Das Ende der 'Maria Divine Mercy'

2. Februar 2015 in Chronik


Mit wüsten Beschimpfungen reagierte die selbsternannte „letzte Prophetin Gottes“ ("Die Wahrheit") auf ihre Entlarvung durch irische Journalisten. Folgen eines entlarvenden kath.net-Berichtes. Von Michael Hesemann


München (kath.net) „Entweder nehmt ihr das Wort Gottes an, das von Ihm festgeschrieben ist, oder ihr nehmt es nicht an“ – so lautete eine der letzten Botschaften, die von der „Mutter der Erlösung“, wie sie die Gottesmutter nennt, am 7. Januar 2015 der selbsternannten irischen Prophetin „Maria Divine Mercy“ diktiert wurde. Seit 2010 besuchten Hunderttausende ihre professionell gestaltete website „thewarningsecondcoming.com“ oder das deutsche Gegenstück „dasbuchderwahrheit.de“, um fast täglich mit den neuen apokalyptischen Schreckensbotschaften der „Warnung“ versorgt zu werden. Kometen würden im All kollidieren, hieß es dort, China und Russland durch schwere Erdbeben verwüstet, ein dritter Weltkrieg drohe, in Rom würde der Papst gestürzt und aus der Stadt gejagt und „der falsche Prophet“ den Stuhl Petri besetzen, um die Herrschaft des Antichristen vorzubereiten. Besonderen Auftrieb bekam die Sekte der „Maria Divine Mercy“, als Papst Benedikt XVI. im Februar 2013 aus Gesundheitsgründen von seinem Amt zurücktrat. Von Anfang an stand für sie fest, dass Papst Franziskus, der unkonventionelle Argentinier, der vorhergesagte „falsche Prophet“ sein musste.

Doch es dauerte nicht lange, da wurde die selbsternannte Prophetin, die zunächst anonym geblieben war, demaskiert. Katholische Blogger aus Irland wie Mark Saseen oder der Theologe und Erscheinungsexperte Ronald Conte Jr. waren die ersten, die „Maria Divine Mercy“ als die irische PR-Lady Mary Carberry, die im Geschäftsleben unter ihrem Mädchennamen Mary McGovern auftritt, enttarnten. Für kath.net überprüfte ich die von ihnen als Beweis präsentierten Handelsregistereinträge, bekam weitere Informationen durch renommierte Auskunfteien und fand Berichte über Mary McGovern und ihre Firmen in der irischen Presse, die deutlich bestätigten, dass hier aus Geltungsbedürfnis und finanziellen Interessen agiert und aus ziemlich trüben Quellen geschöpft wurde. Vor ihrer eigenen Karriere als „Seherin“ arbeitete PR-Dame Mary McGovern für den irischen Hellseher und Geistheiler Joe Coleman, der mit falschen Marienerscheinungen bekannt wurde und für einen Skandal sorgte, als er ein falsches „Sonnenwunder“ ankündigte, in dessen Folge fünf Gläubige ihr Augenlicht verloren. Noch beunruhigender war die Verbindung zu Wilhelm Kamm aus Köln, der sich „Little Pebble“ nennt und in Australien zum Sektengründer wurde. Auch Kamm behauptete, Offenbarungen Jesu und der Gottesmutter zu empfangen, die ihn als Endzeitpapst zum Nachfolger des hl. Johannes Paul II. auserkoren hätten. Doch ausgerechnet im Todesjahr des großen Polen, 2005, stand Kamm vor Gericht und wurde wegen Unzucht mit einer Minderjährigen zu dreieinhalb Jahren Haft, wegen eines zweiten Falls 2007 zu weiteren fünfzehn Jahren verurteilt. Im November 2014 wurde er wegen guter Führung vorzeitig entlassen. Verteidigt hatte er sich mit der Behauptung, Gott habe ihn, wie Abraham, erkoren, zum Stammvater eines neuen auserwählten Volkes zu werden und deshalb „12 Königinnen und 72 Prinzessinnen“ um sich zu sammeln. Kamm empfiehlt seinen (nach eigenen Angaben) 750.000 Anhängern nicht nur das „Buch der Wahrheit“ von Maria Divine Mercy, sondern steht, wie sein „Bischof“ Malcolm Broussard auf Nachfrage erklärte, auch mit der „Seherin“ „in privatem Kontakt“. In einem Handschreiben an den irischen Blogger Mark Saseen bestätigte Kamm am 8. Juli 2014: „Ich kenne Maria Divine Mercy seit 2011“ und bezeichnete sie als seine „kleine Schwester“. Tatsächlich ist „Marias“ Geschäftspartner, der irische Zahnarzt und Investor Breffni „Joseph Gabriel“ Cully mit Kamms Schwiegermutter Christine Lammermann befreundet, die zumindest der irische Theologe Ronald Conte für die Ghostwriterin der irischen „Prophetin“ hält.

