Maranatha – Komm, Herr Jesus, komm und mach uns neu

1. Jänner 2015 in Aktuelles


Die Silvester-Ansprache von Bischof Stefan Oster.


Passau (kath.net/Facebookseite Bischof Oster)
1. Die letzte Stunde

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,
der Text, den uns die Liturgie der Kirche heute als Lesung vorgibt, stammt aus dem ersten Johannesbrief (1 Joh 2,18-21). Dieser Brief ist entweder vom Apostel Johannes, dem Lieblingsjünger Jesu, selbst geschrieben worden oder aber von einem seiner Schüler, der sich in der Tradition des Apostels wusste. Wenn er von Johannes selbst stammt, wovon ich persönlich ausgehe, dann war dieser in jedem Fall schon recht alt, als er das geschrieben hat.

Zweimal lesen wir in diesem kurzen Abschnitt: „Es ist die letzte Stunde“. Für einen alten Mann ist das also durchaus mehrdeutig. Ist es die letzte Stunde für ihn selbst? Sicher spielt diese Erfahrung auch mit hinein. Aber der Text macht auch deutlich, dass er es für die letzte Stunde in einem religiösen Sinn hält. Da ist die Rede von einem oder mehreren Antichristen, die auftreten, und diese Rede spiegelt vor allem eine geistliche Erfahrung wider: Johannes war ein Augenzeuge Jesu, seines Lebens und Sterbens und seiner Auferstehung.

Und seit der Himmelfahrt Jesu begreift sich die christliche Gemeinde nicht nur aber auch als eine Sammlungsbewegung durch Christus und für Christus, die zugleich in der Erwartung auf den wiederkehrenden Herrn lebt. Knapp gesagt: Wir müssen uns mit Ihm verbinden, wir müssen bei Ihm bleiben, wir laden andere in diese Verbindung ein – und all das geschieht auch, damit wir bereit sind für Ihn, wenn er wiederkommt. Damit wir Ihn erkennen und Er uns. Und die Schrift erzählt nun, dass diese Sammlungsbewegung bei weitem nicht harmonisch abläuft. Im Gegenteil: Sie scheint sich je stärker zu polarisieren, je näher die Wiederkunft Jesu tatsächlich heranrückt.

Da gibt es die, die sich mit hineinnehmen lassen und die, die das eben nicht wollen oder können. Auch die Evangelien und das letzte Buch der Bibel, die geheime Offenbarung, zeichnen dieses Bild. Am Ende, wenn Jesus wiederkommt, wird dieser Wiederkunft ein Ringen, ein Kampf vorausgehen, der sich zuspitzt und immer klarere Konturen gewinnt. Sind wir für oder gegen den Jesus? Das ist offenbar die Frage der „letzten Stunde“, in der sich nun auch der alte Apostel Johannes mit seiner Gemeinde sieht. Die Dinge spitzen sich zu, es sind schon die Antichriste da, die ganz entschiedenen Gegner Jesu, die die Gemeinde bekämpfen.

Liebe Schwestern und Brüder, mir ist einmal folgendes aufgefallen: Geistlich gesprochen findet sich eine solche oder ähnliche Zustandsbeschreibung wie bei Johannes ebenfalls fast überall und auch zu jeder Zeit dort, wo ein Mensch wirklich in die Tiefe des Glaubens findet. Mir ist das jedenfalls regelmäßig dort aufgefallen, wo ich Menschen persönlich oder etwa durch ihre Bücher begegnet bin, die große geistliche Tiefe hatten. Menschen, die in eine intensive Form der Innerlichkeit gefunden haben, die vom Herzen her verstehen gelernt haben, dass Christus ihr echter, ihr tragfähigster, ihr eigentlicher Halt ist, solche Menschen fangen sehr häufig an, ihre jeweils eigene Zeit und ihre Gesellschaft als brüchig, als krisenhaft, als zu Ende gehend wahrzunehmen.

Oder als nichtig, als eitel oder in Gegnerschaft. Denn es stimmt ja: aus der Perspektive dieser inneren Erfahrung und im Vergleich dazu wird nichts in dieser Welt Bestand haben, alles vergeht, Gott allein bleibt, sein Wort, seine Gegenwart in uns. Und die Erfahrung, dass der Widerstand größer wird, ist ebenfalls eine, die mit einem je tieferen geistlichen Blick deutlicher wird und klarere Konturen gewinnt. Und Menschen, die sich im Herzen für Christus entschieden haben, sind dann auch Menschen, die tatsächlich mit seiner Wiederkunft rechnen, die sie herbei sehnen – gerade weil sie die Welt um sich auch so sehr in Kontrast zu Ihm und seinem Reich wahrnehmen.

