'In ihm lebte die Leidenschaft für das Reich Gottes!'

28. September 2015 in Österreich


„Er hat als Bischof für Jesus gelebt, jetzt ist er auf ihn hin gestorben. Jetzt ist er, so dürfen wir hoffen, bei Gott und wartet auf uns!“ Predigt zum Requiem des verstorbenen Salzburger Erzbischofs Georg Eder von Bischof Andreas Laun


Salzburg (kath.net) Erzbischof Georg hielt bei meiner Bischofsweihe eine Predigt mit dem Titel: „Dominus tecum“. Übersetzt „Der Herr sei mit dir“. Ich möchte meine Predigt zu seinem Heimgang überschreiben: „Der Herr ist mit Dir“!

Damals, bei der Predigt für mich, öffnete er sein Innerstes, was ich erst später wirklich verstand, damals nicht wirklich. Denn was er mir mitgab, war eine einzige Auslegung seines Wahlspruches: „Dominus vobiscum“ („Der Herr sei mit euch“).Und das ist wie eine Kurzfassung der Heilsgeschichte mit ihrer Kernbotschaft vor allem an die Juden und Christen, aber genau besehen, an alle Menschen: Gott ist bei uns Menschen! Das und eigentlich nur das wollte EB Georg uns allen weitergeben: Gott ist bei uns, ist unter uns gegenwärtig, bitte, bitte, nehmt ihn auf und behandelt ihn nicht wie einen unerwünschten Eindringling!

Ich möchte noch einen Blick auf meine Erinnerungen an ihn werfen, aber so, dass klar ist: Es geht nicht um eine Laudatio, sondern um Verkündigung durch das, was der Erzbischof als Mann des Glaubens und Apostel Christi war:

Das erste Mal begegnete ich ihm als junger Priester mit Jugendlichen in Altenmarkt. Und ich weiß heute noch, wie überrascht wir alle waren, wie freundlich, herzlich, hilfsbereit er uns, für ihn Unbekannte, die Tür des Pfarrhauses öffnete!

Viel später, als ich schon in Salzburg war, erlebte ich einmal den Erzbischof, wie er eine Versammlung von Mitarbeitern begrüßte: Ich war überrascht und beeindruckt, mit welcher Liebenswürdigkeit, mit welchem Humor, mit welch väterlicher Herzlichkeit er zu sprechen wusste!

Ich erinnere mich auch an manche Momente in der Bischofskonferenz: Unser lieber Erzbischof stand auf – was in der Bischofskonferenz ungewöhnlich ist – und sprach voll Leidenschaft zu irgendeiner Frage, bei der es wirklich um den Glauben der Kirche ging. Nachdem er geendet und sich gesetzt hatte, trat einen Augenblick Stille ein und dann sagte Kardinal Schönborn: „Das war ein prophetisches Wort von unserem Mitbruder aus Salzburg.“

Prophetisch erkannte Erzbischof Georg auch damals schon die heraufkommenden Gefahren für die Familie. Damit war er im Einklang mit den letzten Päpsten. Wie jetzt Papst Franziskus in der Bischofssynode, wollte er Lehre der Kirche und Pastoral in der Diözese in Einklang bringen und reformierte darum das Familienreferat der Diözese.

Erzbischof Eder war, das sagen auch Leute, die ihn viel kritisiert haben, ein Mann tiefen und auch kindlichen Glaubens, der sich nicht scheute, sich möglicherweise lächerlich zu machen: Man erinnere sich, wie er die Hochwasser führende Salzach mit dem Allerheiligsten in der Monstranz segnete, als das Wasser drohte, über das Ufer zu treten und in die Altstadt zu fließen! Die Kirche würde das nicht als „Wunder anerkennen“, Tatsache ist aber, dass das Wasser dann nicht mehr stieg und die Altstadt verschont blieb! Lächerlich war der Erzbischof nicht!

Noch eine sehr persönliche Erinnerung: Es gibt eine jüdische Geschichte von einem bedeutenden Rabbi, der ein kleiner Mann war, aber ein großer Prediger. Man sagte von ihm: „Er ist klein, aber wenn er predigt, wächst er und wird um einen Kopf größer!“ An diese Geschichte dachte ich nicht nur einmal: Wenn Erzbischof Eder predigte, wuchs er über sich hinaus und der Zuhörer spürte die Ergriffenheit des Predigers: ergriffen von Gott, von der Gottes-Sehnsucht des Predigers. Worte, auch gescheite Worte, vergessen die Menschen oft sehr schnell, viel länger aber haftet der Eindruck, den ein Prediger, selbst von Gott ergriffen, in der Seele seiner Zuhörer hinterlässt. Ich erlebte ihn so: Wenn er predigte, wuchs dieser äußerlich gesehen kleine Mann und war ein ganz Großer!

