Beschwerde gegen erneuten Tendenzjournalismus beim BR

30. Juni 2015 in Kommentar


Offener Brief an Bayrischen Rundfunk wegen Beitrag von Veronika Wawatschek. „Mit anderen Meinungen kann ich als Demokrat problemlos leben. Doch wurden die Grundsätze des seriösen Qualitätsjournalismus massiv verletzt.“ Gastbeitrag von Thomas Schührer


München (kath.net/(kath.net/FaireMedien)
Sehr geehrter Herr Wilhelm,
sehr geehrter Herr Dr. Wolf,

der Bayerische Rundfunk (BR) genießt bei mir bisher hohes Ansehen. Gerade auch bei kirchlichen Themen nehme ich die Berichterstattung des BR im Vergleich zu anderen Sendern als überdurchschnittlich kompetent wahr.

Um so mehr haben mich zwei Beiträge von Veronika Wawatschek entsetzt. Nicht etwa weil dort eine mir nicht genehme Meinung vertreten wurde. Mit anderen Meinungen kann ich als Demokrat problemlos leben. Empört hat mich, dass ausgerechnet im BR die Grundsätze des seriösen Qualitätsjournalismus massiv verletzt worden sind. (Siehe Erläuterungen).

Bereits der erste Beitrag von Frau Wawatschek hatte einen Empörungssturm ausgelöst. Daraufhin haben Sie, Herr Dr. Wolf, die journalistischen Mängel des Beitrags bestätigt und bessere Qualitätskontrolle zugesichert.

Daß die selbe Autorin nun erneut einen Beitrag veröffenlicht, der genau die selbe inhaltliche Stoßrichtung hat, der die selben handwerklichen Mängel aufweist, wieder Meinung mit Bericht vermengt und wiederholt Personen namentlich nennt und diese in einen tendenziösen und rufmindernden Kontext stellt, besorgt mich ungemein! Hinzu kommt dieses Mal, daß der Beitrag nicht als „Feature“, also Meinungsbeitrag gekennzeichnet, sondern als eine Analyse zu recherchierten Tatsachen dargeboten wird.

Mir drängt sich die Frage auf: Wie kann es sein, dass im renommierten BR wiederholt der eigene Wertekodex in sehr bedenklicher Weise vernachlässigt und die einschlägigen Gesetze missachtet werden und der Rundfunkrat hierbei nicht in entscheidender Weise seiner Aufsichtspflicht nachzukommen scheint, obwohl Sie ja deutliche Worte hinsichtlich der fachlichen journalistischen Mängel gefunden und entsprechende Zusagen im Hinblick auf Qualitätskontrollen gemacht hatten?

Gerade weil der öffentliche Rundfunk von den verpflichtenden Beiträgen aller Bürger unterhalten wird, ist er zu einer besonders objektiven und umfassenden Berichterstattung verpflichtet.

Sehr geehrter Herr Dr. Wolf, ich bitte Sie, Ihre Aufsichtspflicht wahrzunehmen und sich für den Erhalt von Qualitätsjournalismus, eine faire Debattenkultur einzusetzen und den Ruf des BR zu schützen.

Bitte teilen Sie uns mit, ob bei dem neuen Beitrag wie von Ihnen zugesichert vorher auf Seiten der Programmverantwortlichen eine genaue Prüfung des Beitrages und seines Zustandekommens erfolgte und welche Stelle innerhalb des BR dafür verantwortlich zeichnet, dass der Beitrag in dieser Form erscheinen konnte.

Der Beitrag „Angstmacher vom rechten Rand der Kirche“ beinhaltet mehrere einschlägige Verletzungen der Grundsätze nach Art. 4 BayRG.

- Es handelt sich um eine unausgewogene und nicht objektive Darstellung (Verletzung des Art 4, Abs. 1 BayRG).

- Eine Mitarbeiterin des BR hat in einseitiger, fahrlässiger und damit für andere Menschen rufschädigender Art die Objektivität der Berichterstattung verzerrt (Verletzung des Art 4, Abs. 2, Nr. 7 BayRG).

- Durch die ganze Sendung ziehen sich herabsetzende und ungerechtfertigte Begriffszuordnungen wie „fundamentalistisch“ ultra-konservativ“, „nicht auf dem Boden der demokratischen Grundordnung“, „rechts“, „rechter Rand“, „Scharnier“. Publizisten und Persönlichkeiten wie Jürgen Liminski, Gabriele Kuby, Hedwig von Beverfoerde, Hartmut Steeb und andere werden zusammen mit engagiert christlichen Medien in den Verdacht gestellt, rechts-radikales Gedankengut zu verbreiten und mit ebensolchen Organisationen vernetzt zu sein, nicht auf dem Boden der demokratischen Grundordnung zu stehen, latent gewaltbereit und ein potenzieller Fall für den Verfassungsschutz zu sein. Dabei handelt es sich um Unterstellungen, die jeder Grundlage entbehren und rufschädigend sind, sowohl für die Einzelpersonen als auch für die christlichen Kirchen, denen sie angehören und für die sie sich engagieren (Verletzung des Art 4, Abs. 2, Nr. 10 BayRG).

- Menschen werden wegen ihrer freien Meinungsäußerung zu den Themen „Abtreibung“ oder „Gender“ und wegen ihres Einsatzes für Ehe und Familie und christliche Werte herabgesetzt. Für ihren Einsatz für die freiheitlich demokratische Grundordnung und die Verteidigung derselben gegen Einschränkungen demokratischer Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit und Religionsfreiheit werden sie diffamiert (Verletzung des Art 4, Abs. 2, Nr. 11 BayRG).

Sehr geehrter Herr Wilhelm, was Veronika Wawatschek zum Aufbau eines Feindbildes betrieben hat, darf, auch wenn ein großzügiger Maßstab zur Wahrung der Pressefreiheit angelegt wird, in einem öffentlich-rechtlichen Sender nicht stattfinden. Fehler können passieren, aber hier wurde wiederholt und anscheinend bewusst Recht und Gesetz missachtet. Und dies halte ich als Demokrat und Gebührenzahler, gerade auch im Hinblick auf den Ruf des BR für nicht tragbar.

Ich bitte Sie deshalb dringend, jetzt sichtbare und spürbare Konsequenzen aus dem Fall zu ziehen! Die durch Qualitätsjournalismus über Jahrzehnte bewiesene Glaubwürdigkeit des BR muss sichtbar wieder hergestellt werden. Nach dieser zweiten schlimmen journalistischen Verfehlung halte ich daher arbeitsrechtliche Konsequenzen für unverzichtbar.

Bitte sorgen Sie für eine öffentliche Richtigstellung und eine angemessene Entschuldigung und Wiedergutmachung bei den erneut geschädigten Personen und Institutionen.

Mit freundlichen Grüßen,

Thomas Schührer, FaireMedien

Hören Sie sich den kritisierten Beitrag des Bayrischen Rundfunks an und bilden Sie sich selbst Ihr Urteil: „Angstmacher vom rechten Rand der Kirche – Eine Gefahr für die Demokratie?“.



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