'Vorsicht mit dem Thema Hölle'

15. Jänner 2015 in Kommentar


Es ist eine ungeheurere Anmaßung, Beleidigung und Lieblosigkeit, von einem anderen Menschen zu sagen, er würde „in die Hölle kommen.“ Ein kath.net-Klartext von Bischof Andreas Laun


Salzburg (kath.net) Wahrscheinlich geschieht es öfter als man glaubt, ich habe es zweimal erlebt und dies ausgerechnet in Familien, in denen „Täter und Opfer“ gläubig sind: Die Drohung mit der Hölle gegen den jeweils anderen, der in die Hölle“ kommen werde oder jedenfalls nahe dran sei, sich die Hölle zu verdienen. Nicht „dazu“, sondern „dagegen“ ist dringend zu sagen: Der Glaube der Kirche ist eine atemberaubende Botschaft der Freude, ist eine Liebeserklärung und Treueversprechen Gottes an seine geliebten Menschen. Und christliches Leben heißt: Gott das Jawort zu geben, also zu antworten auf seine Liebe und Treue.

Dazu gehört auch die dringende Mahnung, die Liebesbeziehung nicht verkommen und zerbrechen zu lassen. Und die Warnung vor einem wirklichen und mit dem Tod endgültigen Bruch dieses Bundes der Liebe. Diese Warnung zu unterlassen ist fahrlässig wie wenn jemand einen anderen ermunterte, die Herrlichkeit der Berge zu genießen, dabei aber Absturzgefahren und Gletscherspalten verschweigen wollte. Bezogen auf die Gottesbeziehung nennt man den tödlichen Absturz Todsünde und in der weiteren Folge die Hölle. Nicht drohend, wohl aber im Sinn ihres Hirtenamtes muss die Kirche daher auch von der Hölle und der Todsünde sprechen, eingebettet in die Zusage des Himmels, für alle, die Gott gehorchen und lieben.

Dabei gibt es Fehlformen, die beide ein schweres Übel sind: Die einen verschweigen die Möglichkeit der Hölle, die anderen übertreiben maßlos die Gefahr der Todsünde, die in die Hölle führt, und manche benützen diese unheimlichen Wahrheiten, um andere Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen.

In seiner Enzyklika „Veritatis splendor“ Nr. 70 hat der hl. Papst Johannes Paul II. Einspruch erhoben gegen die Leugnung der Todsünde und stellt fest: „Mit der ganzen Tradition der Kirche nennen wir denjenigen Akt eine Todsünde, durch den ein Mensch bewusst und frei Gott und sein Gesetz sowie den Bund der Liebe, den dieser ihm anbietet, zurückweist, indem er es vorzieht, sich selbst zuzuwenden.“ Um sicher zu gehen, dass er verstanden wird, nennt der Papst Beispiele von Todsünde und auch die nach katholischer Lehre wohlbekannten Bedingungen, dass eine so schreckliche Sünde geschehen kann: Einsicht, freier Wille, schwerwiegende Materie und die Umstände. Aber all dies bedacht gilt: Durch eine Todsünde trennt sich der Mensch von Gott und geht verloren, wenn er in dieser sündigen Verfasstheit ohne Reue stirbt.

Bedenkt man diese „Bedingungen“, versteht man aber auch: Ein Außenstehender kann das Gewicht einer sündhaften Tat immer nur mit dem Vorbehalt beurteilen: Wenn „das“ und „das“ und „das“ vorgelegen sein sollte, dann ist oder wäre diese Handlung eine Todsünde. Anders gesagt: Er weiß nicht, was wirklich war.

Dazu kommt: Auch eine an sich sündhafte Handlung wie „Lüge“ oder „jahreslanges Versäumen der hl. Messe“, kann, auch wenn sie frei und bewusst begangen wurde, je nach äußeren Umständen und Motivation beides sein, eine Todsünde oder eine „nur“ lässliche Sünde. Wie man sieht: Auf Erden kann das Gewicht einer Sünde am ehesten der Sünder selbst abschätzen, nicht ein anderer Mensch, sofern er nicht die Gnade der Seelenschau besitzt wie Padre Pio sie hat. Im Übrigen gilt: Gott allein sieht in das Herz und Gott allein richtet die Lebenden und Toten.

