären, die plötzlich in seinem Kopf herumschwirren. In einer Kurzschlußreaktion beantwortet er sie alle mit “Ja”. Und stürzt die Welt damit ins Chaos. Am Ende fügt sich Bruce wieder in seine Menschenrolle: demütig, geläutert und dankbar für die eigenen Grenzen.

Regisseur: Wir erzählen ein Gleichnis

Regisseur Shadyac hat in vielen Interviews seine guten Absichten betont. Er ist Katholik, bezeichnet Thomas von Kempens Jüngerschafts-Klassiker “Nachfolge Christi” als eines seiner Lieblingsbücher und sieht viele Parallelen zwischen Bruce und sich selbst: die Frustration über unerhörte Gebete, die Verärgerung über Gottes unerforschliche Fügungen. “Wir wollten bewußt keinen dogmatischen Film drehen”, erklärte Shadyac unlängst einem christlichen Internet-Magazin. “Jesus war auch nicht dogmatisch, wenn er ein Gleichnis erzählte. Und auch wir wollten eine Art Gleichnis erzählen.” Dennoch wird nicht jeder Christ unverkrampft mitlachen, wenn er Gott auf Leinwandformat reduziert sieht. Morgan Freeman, der den Schöpfer verkörpert, bringt das Höchstmaß an selbstironischer Würde mit, das Hollywood derzeit zu bieten hat. Am Ende sieht aber auch er nur aus wie ein netter Weihnachtsmann. Die Aura des Heiligen ist futsch, die Komplexität der christlichen Erlösungsbotschaft sowieso. Verkündigung auf Teletubbie-Niveau, aber vielleicht doch gehaltvoller als die sonstigen Comicverfilmungen des Sommers. (idea)


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