So bescheiden er auftrat im Umgang mit Menschen, in ihm lebte die Leidenschaft für das Reich Gottes! Als Bischof wollte er nur eines: „Christus in die Welt tragen!“ Auch zu mir sagte er in seiner Predigt zur Bischofsweihe: „Deine und unsere Aufgabe ist es, Christus in die Welt zu bringen“. Und zwar in eine Welt, in der sich die Menschen immer schneller von Gott entfernen, weil sie glauben, sie könnten auch ohne Gott gut leben und ihre Welt einrichten! Diese Diagnose kommentierte er so: „Aber je weniger die Welt ihn braucht, desto mehr braucht sie ihn, braucht sie Christus, Christus, den alleinigen Erlöser der Welt. Sie schreit nach Ihm in unhörbarem Schrei!“ Und dann zählte er auf das Elend vieler Kinder, die zerbrochenen Ehen, „die Resignierten und Ruhelosen, die keinen Sinn mehr in ihrem Leben finden.“ Man spürte den Schmerz des Erzbischofs über diesen Befund! Und die Ermahnung an mich endete mit dem Satz: „Komm lieber Mitbruder, es gibt viel zu tun.“ Dazu passt auch diese Erinnerung: Erzbischof Eder hat mich oft zum Mittagessen eingeladen und dabei haben wir viel gelacht, aber auch ernsthafte Gespräche geführt. Ich erinnere mich, wie er einmal mit großem Nachdruck sagte: „Andreas, der pastorale Dienst eines Priesters ruht auf zwei Säulen, auf der Eucharistie und dem Sakrament der Beichte!“

Er hatte es nicht leicht. Natürlich wurde er auch belächelt und kritisiert für Eigenschaften, die jeden Bischof, jeden Priester, jeden Christen auszeichnen sollten. Statt ihn einfach unter „katholisch“ einzuordnen, nennt man Christen wie Erzbischof Eder Hardliner, erzkonservativ oder wenigstens umstritten. Die grundlegende Eigenschaft, die ihm solche Beschimpfungen einbrachte, war seine unerschütterliche Treue zur Kirche! Um Erzbischof Georg zu verstehen, genügt es zu lesen, was er über die Kirche in seinem Testament geschrieben hat:

„Die Kirche war – nach meiner leiblichen Mutter – zeitlebens meine Mutter. Ich habe sie geliebt und ihr zu dienen versucht mit meinen schwachen Kräften. Diese Mutter hat mir in der Liturgie, mit ihren Festen und vor allem mit ihrer himmlischen Musik die größten Freuden meines Lebens geschenkt. So danke ich nun auch dir, heilige Mutter Kirche, für alle Gnaden, die mir durch dich zugeflossen sind. Du warst mir auf Erden Heimat und nun ziehe ich zu dir, heilige Stadt Jerusalem!“ Dabei helfen wir ihm, indem wir für ihn diese hl. Messe feiern, nicht eine „Auferstehungsmesse“, wie er mir einmal ausdrücklich erklärte, sondern ein Requiem, das ist die hl. Messe für einen Christen, der unseres Gebetes und der Barmherzigkeit Gottes noch bedarf und sich dessen immer bewusst war.

Gott hat seinem treuen Diener Erzbischof Eder über den Schutzengel, den jeder Mensch hat, hinaus drei besondere, menschliche Schutzengel für sein Amt hinzugefügt, die ich nennen möchte: Seine Hausfrau Maridi Binder, seinen Sekretär Dr. Otmar Stefan und Seine Sekretärin Elfi Riedl, die ihn durch sein Bischofsleben in unerschütterlicher Treue begleiteten. Ich hätte wohl der vierte Schutzengel sein sollen, aber ob ich das war, kann nicht ich selbst beurteilen! Er hatte sicher noch andere treue Freunde, die den „Engel“ als Titel verdient hätten, ich bitte um Verzeihung, wenn ich nicht versuche aufzuzählen, nennen möchte ich aber Prälat Reißmeier, der Erzbischof Georg lange Zeit liebevoll und intensiv begleitet hat wie, meines Wissens nach, kein anderer!

Was mich betrifft darf ich sagen: Er hat es mir, alles in allem, nicht schwer gemacht, ihn zu achten und zu ehren und ihm treu zu sein! Dass wir unterschiedlich waren, zeigt schon die erste Karikatur in den Salzburger Nachrichten, die den EB als Bud Spencer und mich als seinen Terence Hill präsentierte. Aus der genannten Unterschiedlichkeit ergaben auch ab und zu kleine, sozusagen familiäre Spannungen. Aber was die Kirche, vor allem den Glauben der Kirche betrifft, waren wir „ein Herz und seine Seele“. Wenn ich auf ihn zurückschaue: Ich verdanke ihm viel und weiß: Er war und ist ein Vorbild ist für jeden Bischof, jeden Priester, jeden Diakon!