Ein kath.net-Bericht und seine Folgen

Die Veröffentlichung dieser Fakten auf kath.net unter dem Titel „Die Hintergründe der Warnung“ am 25. November 2013 sorgte in Deutschland, Österreich und der Schweiz für einiges Aufsehen. Die Schweizer Initiative „Katholiken für Papst und Kirche“, unterstützt durch den Miriam-Verlag, druckten einige Tausend Flugblätter „Neues von der ‚Warnung‘. Nein zur Kirchenspaltung“, um der grassierenden Hysterie speziell im bislang gut katholischen Milieu entgegenzuwirken. Darauf reagierte der deutsche Geschäftspartner von „Maria Divine Mercy“, der Kölner Martin Roth, mit einer 34seitigen „Stellungnahme“. Doch statt auch nur eine einzige Behauptung des Flugblattes und unserer Recherchen zu widerlegen, bestätigte er sie nur. Ja, „Maria Divine Mercy“ ist tatsächlich Mary McGovern-Carberry, „die Fakten über die geschäftlichen Aktivitäten von Mary, die man über eine Auskunftei in Erfahrung bringen kann“, seien korrekt dargestellt. Man habe sie nur falsch interpretiert. Natürlich, so Roth, sei es eine üble Verleumdung, zu behaupten, Maria Divine Mercy habe sich selbst diesen Namen oder den Titel einer „Prophetin“ verliehen. Nein, so Roth im O-Ton, „Mary hat sich niemals selber den Namen ‚Maria von der göttlichen Barmherzigkeit‘ gegeben. Jesus selbst hat ihr den Namen gegeben.“
Doch auch diese Behauptung ist zwischenzeitlich widerlegt worden. Denn nach Angaben des „Buches der Warnung“ hatte „Maria Divine Mercy“ ihre erste „Begegnung“ mit Jesus am 9. November 2010. Damals, so schreibt sie, sei sie gegen 3.00 Uhr nachts aufgewacht, habe ein Kribbeln am ganzen Körper gespürt und das Jesus-Bild, das auf ihrem Nachtisch stand, habe sie angelächelt, als sie den Drang verspürte, etwas niederzuschreiben. Durch automatisches Schreiben, eine okkulte Praxis also, soll sie damals die erste Botschaft empfangen haben: „Maria wurde gesagt, dass die Wiederkunft Christi unmittelbar bevorsteht und dass sie der letzte Bote, der letzte Prophet ist. Ihr wurde gesagt, dass sie der siebte Bote, der siebte Engel ist, welcher der Welt den Inhalt der Siegel im Buch der Offenbarung verkünden wird … das Buch der Wahrheit, das im Buch Daniel für die Endzeit vorausgesagt worden ist.“ Tatsächlich aber wandte sie sich schon am 1. November 2010 an Ronald Conte, den Mann, der sie später entlarven sollte, und mit dem sie über sein Interesse an Joe Coleman in Kontakt gekommen war. In einem persönlichen Schreiben erklärte sie ihm, wohlbemerkt acht Tage vor ihrer „ersten Erscheinung“, sie habe bereits „seit Monaten“ gemeinsam mit Coleman Visionen empfangen. Dabei sei ihr auch die polnische Heilige Schwester Faustyna erschienen, auf die die Verehrung der „Göttlichen Barmherzigkeit“ zurückgeht. Doch noch früher, nämlich am 2. Juni 2010, also ganze fünf Monate vor der ersten „offiziellen Erscheinung“, meldete sich Mary McGovern als „Maria Divine Mercy“ mit der internen ID 100001157648678 auf Facebook an!

