Sterbehilfe: DBK und EKD geben klares Votum für das Leben bis zum Ende

1. Juli 2015 in Kommentar


Die katholischen Bischöfe und die Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland schließen die Legalisierung des assistierten Suizid in jeder nur denkbaren Form aus. kath.net-Kommentar von Peter Winnemöller


Berlin (kath.net) Sowohl die Deutsche Bischofskonferenz als auch die EKD stellen sich inhaltlich hinter den Gesetzentwurf von Sensburg / Dörflinger. Von den Pressestellen von DBK und EKD wurde heute eine entsprechende Pressemeldung verbreitet.

Der entscheidende Satz in der Pressemeldung dazu lautet: „Ein Verbot für die Beihilfe zur Selbsttötung müsse für alle Vereine, Organisationen sowie Einzelpersonen, aber auch für Ärzte gelten, die den assistierten Suizid als Behandlungsoption in geschäftsmäßiger Form anbieten.“

Damit schließen die katholischen Bischöfe und die Vertreter der Evangelischen Kirche Deutschlands die Legalisierung des assistierten Suizid in jeder nur denkbaren Form aus. Hier geben die Bischöfe ein klares Zeichen für den Schutz des Lebens an seinem natürlichen Ende.

So bleiben die beiden großen Kirchen bei ihrer auch bislang sehr klaren Haltung und positionieren sich eindeutig gegen einen möglichen Dammbruch im Hinblick auf den Schutz des Lebens.

Wie recht sie damit tun, zeigt sich an den jüngsten Entwicklungen in Holland und Belgien, wo inzwischen Menschen auch gegen ihren Willen getötet werden. Die jüngsten Studien dazu sind erschreckend. Selbst Behinderte sind nicht mehr sicher vor dem Todescocktail. Ein kleiner Tropfen Wermut ist leider, dass sich die klarere Aussage im Vorwort zu der eigentlichen Erklärung verbirgt und die Erklärung an sich in der Wortwahl ein wenig weich bleibt, wenn es dann nur noch heißt: „Anlässlich der anstehenden Beratungen sprechen wir uns nochmals dafür aus, jeglicher Normalisierung der Beihilfe zum Suizid entgegenzuwirken.“ Das ist weitaus weniger deutlich und lässt nur auf Grund des oben zitierten Satzes keinen falschen Interpretationsspielraum zu. Ein wenig mehr Klarheit hätte auch an dieser Stelle nicht geschadet.

Allerdings hatte sich Kardinal Lehmann bereits auf der Pressekonferenz anlässlich der Herbstvollversammlung der DBK am 25.9.2015 klar positioniert, dass es mit der DBK eine wie auch immer geartete Zulassung von assistiertem Suizid niemals werde geben können. Dies deutliche Votum mag vielleicht mancher nicht gerne gehört haben, dem Vergessen sollte es nicht anheim gegeben werden. Bei aller nüchternen und sachlichen Abwägung in der Pressekonferenz und einer umfassenden ethischen Analyse damals vorliegender Vorschläge fand der Kardinal seinerzeit bereits recht klare Worte.

Unter dem Eindruck der gegenwärtigen Entwicklungen und im Rahmen einer nun hoffentlich nüchtern und sachlich geführten Debatte, wird es in Deutschland vielleicht jetzt doch zu einer mit Österreich vergleichbaren Regelung eines vollständigen Verbotes der Assistenz beim Suizid kommen. Auch Ärzten und noch viel weniger Angehörigen darf solches erlaubt sein. Die Formulierung "sowie Einzelpersonen" in der o.g. Presseerklärung lässt hier keinen Zweifel offen, dass Angehörige niemals den Giftcocktail bereithalten dürfen.

Ärzte sollten unter allen Umständen das Vertrauen ihrer Patienten genießen und erst gar nicht in den Verdacht kommen, unter dem Deckmäntelchen der Leidminderung den Todescocktail zu reichen. Leidminderung bedeutet, Sterben an der Hand eines Menschen, nicht aber Sterben durch die Hand eines Menschen.

Sehr zu Recht verbinden DBK und EKD daher die Frage der Beratungen zur Gesetzgebung zum §217 StGB, die nun beginnen, mit der eindeutigen Forderung nach Ausbau von Palliativ- und Hospizbetreuung. Reine Verbote bringen gar nichts. Mögen sie auch moralisch noch so sehr geboten sein, so bewirken sich nichts, wenn es nicht eine lebbare Alternative gibt. Sterben ist die letzte und schwerste Sache, die ein Mensch im Diesseits auf sich nehmen muss. Wie nahe liegt da die Versuchung, die Abkürzung via Sterbehilfe/ assistiertem Suizid zu nehmen, wenn die Alternative fehlt. Dort wo die Alternativen vorhanden sind, schwinden die Wünsche nach Todesspritze oder -cocktail schnell dahin.

"Noch kein Patient, der länger als drei Tage hier ist, hat jemals den Wunsch nach aktiver Sterbehilfe geäußert", sagte mir der Leiter einer Onkologiestation mit palliativer Versorgung in einem großen deutschen Krankenhaus. Da geht es um Krebs im Endstadium und um eine wirkliche Grenze. Das Leiden mancher Patienten am Ende bestimmter Krebserkrankungen ist mit Worten nicht zu beschreiben. Doch mit den Methoden der Palliativmedizin und mit intensiver seelsorglicher, psychologischer und schmerztherapeutischer Betreuung hat auch diese Phase des Lebens eine Lebensqualität, die den ohnehin schweren Abschied nicht durch die Hypothek unerträglicher Schmerzen oder einer aktiven Tötung belastet. Dass der erhöhte Einsatz von Schmerzmitteln oder der Verzicht auf die Magensonde in manchen Fällen das Sterben beschleunigt, ist eindeutig zu akzeptieren, denn dies ist moralisch nicht verwerflich. Die Kirche hat sich in dieser Hinsicht mehrfach sehr klar geäußert. Dies ist im Übrigen auch einer (Broschüre der DBK) zu entnehmen.

Mit ihrem Statement stellen sich DBK und EKD in eine Reihe mit vielen gleichlautenden Forderungen aus dem Reihen der Ärzten, vgl. Statement der Bundesärztekammer aus den Reihen von Medizinethikern und last not least auch dem Bundesverband Lebensrecht. Hier seien beispielhaft die „Christdemokraten für das Leben“ (CDL) genannt, die sich in den vergangenen Monaten unermüdlich darum verdient gemacht hat, damit das Thema seinen Weg in die Öffentlichkeit findet.

Es bedarf nun der öffentlichen Debatte, die von vielen vollmundig gefordert wird. Es bedarf aber vor allem des öffentlichen Votums von katholischen wie auch evangelischen Christen, damit in Deutschland kein Dammbruch im Lebensschutz am Ende des Lebens erfolgt. Das größte Land in der Mitte Europas hat hier eindeutig Vorbildcharakter. Dieser Verantwortung sollten sich unsere Politiker stellen. Internationale Verantwortung zeigt sich nicht nur im Entsenden von Soldaten in Krisenregionen. Internationale Verantwortung zeigt sich auch in vorbildlicher Gesetzgebung in besonders schwierigen ethischen Fragestellungen. Christen, ganz gleich ob mit oder ohne Parlamentsmandat, dürfen sich hierin ihrer Verantwortung nicht entziehen.



Foto Peter Winnemöller (c) kath.net/Michael Hesemann


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