'Lebenswirklichkeit' keine dritte Wirklichkeit der Offenbarung

23. März 2015 in Deutschland


Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen, äußert sich kritisch zu Bemerkungen von deutschen Bischöfen über "Lebenswirklichkeiten" als "Quelle theologischer Wahrheitsfindung"


Würzburg (kath.net)
Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen, hat sich in einem Interview mit der "Tagespost" kritisch über die Lebenswirklichkeit als Quelle theologischer Wahrheitsfindung geäußert. Der Begriff wurde in Deutschland unter anderem von Franz-Josef Bode, Bischof von Osnabrück, verwendet. Kardinal Koch stellte klar, dass man bei der Diskussion sehr genau unterscheiden müsse, da die Tradition stets betont habe, dass "wir in den Zeichen der Zeit auch den Willen Gottes" erkennen können. Auch das 2. Vatikanische Konzil habe bestätigt, dass man in geschichtlichen Entwicklungen den Willen Gottes herausspüren könne.

Koch erinnerte aber dann auch daran, dass es in dem Zusammenhang gerade in Deutschland "verhängnisvolle Entwicklungen" gegeben habe. "Denken wir an die „Deutschen Christen“ während der nationalsozialistischen Zeit, die neben der Schrift auch die Nation und die Rasse zu Offenbarungsquellen erhoben haben, wogegen die Barmer Theologische Erklärung (1934) Protest erhoben hat. Da müssen wir sehr genau unterscheiden und sensibel auf die Zeichen der Zeit hören – und auf den Geist, der sich uns in diesen Zeichen offenbart: Was sind Zeichen des Evangeliums? Was nicht?", betonte Koch.

Auf die Frage, welche Bedeutung die Lebenswirklichkeit der Menschen für die Kirche habe, erläuterte der Kurienkardinal: "Die Art und Weise, wie die Menschen den Glauben leben, wahrzunehmen, ist natürlich hilfreich und wichtig, um zu erkennen, vor welchen Herausforderungen die Pastoral der Kirche steht. Aber sie kann nicht eine dritte Wirklichkeit der Offenbarung neben Schrift und Lehramt sein."

Foto Kardinal Koch (c) kath.net/Petra Lorleberg


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