Ein Jahr der falschen Prophezeiungen

Trotz dieser Enthüllungen verlief das Jahr 2014 noch relativ ruhig für die „Seherin“, schien ihr Erfolg nur wenig getrübt. Dabei musste kritischen Beobachtern längst aufgefallen sein, dass ihre Prophezeiungen, je konkreter sie wurden, immer häufiger wie Luftblasen zerplatzten.

Am 25. Dezember 2013 etwa will sie von Jesus selbst eine alarmierende Botschaft empfangen haben: “Nächste Weihnachten wird die Feier meiner Geburt durch eine große Zeremonie ersetzt werden“, heißt es darin, würde die Kirche unter Papst Franziskus „dem Gott der sozialen Gerechtigkeit applaudieren, den Menschenrechten und dem Geld, das, wie sie sagen, für die Hungernden der Welt gesammelt wird.“ Und was war? Weihnachten wurde 2014 gefeiert wie alle Jahre wieder – nämlich mit einem feierlichen Pontifikalamt im Petersdom statt eines Charity Events.

Am 24. Januar 2014 behauptete die angebliche „Mutter der Erlösung“ – so nennt Maria Divine Mercy die Gottesmutter - sie werde schon „in diesem Frühjahr beginnen … bei allen Mariengrotten, die von der Kirche meines Sohnes anerkannt wurden“, noch einmal zu erscheinen und nannte ausdrücklich Lourdes, Fatima, la Salette, Guadalupe und Garabandal als Stationen ihres neuerlichen Wirkens. Natürlich konnte man sich schon damals wundern, dass in der Prophezeiung von „allen Mariengrotten“ die Rede war, obwohl es eine solche doch nur in Lourdes gab; doch wer wollte denn schon so kleinlich sein. Doch dann endete das Frühjahr mit dem Sommeranfang 2014 und nichts war geschehen. Bis heute, ein Jahr später, ist es an keinem der genannten Orte zu einer weiteren Marienerscheinung gekommen.

Aber am 12. Februar ließ die gleiche „Mutter der Erlösung“ ihre irische „Prophetin“ wissen, „bald“ würde das Ave Maria abgeschafft werden – das, wohlbemerkt, gerade von Papst Franziskus, der so marienfromm ist, dass er vor und nach jeder Auslandsreise in S. Maria Maggiore die Gottesmutter um ihren Beistand bittet.

So verkamen die „himmlischen Offenbarungen“ immer mehr zur Lachnummer unter Insidern, die sich darüber mokierten, dass weder die Prophetin noch ihre himmlischen Quellen – darunter Gottvater selbst! – die Heilige Schrift oder das kirchliche Brauchtum genauer zu kennen schienen. So waren bei „Maria Divine Mercy“ gleich alle zwölf Jünger des Herrn arme Fischer (so offenbart am 1.9.2013; tatsächlich waren nur vier der zwölf Apostel Fischer), während eine Novene bei ihr nur sieben Tage lang gebetet wird (so laut Botschaft vom 1. Dezember 2013).

