Vatikan stockt Justiz-Apparat für Missbrauchsfälle auf

22. Jänner 2015 in Chronik


Ein neues Gremium im Vatikan soll Missbrauchsverfahren an der Glaubenskongregation beschleunigen. Zu dessen Leiter ernannte Papst Franziskus den maltesischen Weihbischof Charles Scicluna. Er gilt als führender Experte auf diesem Gebiet.


Vatikanstadt (kath.net/KNA) Ein neues Gremium im Vatikan soll Missbrauchsverfahren an der Glaubenskongregation beschleunigen. Zu dessen Leiter ernannte Papst Franziskus laut einer Mitteilung vom Mittwoch den maltesischen Weihbischof Charles Scicluna (Foto). Der 55-Jährige war von 2002 bis 2012 bereits vatikanischer Chefermittler in Missbrauchsfällen und gilt als führender Experte auf diesem Gebiet.

Zu den sieben weiteren Mitgliedern zählen unter anderem der Leiter des vatikanischen Justizministeriums, Kardinal Francesco Coccopalmerio, sowie sein Vorgänger Kardinal Julian Herranz, ferner der Präfekt der Bildungskongregation Zenon Grocholewski und der frühere Leiter des vatikanischen Güterverwaltung Attilio Nicora. Die Mitgliedschaft in dem Gremium ist nebenamtlich.

Franziskus hatte das Gremium bereits im November ins Leben gerufen; seine Besetzung wurde aber erst jetzt bekanntgegeben. Der Ausschuss soll Einsprüche gegen Entscheidungen der Glaubenskongregation behandeln. Dies soll nach vatikanischen Angaben die bislang damit befassten Kardinäle der Glaubenskongregation bei ihren monatlichen Sitzungen entlasten. Die Zahl der Fälle liegt bei vier bis fünf pro Monat.

Seit dem Jahr 2001 ist die Glaubenskongregation für alle «schwerwiegenden Straftaten» («delicta graviora») zuständig, zu denen neben sexuellem Missbrauch von Minderjährigen auch der Bruch des Beichtgeheimnisses zählt. Damals hatte eine Welle von Vergehen von Klerikern insbesondere in den USA die Kirche stark belastet. Der seinerzeitige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, hatte sich für eine härtere Verfolgung und umfassende Aufklärung solcher Taten eingesetzt.

Das neue Gremium kann nach vatikanischen Angaben im Fall von einfachen Priestern eigene Entscheidungen treffen. Für Untersuchungen gegen Bischöfe bleibt indessen die reguläre Kardinalssitzung zuständig. Das Kollegium werde die Kongregation in gewissen Abständen informieren.

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