Hier anschließend erwähne ich auch seine Beziehung zu Bischof Kräutler, mit dem es ein Zerwürfnis wegen eines Vortrags gab. Es ist nicht der Ort, die ganze Geschichte zu erzählen, wohl aber das Ende: Erzbischof Georg entschuldigte sich bei Kräutler, kniete vor ihm nieder und bat ihn um seinen bischöflichen Segen. Jetzt zu seinem Tod schrieb Bischof Kräutler einen bewegenden Brief, ganz versöhnt und voll Liebe und Dankbarkeit für Erzbischof Georg!

Zum Abschluss noch dies: Den Bischof Georg Eder versteht man, wenn man die zwei „Achsen“ sieht, die sein Leben bestimmten und die in den zwei Worten seines Wahlspruchs enthalten sind:

„Dominus vobiscum“ (Der Herr sei mit euch): Das vobiscum gilt den Menschen, die ihm anvertraut waren und die er zu Gott führen wollte und Gott zu ihnen! Darum haben wir die eindrucksvolle Lesung (Apg. 20, 17 - 27) gehört, der nichts hinzuzufügen ist! Er hat sie für seine Abschiedsmesse von Altenmarkt gewählt, heute haben wir sie gehört zu seinem endgültigen Abschied von seiner Diözese.

Das andere Wort, „dominus“, ist wie eine Variante von „sursum corda“, und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf den Herrn! Und dazu möchte ich als letztes Wort den ersten Absatz seines Testamentes zitieren. Jeder, der sich in diesen Worten wenigstens mit der eigenen Sehnsucht widerfindet. ist ein Christ und versteht den Verstorbenen Erzbischof:

„Endlich bin ich am Ziel. Niemand soll um mich trauern und weinen. Darauf habe ich ja gewartet, darauf habe ich meine ganze Sehnsucht gesetzt. Gott du mein Gott! Nun darf ich dich schauen. Jesus, mein Jesus, nun ist erfüllt, was ich von Kindheit an immer gebetet habe: Jesus, dir leb ich, Jesus dir sterb ich, dein bin ich im Leben und im Tod.“ Hier möchte ich den Satz aus der Paulus-Lesung anfügen: „Denn ich habe mich der Pflicht nicht entzogen, euch den ganzen Willen Gottes zu verkünden.“ So hat er als Bischof für Jesus gelebt, jetzt ist er auf ihn hin gestorben. Jetzt ist er, so dürfen wir hoffen, bei Gott und wartet auf uns!

Apostelgeschichte 20:17-26 Von Milet aus schickte er jemand nach Ephesus und ließ die Ältesten der Gemeinde zu sich rufen. Als sie bei ihm eingetroffen waren, sagte er: Ihr wisst, wie ich vom ersten Tag an, seit ich die Provinz Asien betreten habe, die ganze Zeit in eurer Mitte war und wie ich dem Herrn in aller Demut diente unter Tränen und vielen Prüfungen, die ich durch die Nachstellungen der Juden erlitten habe, wie ich nichts verschwiegen habe von dem, was heilsam ist. Ich habe es euch verkündigt und habe euch gelehrt, öffentlich und in den Häusern. Ich habe Juden und Griechen beschworen, sich zu Gott zu bekehren und an Jesus Christus, unseren Herrn, zu glauben. Nun ziehe ich, gebunden durch den Geist, nach Jerusalem, und ich weiß nicht, was dort mit mir geschehen wird. Nur das bezeugt mir der Heilige Geist von Stadt zu Stadt, dass Fesseln und Drangsale auf mich warten. Aber ich will mit keinem Wort mein Leben wichtig nehmen, wenn ich nur meinen Lauf vollende und den Dienst erfülle, der mir von Jesus, dem Herrn, übertragen wurde: das Evangelium von der Gnade Gottes zu bezeugen. Nun aber weiß ich, dass ihr mich nicht mehr von Angesicht sehen werdet, ihr alle, zu denen ich gekommen bin und denen ich das Reich verkündet habe. Darum bezeuge ich euch am heutigen Tag: Ich bin unschuldig, wenn einer von euch allen verlorengeht. Denn ich habe mich der Pflicht nicht entzogen, euch den ganzen Willen Gottes zu verkünden.

Fotostrecke:
Der Salzburger Weihbischof Andreas Laun predigt beim Requiem des Salzburger Alt-Erzbischofs Georg Eder


Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner am Sarg des Alt-Erzbischofs Georg Eder


Sarg des Alt-Erzbischofs Georg Eder während der Trauerfeier



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