Eine Medaille wird promotet

Stattdessen war die Seherin 2014 vor allem damit beschäftigt, ihre „Medaille der Erlösung“ zu promoten und unter das gläubige Volk zu bringen. Gleich zu Jahresbeginn, am 20. Januar 2014, hatte „Maria Divine Mercy“ die folgende Botschaft niedergeschrieben:

„Mein liebes Kind, Gott will jeden einzelnen Menschen aus jeder einzelnen Glaubensrichtung retten, ebenso wie diejenigen, die Seine Existenz und die Existenz Seines Sohnes, Jesus Christus, leugnen. Das ist der Grund, warum Menschen jeden Alters, jeder Kultur und jeder Konfession eine Medaille der Erlösung erhalten müssen.(…) Begeht nicht den Fehler, diese Medaille abzulehnen, denn sie ist für die ganze Welt bestimmt, und viele Wunder werden mit ihr verknüpft sein. (...) Bitte stellt sicher, dass die Medaille der Erlösung so vielen Menschen wie möglich zur Verfügung gestellt wird.“

Am 25. März betonte sie noch einmal die Heilsnotwendigkeit einer größtmöglichen Verbreitung dieser Medaille: „Die Medaille der Erlösung wird Milliarden von Seelen bekehren, und deshalb wird vom Teufel jede Anstrengung unternommen werden, sie zu stoppen.“ Sogar einen eigenen Feiertag, den 4. Juni, bestimmte sie für die „Mutter der Erlösung“ und in einem „Kreuzzugsgebet“ flehte sie den Himmel um Schutz für all jene an, die ihre Medaille fleißig verbreiten.

Im Juni 2014 schließlich kam die lange angekündigte Devotionalie auch endlich auf den Markt. Das Design stammte von dem gleichen Werbe- und Firmenlogo-Designer in San Diego/Kalifornien, der auch das „Siegel des Lebendigen Gottes“ entworfen hat, ein Blatt Papier mit einem speziellen Gebet und einem roten Siegel, das dem Besitzer Schutz vor dem Antichristen garantieren soll. Auf der Vorderseite zeigt sie die Gottesmutter mit gefalteten Händen und der Dornenkrone auf dem Haupt, auf der Rückseite durchkreuzt ein „S“ wie eine Schlange das „M“ Mariens, dessen vertikale Balken dem ganzen das Erscheinungsbild eines Dollarzeichens verleihen. Abgerundet wird das Design durch zwei gekreuzte Schwerter, was irgendwie an Offenbarung 12 erinnern soll, obwohl dort von nur einem Schwert die Rede ist; die „Frau der zwei Schwerter“ kennen wir eher aus den Tarotkarten des britischen Freimaurers Arthur Edward Waite.

Doch was an der Medaille, die „Milliarden“ Menschen erlösen soll, vor allem erstaunte, war ihr Preis, der bei einem stolzen Euro pro Stück liegen sollte. Und da sich die irische Seherin nicht mit Kleingeld abgibt, wurden die Medaillen auch nur in Tüten a 25 Stück, also für 25 Euro Mindestbestellwert abgegeben. Zum Vergleich: Die „Wundertätige Medaille“ der Katharina Labouré wird für 10 Cent/Stück vertrieben, das Heiligtum in der Rue du Bac in Paris verschickt sie sogar gratis, allein gegen einen frankierten Rückumschlag.

Interessant jedenfalls ist die Vertriebsstruktur der Medaille. Zunächst trat im Februar 2014 eine Firma namens „Salus Gifts“ als ihr „exklusiver globaler Vertrieb“ auf und nahm Vorbestellungen entgegen. Doch die Firmenadresse in London erwies sich bei genauerer Recherche als reine Briefkastenfirma. Zudem war das Unternehmen weder in England, Irland oder den USA im Handelsregister eingetragen. Im März verschwand „Salus Gifts“ vom Internet. Stattdessen gründete „Maria Divine Mercys“ deutscher Verleger, der Kölner Martin Roth, in Irland die Firma „Unico Distribution Limited“, die wieder unter einer Londoner Briefkastenadresse gemeldet war. Der Unico-Vertrieb hatte einen einzigen Klienten, den „Online Christian Gift Shop – Salvido“, den Roth zwei Tage später als website salvido.com registrieren ließ. Über sie sollten fortan alle MDM-Produkte verkauft werden. Weshalb ein Deutscher diese Firmen in Irland und mit einer Londoner Adresse anmeldet, ist offensichtlich: In Irland sind christliche Devotionalien von der Steuer befreit.

