Zölibat, ein 'Päpstliches Nein' und die Sache mit dem richtigen Dreh

9. Dezember 2015 in KNA


Franziskus und der Therapeut - Vor zwei Jahren bat Wunibald Müller den Papst, die Ehelosigkeit von Priestern zu überdenken. Die Antwort ist zwar ein grundsätzliches Nein, lässt aber Spielraum für Interpretationen. Von Christian Wölfel (KNA)


Bonn (kath.net/KNA/red) Wie geht man bei der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) mit einem Brief von Papst Franziskus um, der Vorschlägen zur Zulassung verheirateter Männer eine klare Absage erteilt? KNA-Redakteur Christian Wölfel schreibt dazu: „Es ist eigentlich ein Päpstliches Nein“, doch offenbar ist er damit nicht zufrieden. - kath.net dokumentiert einen aufschlussreichen KNA-Kommentar über einen Vatikanbrief im Wortlaut:

Franziskus und der Therapeut
Vor zwei Jahren bat Wunibald Müller den Papst, die Ehelosigkeit von Priestern zu überdenken. Die Antwort ist zwar ein grundsätzliches Nein, lässt aber Spielraum für Interpretationen. Von Christian Wölfel (KNA)

Münsterschwarzach (KNA) Es ist eigentlich ein Päpstliches Nein, das Wunibald Müller seit Anfang der Woche in den Händen hält. Der Heilige Vater halte es nicht für praktikabel, «universalkirchlich eine Option zwischen einem verheirateten und einem zölibatären Klerus zu ermöglichen». Zwei Jahre hat der Theologe und Psychotherapeut auf dieses Schreiben zu seiner Forderung nach Aufhebung des Pflichtzölibats für Priester warten müssen. Enttäuscht ist der Leiter des Recollectio-Hauses im unterfränkischen Münsterschwarzach trotzdem nicht.

In dem einseitigen Brief, der auf den 25. November datiert ist und über die Vatikanbotschaft in Berlin kam, wird bewusst Bezug genommen auf eine Praxis, die Papst Paul VI. in seiner Enzyklika Sacerdotalis caelibatus 1967 benannte. Danach kann es in einzelnen Fällen eine Zulassung eines verheirateten Mannes zum Priesteramt geben. Diese dürfe aber «keine nachteiligen Folgen für die herrschende Disziplin bezüglich des Zölibats mit sich bringen», wie es heißt. «Warum lässt er das schreiben?», fragt Müller in Richtung Franziskus.

Normalerweise sei dieser Weg bisher nur für evangelische Pfarrer gedacht, die katholisch werden und als Priester tätig sein wollen. Könnte das dann vielleicht auch für verheiratete Diakone oder bewährte Laien, sogenannte viri probati gelten, fragt sich der Theologe. Und interpretiert die Zeilen weiter: Was bedeutet das Wort «universalkirchlich», wenn Franziskus immer wieder von der Bedeutung der Ortskirchen spricht?

«Vielleicht ist es ja ein Weg, wo sich die Tür doch etwas öffnen könnte», sagt Müller und nimmt damit Bezug auf seinen Brief an den Papst vor zwei Jahren. Darin schrieb er, dass die Tür zur Aufhebung des Zölibats lediglich angelehnt sei. «Öffnen Sie die Tür», so der Therapeut damals. Über einen Menschen mit direktem Zugang zu Franziskus habe er das Schreiben damals nach Rom gebracht. Ein weiteres folgte im April 2014. Gehört hat er zunächst nichts - zumindest nicht direkt. Hoffnung, dass seine Zeilen ankamen, hatte er jedoch. Schließlich griff der Papst selbst die Formulierung mit der Tür mehrfach öffentlich auf.

In der nun eingegangenen Antwort wird ihm versichert, dass Franziskus eingehend über das Anliegen unterrichtet worden sei. Und er sich zugleich für die Mitsorge für die Sendung der Kirche durch den Therapeuten, der sich im Recollectio-Haus um Geistliche in Lebenskrisen kümmert, bedankt. Dieser Tonfall ist es, der Müller Hoffnung macht. «Ich habe ja schon andere Briefe bekommen aus Rom.»

Es war genauer gesagt meist sein Bischof, dem dann zum Beispiel von der Glaubenskongregation erklärt worden sei, was moniert werden müsse an Müllers Arbeit, etwa an seiner Promotion zum Thema «Homosexualität - Eine Herausforderung für Theologie und Seelsorge».

Aus dem Tonfall schöpft der 65-Jährige Hoffnung. Manche «alten Floskeln» hingegen enttäuschen ihn dann doch: «Der Priesterzölibat, der die Keuschheit 'um des Himmelreiches willen' zum Ausdruck bringt und auf das Vorbild und den Rat Christi sowie die Empfehlung und die Praxis der Apostel zurückgeht, kann auch heute die Fruchtbarkeit einer geistlichen Vaterschaft sichtbar machen», zitiert er aus dem Brief. Eine Reaktion auf Argumente aus seiner beruflichen Arbeit mit Hunderten von Priestern in Lebenskrisen vermisst Müller dagegen in dem Schreiben.

Der Therapeut hat es nach eigenen Worten mit vielen Geistlichen zu tun, die an der Ehelosigkeit zu zerbrechen drohen oder ein Doppelleben führen. Deren Vorgesetzte wüssten davon, schauten aber weg. «Der Zölibat hat sich selbst überlebt», ist Müller überzeugt.

Nach seinem öffentlichen Brief an den Papst habe er viele positive Zuschriften bekommen, von Priestern, von deren Partnerinnen, auch von «höheren kirchlichen Würdenträgern», erzählt der Theologe. Post gab es aber auch von jenen, die sich fragten, wie er so etwas fordern könne. Der freundliche Brief aus Rom belegt für ihn zumindest eines: «Für Franziskus war das offensichtlich kein Problem.»

(C) 2015 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten.
Grafik (c) kath.net


© 2015 www.kath.net