Sexualkunde: Familienverband fordert 'gründliche Überarbeitung'

11. Mai 2015 in Österreich


KFÖ sieht Widersprüche zur geltenden Gesetzeslage - Aktueller Erlassentwurf ignoriere Erziehungsrechte der Eltern sowie kulturelle und religiöse Werte und vermittle Beliebigkeit


Wien (kath.net/KAP) Eine "gründliche Überarbeitung" des Textentwurfes zum Grundsatzerlass Sexualerziehung durch das Unterrichtsministerium hat der Katholische Familienverband Österreich (KFÖ) eingefordert. Schulische Sexualerziehung müsse die Rechte der Eltern achten, brauche geschlechts-, alters- und kultursensible Umsetzung und müsse auch zur Vermittlung "sittliche, religiöse und soziale Werten" beitragen, wie dies das geltende Schulgesetz vorschreibe. Diese Punkte würden in der vorgeschlagenen Neufassung des Erlasses nicht berücksichtigt, befand der KFÖ in einer nun publik gewordenen Stellungnahme.

Am 23. März hatte Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek den Entwurf eines neuen Grundsatzerlasses für Sexualerziehung in Österreich kommuniziert. Der von einem Expertenbeirat erstellte Vorschlag, der den derzeit gültigen Erlass von 1990 bzw. 1994 ersetzen soll, sieht u.a. Sexualerziehung als Bestandteil aller Unterrichtsfächer und schon ab dem Kindergarten vor. Rückmeldungen dazu konnten bis 10. April eingebracht werden. Der Familienverband kritisierte eine zu kurze und zudem in den Ostertagen angesetzte Begutachtungsfrist, die aufgrund der nötigen umfassenden und breiten Diskussion besser ausgeweitet werden sollte.

Die Eltern kommen im Erlassentwurf in den Augen des Familienverbandes zu kurz, zumal sie nicht bloß rudimentär informiert werden sollten, sondern zentrale Verantwortung in der Erziehung hätten, was der Text jedoch ignoriere. Die Schule habe kein Erziehungsmonopol, sondern wirke laut geltendem Schulorganisationsgesetz nur an der Erziehung mit und unterstütze die Eltern in ihrer Aufgabe. Ähnlich fordere auch die Europäische Menschenrechtskonvention in ihrem Zusatzprotokoll vom Staat in Erziehungs- und Bildungsfragen ein, "die Erziehung und den Unterricht der Kinder entsprechend der religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen der Eltern sicherzustellen".

Vor allem bei sehr jungen Kindern wie etwa im Kindergarten und in der Volksschule gelte, dass die Elternrechte beim hoch sensiblen Bereich der Sexualerziehung besonders zu achten seien, so der Familienverband. Wenn externe Berater in die Schule kommen, müsse deren Programm sowie die Gestaltung und der Inhalt des Sexualunterrichts "im partnerschaftlichen Zusammenwirken von Schule und Elternhaus vorher abgestimmt werden", heißt es in der von KFÖ-Präsident Alfred Trendl und der KFÖ-Bildungsverantwortlichen Sissy Löffler gezeichneten Stellungnahme.

Verantwortung statt Beliebigkeit

Bei Fragen rund um die "Kompetenzorientierung" im Sexualkundeunterricht vermisst der Familienverband im Entwurfstext, dass Schüler u.a. den verantwortungsvollen Umgang mit Sexualität und Partnerschaft als gesellschaftliches Grundprinzip erkennen sollten. Verantwortlichkeit würde in der aktuellen Fassung jedoch "zu Beliebigkeit verkommen" und andere zentrale Begriffe wie "Liebe" und "Familie" würden gar ausgeklammert, obwohl bei Jugendlichen laut Umfragen die Geborgenheit und Sicherheit in langfristig gelingenden Beziehungen als Lebensziele vorrangig seien. Zudem müssten diesbezügliche Werte der Kulturen und Religionen im Unterricht behandelt und beachtet werden.

Noch nicht in angemessener Weise berücksichtigt ist in den Augen des Katholischen Familienverbandes beim derzeitigen Entwurf auch die Rolle der Medien: Den Möglichkeiten, Gefahren und Risiken von interaktiver oder elektronischer Kommunikation und Informationsbeschaffung müsse mehr Rechnung getragen werden. Schüler sollten zudem zu einer verantwortungsvollen Nutzung des Internets in Hinblick auf Sexualinformation hingeführt und sich der persönlichen Suchtgefahr sowie der möglichen Einflussnahme von außen bewusst werden, so das KFÖ-Gutachten.

Spielräume der Interpretation vermeiden

Auch an zahlreichen Formulierungsnuancen stieß sich der Familienverband, demzufolge große Interpretationsspielräume besser zu vermeiden sind: Wenn in der aktuellen Vorlage etwa von "informierten Entscheidungen" die Rede ist, sei dies genauso unbestimmt wie ein inhaltlich nicht näher definiertes "Erlernen von Fähigkeiten und Fertigkeiten" oder der Hinweis auf "Körperkompetenz", bei dem eher von "Körperbewusstsein" die Rede sein sollte. Von "Vielfalt" der Geschlechter zu sprechen sei unsinnig angesichts der zwei biologischen Geschlechtsausprägungen, deren Unterschiedlichkeit - nicht "Verschiedenheit" - zudem thematisiert werden sollte.

Für die Qualifikation der Lehrer bemerkte der KFÖ, schon jetzt würden an den Pädagogischen Hochschulen einschlägige Fortbildungen für Lehrkräfte angeboten, die sich mit der Methodik und Didaktik der Sexualkunde beschäftigen. Für alle Lehrkräfte, die ein "Unterrichtsprinzip Sexualerziehung" umsetzen sollen, sollte die Teilnahme an diesen Kursen verpflichtend sein, so der Familienverband. Schwerpunkte wie moralische und ethische Grundlagen von Sexualität in Hinblick auf verantwortungsbewusste Partnerwahl sollten zudem in allen Religions- und Ethiklehrplänen verankert werden.

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