Am 31. Mai 2014 heiratete Mary McGovern-Carberrys Tochter Sarah Carberry, ein Ex-Model der Agentur „Elite“ und selbst mit diversen Firmen in der Modebranche tätig, ihren langjährigen Freund Niall Wood in der St. Sylvester-Kirche von Malahide bei Dublin, dem Villen-Vorort am Meer, in dem Mary seit 1998 residiert. Fotos der Hochzeit, die auf Facebook erschienen, zeigen nicht nur, dass die 59jährige Mary bereits Großmutter ist; Sarahs Tochter war gerade vier Jahre alt geworden. Ihr Sohn David postete ebenfalls Bilder, die von einem seiner Freunde mit den Worten „Ich wette, das war das erste Mal, dass Du in einer Kirche warst!“ kommentiert wurden. Fotos von diesem Tag zeigen Mary McGovern-Carberry, die letzte Prophetin Gottes, in einem schicken Kleid mit schwarzweißem Leopardenmuster, einer auffälligen Muschelkette und einem exzentrischen Hut, der eher nach Ascot als nach Apokalypse aussah. Nur die „Medaille der Erlösung“ sucht man in ihrem auffälligen Dekolleté vergebens. Und das lag nicht an Vertriebsschwierigkeiten. Auch als Mary und Sarah am 14. November beim Lidl-Weihnachtsempfang in Dublin fotografiert wurden, trugen sie auffälligen Schmuck – nur eben keine „Medaille der Erlösung“. Könnte es sein, dass die „Prophetin“ selbst nicht an ihre Offenbarungen glaubt?

Anfang Januar 2015 erschien Mark Saseens Buch „The Outing of Mary Carberry“ als Gratis-E-Book, in dem auf 101 Seiten die seltsamen Firmenkonstrukte und Verbindungen der „Prophetin“ zu Kamm und Coleman dargestellt sind. Darin veröffentlicht Saseen auch einen Handelsregistereintrag vom 10. Dezember 2013, in dem Breffini Cully und Martin Roth bereits eine GmbH anmeldeten, die sich auf „den Vertrieb religiöser Artikel“, darunter ausdrücklich „Medaillen“, spezialisieren sollte. Das war, wohlbemerkt, ganze 40 Tage, bevor die „Mutter der Erlösung“ um die Herstellung einer solchen Medaille bat, was die Frage erlaubt, ob nicht Roth und Cully die wahren Propheten sind oder zumindest über gute Vorahnungen verfügen. Noch brisanter wird das Dokument dadurch, dass die beiden Unterschriften von niemand anderem als Mary McGovern mit ihrer eigenen Signatur beglaubigt wurden, die als Berufsbezeichnung „Beraterin PR“ angab!

Die Apokalypse der Maria Divine Mercy

Ein Exemplar von Saseens Buch gelangte in die Hände von Michael O’Farrell, einem Reporter der irischen Sonntagszeitung „The Mail on Sunday“, der Saseens Angaben überprüfte und bestätigen konnte. Die Folge war, was man getrost als „Die Apokalypse der Maria Divine Mercy“ bezeichnen kann. Am 1. Februar 2015 wurde ihre Identität auf einer Doppelseite der Zeitung enthüllt: „Irischer Zahnarzt, PR-Guru und Tochter gehören zu Sekte, die Botschaften von Gott empfängt“, lautet die Überschrift in fetten Lettern. Im Zentrum des Berichtes prangt ein großformatiges Foto von Mary McGovern-Carberry und der hübschen Sarah – beide erneut ohne „Medaille der Erlösung“. Doch O’Farrell wäre kein anständiger Journalist gewesen, wenn er nicht die Betroffene mit den Ergebnissen seiner Recherchen konfrontiert und sie um einen Kommentar aus ihrer Sicht gebeten hätte. Nachdem weder sie noch Cully auf seine schriftliche Anfrage hin reagiert hatten, stellte er sie vor ihrem Haus in Malahide. Höflich stellte der Reporter sich vor und bat sie um eine Stellungnahme, doch die „letzte Prophetin Gottes“ reagierte ungehalten. „Ich werde mich nicht zu Internet-Trollen äußern, die versuchen, mein Leben zu zerstören, weil ich für jemanden einen Job erledigt habe. Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe“, antwortete sie. Auf die Frage des Reporters, um welche Art von „Job“ es sich dabei gehandelt habe und wer ihr Auftraggeber gewesen sei, verlor sie gänzlich die Contenance: „Ich kann mich mit diesem Mist nicht befassen. Tut mir leid. Wenn sie ehrlich diesen Sch… glauben, dann tun sie das!“

