Schismatisches Potential

28. Mai 2015 in Kommentar


Die Manipulationsversuche, die schon auf der außerordentlichen Bischofssynode 2014 ein in der Kirche bisher nicht bekanntes Niveau erreichten, gehen weiter. kath.net-Kommentar von Prof. Manfred Spieker


Osnabrück (kath.net) Es ist das Recht der Erzbischöfe von München und Marseille, Marx und Pontier, und des Bischofs von St. Gallen, Büchel, zu einer Konferenz über den Umgang der katholischen Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen und homosexuell orientierten Menschen einzuladen. Es ist auch ihr Recht, die Themen und die Referenten auszuwählen. Dass das ganze Unternehmen am Pfingstmontag an der Gregoriana dennoch geeignet ist, die seit der außerordentlichen Bischofssynode im Oktober 2014 offenkundigen Spaltungen in der Kirche zu vertiefen, liegt daran, dass Marx, Pontier und Büchel nicht als Hirten ihrer Diözesen, sondern als Vorsitzende ihrer Bischofskonferenzen eingeladen haben, aber die Amtsbrüder, die im Hinblick auf die verhandelten Themen andere Ansichten haben als sie selbst, nicht einmal über die Veranstaltung informierten, geschweige sie einbanden. Das grenzt an einen Missbrauch ihres Amtes als Moderator der Bischofskonferenz, denn mehr als ein Moderator ist der Vorsitzende einer Bischofskonferenz nicht.

Die drei Bischöfe haben damit der Absicht von Papst Franziskus, zwischen den beiden Synoden 2014 und 2015 eine offene Diskussion über Ehe und Familie zu führen, einen Bärendienst erwiesen. Eine Konferenz, die mehr einem Geheimtreffen ähnelt als einer akademischen und das heißt offenen Veranstaltung, widerspricht der geforderten Offenheit und der Fairness. Sie spaltet. Die drei Bischöfe haben auch nicht die Medienvertreter eingeladen, die für diese Themen als Experten ausgewiesen sind, sondern nur jene, die wiederum ihre Ansichten teilen und den öffentlichen Druck zu verstärken geeignet sind, den die ganze Veranstaltung auf die Synode im Oktober ausüben sollte.

Die Manipulationsversuche, die schon auf der außerordentlichen Bischofssynode 2014 ein in der Kirche bisher nicht bekanntes Niveau erreichten, haben mit der Konferenz an der Gregoriana ein neues Stadium erreicht.

Hinter Nebelkerzen wie „Reflexionen zur Bibelhermeneutik“ oder „Theologie der Liebe“ werden die Absichten offenkundig, die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion, die kirchliche Anerkennung homosexueller Verbindungen und eine neue Sexualethik durchzuboxen, eine Sexualethik, die die Neuheit der Theologie des Leibes des hl. Johannes Pauls II. hartnäckig ignoriert. Welches schismatische Potential diese Absichten bergen, wird den Vorsitzenden der drei Bischofskonferenzen nicht verborgen bleiben.

Der Synode haben sie keinen Dienst erwiesen, der Neuevangelisierung schon gar nicht. Die ordentliche Bischofssynode im Oktober 2015 würde dann scheitern, wurde auf der Konferenz in Rom behauptet, wenn sie nur das unterstreicht, was die Kirche zu Ehe und Familie immer gelehrt hat.

Nein, sie wird nicht scheitern, wenn sie der Theologie des Leibes und der Kultur des Lebens endlich die Aufmerksamkeit widmet, die sie verdienen. Sie wird aber dann scheitern, wenn sie sich an dem festbeißt, was die Mehrheit der deutschen Moraltheologie unter Anleitung von Eberhard Schockenhoff zu wiederverheirateten Geschiedenen, homosexuellen Verbindungen und zur Sexualethik der Deutschen Bischofskonferenz zu suggerieren versucht.

Wenn sie einen Aufbruch der Familienpastoral anstrebt, sollte sie sich an dem orientieren, was zahlreiche geistliche Gemeinschaften in der Familienpastoral an Erfahrungen mit der Theologie des Leibes gesammelt haben, und an dem, was Papst Benedikt XVI. zur Eröffnung der Pastoralsynode der Diözese Rom zum Thema Familie am 6. Juni 2005 sagte: „Das Geheimnis der Liebe Gottes zu den Menschen erhält seine sprachliche Gestalt aus dem Vokabular von Ehe und Familie – positiv wie negativ. Die Annäherung Gottes an sein Volk wird … in der Sprache der ehelichen Liebe dargelegt, während die Treulosigkeit und der Götzendienst Israels als Ehebruch und Prostitution bezeichnet wird“.

Prof. Manfred Spieker (Foto) ist emeritierter Professor für Christliche Sozialwissenschaften des Instituts für Katholische Theologie der Universität Osnabrück.

Prof. Manfred Spieker, Vortrag an Kardinal-Wyszyński-Universität: ´Religiöse Inspirationen in der Krise´


Foto Prof. Spieker: © www.kath-theologie.uni-osnabrueck.de


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