In seiner Enzyklika (Nr. 45) über die Hoffnung erklärt Papst Benedikt XVI., was Hölle ist und lehrt damit zugleich, angemessen von ihr zu sprechen: „Es kann Menschen geben, die in sich den Willen zur Wahrheit und die Bereitschaft zur Liebe völlig zerstört haben. Menschen, in denen alles Lüge geworden ist; Menschen, die dem Hass gelebt und die Liebe in sich zertreten haben. Dies ist ein furchtbarer Gedanke, aber manche Gestalten gerade unserer Geschichte lassen in erschreckender Weise solche Profile erkennen. Nichts mehr wäre zu heilen an solchen Menschen, die Zerstörung des Guten unwiderruflich: Das ist es, was mit dem Wort Hölle bezeichnet wird.“

Heute ist es weitverbreitet, dass man Sünde verharmlost und so tut, als gäbe es sie nur theoretisch, aber nicht wirklich, und die Hölle sei ohnehin nur eine Angst-Macherei der Kirche, um Macht zu gewinnen, Drohbotschaft im Dienst der Herrschsucht.

Die andere Gefahr besteht darin, dass man die Möglichkeit einer Todsünde lächerlich macht, indem man auch kleine Sünden Todsünde nennt ohne zu bedenken, von welch grauenhafter Realität man dabei redet: „Wenn Du mit dieser unbereuten (und nicht gebeichteten) Sünde unter ein Auto oder sonst wie ums Leben kommst, bist Du für immer verloren, kommst in die Hölle als ein von Gott „Verfluchter“.

Modern formuliert: Eine Todsünde zu begehen ist der „worst case“ einer Beziehungsstörung mit Gott, ist nicht ein Streit, sondern Scheidung, die mit dem Tod endgültig wird. Und in die Hölle kommen ist das grauenhafteste Schicksal, das man sich vorstellen kann.

Bedenkt man aber auf der einen Seite, was Todsünde und Hölle wirklich sind, und auf der Anderen, wie unmöglich es ist, von einem konkreten Menschen zu sagen, er befinde sich im „Stand der Todsünde“ und werde mehr oder weniger sicher in die Hölle kommen oder sich schon dort befinden, begreift man: Niemals hat die Kirche ein solches Urteil gefällt, sie kennt viele Heilige, aber sie sagt nicht einmal von Judas, Stalin oder Hitler, sie wüsste mit Bestimmtheit, diese seien in der Hölle. Nur Dichter wie Dante setzten konkrete Menschen „in die Hölle“, Papst Benedikt redet mit höchster Behutsamkeit von der Möglichkeit der Hölle im Gedanken an „manche Gestalten unserer Geschichte“, aber er nennt keine Namen.

Wenn all dies jetzt Ausgeführte wahr ist, dann folgt: Es ist eine ungeheurere Anmaßung, Beleidigung und Lieblosigkeit, von einem anderen Menschen zu sagen, er würde „in die Hölle kommen.“

Ein solches Urteil kann kein Mensch fällen und er darf es nicht einmal versuchen, weil ja nur im Bösen verhärtete Menschen in die Hölle kommen. Auch deswegen darf man so nicht reden, weil es nicht nur verletzend ist, sondern bei manchen Menschen auch schwere Ängste auslösen könnte. Über Todsünde, Hölle und Teufel darf man nicht leichtfertig reden, es sind geheimnisvolle Wirklichkeiten und auch das notwendige Reden über sie bedarf größter Behutsamkeit.

Gerade die Vorsicht mit dem Thema Hölle lehrt gerade auch Fatima. Denn die „Höllen-Vision“ wird gerne zitiert und es waren Kinder, denen sie zuteilwurde. Aber man beachte: Maria verspricht den Kindern zuerst den Himmel, um sie vor dem Schrecken zu schützen, um sie fähig zu machen, den Blick in die Hölle auszuhalten. Und dann redet sie wieder vom Himmel. Der Priester und Katechet muss es auch so machen: Das Thema ansprechen deswegen, weil die Kinder es sonst ungeschützt und mit Aberglauben vermengt irgendwo hören und es dann wirklich seine Ängste entfalten kann. Und dann kann und soll er richtig, behutsam so reden, dass die Kinder vor allem lernen: Ich bin geschützt, mir kann nichts passieren.

Also: Zuerst die Sicherheit: Gott liebt dich, niemand kommt in die Hölle, der es selbst nicht unbedingt will, der Teufel hat keine Macht über dich, Du bist so sicher vor Teufel und Hölle wie im Tiergarten vor dem Gitter des Löwenkäfigs…!

Und erst auf diesem Hintergrund kann und soll er den Kindern sagen: Es gibt Menschen, die sich Gott nicht unterordnen wollen, die ihn hassen und alles, was ER für sie tun will, ablehnen. Gerade die Fatima-Visionen machen nicht Angst, sondern lehren diese vorsichtige und liebevolle Art, das Thema anzusprechen.

Eigentlich sollte es auch genügen, an das Wort Jesu (Lk 6,37f) zu denken: „Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden.“ Und an seine Warnung: „Denn nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird auch euch zugeteilt werden.“


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