2. Komm, Herr und schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde.

Und nun möchte ich einmal aus der Perspektive einer geschlagenen Welt sprechen. Wir haben es in der Jahres-Rückschau eingangs schon gehört: Für religiös und politisch Verfolgte im Nahen Osten, für Opfer der Ebola-Krise in Westafrika, für Kriegsopfer in der Ukraine und anderswo, für Flüchtlinge überall auf der Welt, für ausgebeutete Menschen, besonders Frauen, Kinder und Jugendliche, für Sterbenskranke, für Opfer von Katastrophen und viele mehr – für sie alle und mit ihnen rufe ich von Herzen gern und leidenschaftlich den Ruf der Kirche durch die Zeit: Maranatha, komm, Herr Jesus. Komm endlich und räum auf mit diesem ganzen Saustall, mit dieser schreienden Ungerechtigkeit in der Welt, mit so viel sinnlosem Leid unter den Menschen, das wir nicht verstehen. Bitte komm und schaff Abhilfe, schaff Gerechtigkeit. Schenke uns endlich den von Dir verheißenen neuen Himmel und die neue Erde.

Liebe Schwestern und Brüder, wir alle, die wir hier sind, bekennen regelmäßig im Credo unserer Kirche, dass auch wir an die Wiederkunft unseres Herrn glauben. Meine Frage zum Ende dieses Jahres an uns alle, gleichsam in der letzten Stunde? Glauben wir das wirklich? Und selbst wenn: Wollen wir es? Wollen wir dass der Herr wiederkommt und die Welt richtet? Und zwar nicht nur dort, an den schlimmen Krisenherden, die ich aufgezählt habe, sondern auch hier, ganz konkret in Passau, in unserem Bistum, in mein eigenes mehr oder weniger gläubiges Leben? Bete ich wirklich: Komm, Herr Jesus? Und zwar so, dass es verbunden ist mit dem Bewusstsein, dass er eben tatsächlich als Richter kommen wird?

Ja, Jesus ist der Liebende schlechthin, unser Bruder, unser Freund, das Kind in der Krippe. Aber wenn er wiederkommt, kommt er auch in der Herrlichkeit des Himmels, kommt er direkt vom Vater, in all seiner Majestät und Herrlichkeit. Wollen wir das? Hielten wir es aus? Wir deuten ja das Wort vom Richter gerne als von einem, der etwas richtet, so wie ein Fahrzeug gerichtet wird, wieder ganz gemacht wird. Ja, das stimmt auch, Jesus wird die Welt wieder herrichten. Er wird einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen.

3. Der majestätische Richter, der unser Heil will.

Aber das ist nur die eine Seite des Richtens: Jesus will zweitens auch in mir neuen Himmel und neue Erde schaffen, er will auch meine Seele heilen, mein Herz reinigen von allem Unglauben, von aller Lieblosigkeit, von mangelndem Vertrauen, von Neid, von zu viel Ehrgeiz, von Egoismen und Süchten aller Art, von Stolz und Habgier, von meinen Lästereien und Streitereien, von meinen depressiven und negativen Gedanken. Er will heilen, aber diese Heilung geht nicht ohne Begegnung mit Ihm, nicht ohne die Sünde beim Namen zu nennen, nicht ohne den überführenden Blick der Wahrheit auf die Lüge in mir. Liebe Schwestern und Brüder: will ich das wirklich? Würde ich es aushalten? Ihn, wenn er kommt und mich voller Liebe ansieht, mir ins Herz sieht?

Mit einer Liebe, die alles sieht, was gut an mir ist, was er an mir gut gemacht hat und wachsen ließ, aber auch mit einer Liebe, die voller Wahrheit ist und jeden Gedanken und jede Herzensregung kennt und überführt, zum Beispiel diejenige, die eben nicht gut ist, die nicht wahrhaftig, die zum Beispiel einfach nur egoistisch oder gehässig oder verlogen ist? Er sieht alles, in seiner Majestät und mit dem Blick der Liebe. Liebe Schwestern und Brüder, wenn ich mir das ernsthaft vorstelle, dann kommt in mir das Bedürfnis hoch: Ja, ok, ich möchte schon mal darüber sprechen, aber am liebsten erst mal mit einem wie Du und ich, mit einem, der auch ein Mensch ist mit seinen Fehlern und Schatten, mit einem Durchschnittsmenschen eben. Aber doch nicht mit dem Herrn der Herrlichkeit, der mich durch und durch erkennt. Das wäre mir entschieden zu viel. Das will ich nicht aushalten.

Diese Seite gibt es in mir. Es gibt dazu eine Szene im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung. Dieses Buch schreibt die Tradition ebenfalls dem alten Johannes zu, dem Autor von unserem Brief von heute. Dieser Johannes, der ehemalige Lieblingsjünger, ist als alter Mann auf Patmos in der Verbannung. Er hat eine Vision: er wird vom Geist in eine Art Tempel entrückt und nun beschreibt er, wie er darin Jesus sieht in seiner vollen Herrlichkeit und Majestät: Einer, der wie ein Mensch aussah, heißt es, im weißen, langen, priesterlichen Gewand, um die Brust einen Gürtel aus Gold. Sein Haupt und seine Haare leuchten wie glänzender Schnee, seine Augen wie Feuerflammen, seine Beine glänzen wie glühendes Golderz, seine Stimme klingt wie das Rauschen von Wassermassen. Sein Gesicht leuchtet wie die Sonne, seine Worte sind wie ein scharfes, zweischneidiges Schwert.