Natürlich hatte ihr der Journalist dabei ein Aufnahmegerät hingehalten. Die Audiodatei legte er Ed Primeau vor, einem forensischen Sprachanalysten mit 30jähriger Erfahrung, der von Gerichten in Irland und den USA konsultiert wird. Er verglich O’Farrels Aufnahme der wütenden Mary McGovern-Carberry mit dem einzigen Radiointerview, das „Maria Divine Mercy“ im Oktober 2011 dem kleinen amerikanischen katholischen Radiosender WTMR in Philadelphia gegeben hatte. Vier Tage lang studierte Primeau die beiden Aufnahmen, dann gab er sein Urteil ab. „Mit 90 %iger Sicherheit“ – was, wie der Experte versichert, der höchstmögliche Wert ist – spricht in beiden Fällen die gleiche Frau. „Maria Divine Mercy“ ist tatsächlich die PR-Dame Mary McGovern-Carberry! Auch dieses Ergebnis wollte Mary McGovern nicht kommentieren. Ist sie selbst die Urheberin ihrer „Botschaften“ oder hat sie tatsächlich einen Auftraggeber, vielleicht Kamm aus dem Gefängnis oder der schwerreiche Cully? Wir wissen es nicht. Sie mag ihre Rolle gut gespielt haben, doch sie hat damit Zehntausende guter Katholiken in die Verwirrung geführt. Sich selbst hat sie schon dadurch, dass sie ein Schisma propagierte, ipse facto exkommuniziert.

„Bis zu einem gewissen Grad ist die Ansicht, dass nette Mädchen nicht reich werden können, wahr“, hatte sie dem irischen „Independent“ im September 2008 erklärt, „erfolgreiche Menschen sind zu 80 % ihrer Zeit angenehm, nett und ruhig; aber sie können auch rücksichtslos sein. Eine gewisse Skrupellosigkeit ist in jeder Frau, die Erfolg hat.“ Und: „Wir sind von reichen Frauen fasziniert, gleich, wie sie ihr Vermögen gemacht haben. Je reicher sie sind, je mehr sind sie unsere Idole.“ Sicher ist nur, dass im schnellen Reichtum ihre Motivation zu suchen ist.

Das Urteil der Kirche zu ihren „Offenbarungen“ steht schon seit fast einem Jahr fest. Als bekannt wurde, dass sie im Dubliner Vorort Malahide wohnt, fühlte sich ihr Bischof zu einer Stellungnahme veranlasst, kath.net hat berichtet. Zu Ostern 2014 erschien sie erstmals auf der Website der Erzdiözese Dublin: „Erzbischof (Diarmuid) Martin möchte klarstellen, dass diese Botschaften und angeblichen Visionen von der Kirche nicht anerkannt sind und viele der Texte im Widerspruch zur katholischen Theologie stehen. Diese Botschaften sollten nicht von Mitgliedern der katholischen Kirche verbreitet oder verwendet werden.“ Bleibt zu hoffen, dass sich auch alle Katholiken daran halten!

Michael Hesemann ist Historiker und Autor. Sein letztes Buch „Papst Franziskus. Das Vermächtnis Benedikts XVI. und die Zukunft der Kirche“ erschien im Herbig-Verlag München.

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Die falsche Prophetin: Mary Divine Mercy = Mary Carberry geb. McGovern, mit ihrer Tochter



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