Über die linke Flanke gespielt

17. Juli 2015 in Kommentar


Kirchliches Arbeitsrecht: Volker Beck warf den Bischöfen von Regensburg, Passau und Eichstätt eine «erbarmungslose und kündigungswütige Haltung» vor, die vor weltlichen Gerichten keinen Bestand haben werde. kath.net-Kommentar von Peter Winnemöller


Berlin (kath.net) Die unnötige und wirkungslose Einmischung in kirchliche Angelegenheiten durch religionspolitische Sprecher von SPD und Grünen beruht erneut auf fundamentalen Missverständnissen.

Der ständige Rat der DBK, in dem die 27 deutschen Diözesanbischöfe vertreten sind, hatte in seiner letzten Sitzung Ende April ein neues kirchliches Arbeitsrecht beschlossen. Unter anderem ging es darum, dass eine weitere zivile Heirat bei bestehender Ehe oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft homosexueller Mitarbeiter nicht mehr automatisch zur Kündigung führen solle. Zwar hatte sich die Mehrheit der deutschen Bischöfe für die Reform ausgesprochen, doch derartige Mehrheitsbeschlüsse haben keinen bindenden Charakter für den einzelnen Bischof. Jeder Bischof ist in seiner Diözese auch für das diözesane Recht verantwortlich. Der Mehrheitsbeschluss hat lediglich Empfehlungscharakter.

Vier Bistümer wollen das reformierte Arbeitsrecht nun nicht unmittelbar in diözesanes Recht umsetzen, da es Bedenken gibt, ob ein solches Partikularrecht mit dem universalen Kirchenrecht vereinbar ist. Diesen Bedenken nachzugehen ist nun nicht etwa ein Ausdruck von Willkür, vielmehr zeigt es ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein. Sollte das geänderte Arbeitsrecht tatsächlich im Widerspruch zum universalen Kirchenrecht stehen, so wäre unter Umständen eine erneute Änderung nötig. Rechtssicherheit für Mitarbeiter sieht anders aus. Man sollte, wenn man schon die Bedenken der Bischöfe von Passau, Eichstätt, Regensburg nicht teilt, zumindest die Sorgfalt bei der Prüfung bestehender Bedenken anerkennen. In Berlin wird die Entscheidung erst fallen, wenn der neue Erzbischof im Amt ist.

Der religionspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, warf den Bischöfen von Regensburg, Passau und Eichstätt laut einer KNA- Meldung eine «erbarmungslose und kündigungswütige Haltung» vor, die vor weltlichen Gerichten keinen Bestand haben werde. Derartige völlig unangemessene Polemik gegen die Kirche ist man von Beck gewöhnt. Nichts Neues unter der Sonne. Auch nach dem bisher geltenden Arbeitsrecht werden Mitarbeiter natürlich nicht willkürlich oder erbarmungslos gekündigt. Mehrfach hat sich in der Rechtsprechung gezeigt, dass leider notwendige Kündigungen sehr wohl gerichtsfest waren. Es wird dabei schon sehr genau auf den Einzelfall geschaut. Schnell gibt Beck seine eigentliche Stoßrichtung zu erkennen, wenn er anmerkt, außerdem gelte es zu vermeiden, dass bei künftig gegründeten islamischen Wohlfahrtsverbänden ähnliche Probleme aufträten. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.

Die Kirche hat in Deutschland grundgesetzlich verbriefte Rechte, die durch völkerrechtliche Verträge mit dem Heiligen Stuhl zusätzlich abgesichert und spezifiziert sind. Der Heilige Stuhl als historisches nichtstaatliches Völkerrechtssubjekt kann solche Verträge schließen, in denen kirchliche Verhältnisse in den einzelnen Staaten geordnet werden. Islamische Verbände, die Wohlfahrtseinrichtungen aufbauen wollten, was grundsätzlich zu begrüßen wäre, hätten ganz andere rechtliche Voraussetzungen. Der Vergleich trifft also nicht und stellt eine unsinnige Polemik nicht nur gegen die Kirche, sondern auch gegen Moslems dar, die hier quasi unter einen Generalverdacht gestellt werden.

Weitere Kritik kam von der kirchenpolitischen Sprecherin der SPD im bayrischen Landtag, Kathi Petersen. Sie bezeichnete das Ausscheren der drei Bistümer als «wenig lebensnah». Man müsse den Menschen auch zugestehen, dass sie scheitern. Nun mag ja kirchliches Recht und kirchliche Praxis weit entfernt vom Leben einer SPD- Landtagsabgeordneten sein, das sei unbestritten, doch eine grundsätzliche Vereinnahmung der Kirche für sozialdemokratische Lebensentwürfe ist ebenfalls nicht sonderliche lebensnah. Die polemische Aufforderung, Menschen auch Scheitern zuzugestehen geht ins Leere, denn niemand, der scheitert, wird deswegen von der Kirche fallen gelassen.

Dennoch kann die Kirche von Mitarbeitern durchaus verlangen, in ihrem Leben dem Zeugnis der Kirche nicht zu widersprechen. Der Begriff „Ausscheren“ zeugt von einem fundamentalen Unverständnis für die Wirklichkeit der Kirche, die keinesfalls so zentralistisch aufgebaut ist, wie sich dies manche vorstellen, wünschen oder befürchten. Warum es nicht möglich sein sollte, dass ein Politiker in einem föderalen Staat mit regional unterschiedlicher Rechtspraxis nicht umgehen können sollte, erschließt sich schon einmal gar nicht.

Die Kirche regelt ihre rechtlichen Belange in eigener Verantwortung. Dazu gehört auch das eigene Arbeitsrecht. Wer so sehr auf Trennung von Staat und Kirche besteht wie viele Grüne und Sozialdemokraten, sollte dann auch seinerseits das Eigenrecht der Kirche respektieren. Das sind nicht etwa Privilegien, das sind verbriefte Rechte. Es ist durchsichtig, dass man von Seiten der Grünen diese Rechte natürlich nur zu gerne beseitigen würde. Doch Völkerrechtliche Verträge sind nun einmal bindend. Und auch für die Grünen gilt das Grundgesetz in seiner Gesamtheit.

Es bleibt nun abzuwarten, was die Prüfung der vorgeschlagenen Revision des Arbeitsrechtes durch die Bischöfe von Passau, Regensburg und Eichstätt ergibt. Unsinnige Polemiken sind ebenso verfehlt wie überzogene Erwartungen. Es geht um eine juristische und nüchterne Prüfung des Sachverhaltes. Erst wenn diese abgeschlossen ist, liegen die Fakten auf dem Tisch. Bis dahin muss man sich gedulden.

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Foto Peter Winnemöller © kath.net/Michael Hesemann


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