So beschreibt der Visionär diese Szene und er kommt nicht auf die Idee, Jesus erst einmal freundlich zu begrüßen, er scheint auch nicht einfach froh darüber, ihn nach langer Zeit endlich mal wieder persönlich zu sehen, wo er doch drei Jahre mit ihm engst befreundet auf der Erde verbracht hat. Nein, er beschreibt vielmehr: „Ich fiel vor ihm wie tot zu Boden“ Liebe Schwestern und Brüder im Glauben. Wollen wir dem begegnen, vor dem wir dann wie tot zu Boden fallen, angesichts seiner Majestät und angesichts unserer Scham vor Ihm? Ich sag es ehrlich, es gibt diese Seite in mir, die will es nicht.

Aber es gibt auch die andere Seite, die Seite der Sehnsucht, die Seite, die endlich die Fülle will, die endlich Wahrheit und Liebe in ihrer Ganzheit erfahren, erleben und sehen will und nicht nur wie in dieser Welt – wo wir Wahrheit und Liebe vielleicht eher wie in den Scherben eines zerbrochenen Spiegels sehen, aber eben nicht voll und ganz. Danach sehne ich mich für mein Herz, für meine Seele.
Und kennen Sie dieses Gefühl aus folgendem Beispiel: Es gibt irgendetwas, was Sie bedrückt in Ihrem Leben, Sie haben irgendeinen Fehler gemacht, haben vielleicht jemanden verletzt, den Sie gern haben. Sie sorgen sich darum, die Beziehung beeinträchtig zu haben. Sie schämen sich zwar, aber es gibt da ein Drängen, das so schnell wie möglich reinen Tisch machen, das so bald als möglich die alte Harmonie wieder herstellen will.

Liebe Schwestern und Brüder, diese Seite gibt es auch in mir und ich glaube auch in uns allen. Ich habe zwar einerseits eine Riesen-Ehrfurcht vor der Begegnung mit dem König. Aber andererseits auch eine ungeheure Sehnsucht danach, in seiner Gegenwart und durch Ihn endlich die Fülle von allem schauen zu dürfen, wonach ich mich immer gesehnt habe. Ich bin ja sicher: Wenn irgendjemand diese Sehnsucht nach mehr stillen kann, dann nur er. Und ich möchte, dass all das Ungute in mir am liebsten gleich bereinigt wird, möchte es am liebsten alles auf einen Schlag hinhalten, damit er es wegnimmt. Ich glaube, dass er auch der Arzt ist, der mir gut will, selbst dann, wenn er eine Operation an mir durchführen muss, damit ich heil werde. Die Operation wird womöglich wehtun, aber ich bin guter Dinge, dass ich da mit seiner Hilfe gut durch komme. Das ist die andere Seite, die Sehnsuchtsseite in mir und uns. Und ich hoffe und bete, dass sie immer mehr überwiegt, damit wir vollen Herzens mit der Kirche aller Zeiten rufen kann: Komm, Herr Jesus, komm.

4. Die Kirche: Endzeit oder Spätzeit?

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben, auch wir hier im Bistum Passau leben in der letzten Stunde oder in der Endzeit, wie es der Hebräerbrief ausdrückt. Wir leben deshalb in der Endzeit, weil wir in Christus, seinem Leben, Sterben und Auferstehen das letzte Wort, das tiefste Wort schon empfangen haben, das Gott uns zu sagen hatte. In Christus hat er uns alles gesagt. Seit Pfingsten vor 2000 Jahren ist nach Ansicht der Hl. Schrift die Endzeit angebrochen. Jetzt gilt es für die Kirche, diese Erfahrung mit dem gegenwärtigen Jesus immer neu zu erinnern, zu vertiefen, und in unserem Leben, in unserem Denken, Sprechen und Handeln zu bezeugen. Und seither gilt es, dem wiederkommenden Christus entgegen zu gehen und sein Kommen zu erbeten. Seither aber scheiden sich an Ihm die Geister und wenn die Schrift Recht behält, werden sie sich immer ausdrücklicher an Ihm scheiden. Wohin gehen wir in diesem Prozess von Sammlung und Scheidung?

Vorgestern habe ich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen großen Bericht gelesen, eine Diagnose über die Kirche in Deutschland. Die These war, in Deutschland würde man inzwischen in der Spätzeit des Christentums leben. Also nicht in der theologischen Endzeit, sondern immerhin in der soziologisch feststellbaren Spätzeit. Der Autor beschrieb, das mit der Kirche sei ähnlich wie mit dem Kommunismus in der DDR vor dem Fall der Mauer: Außen schöne Fassaden, derzeit noch viel Kirchensteuereinnahmen, zahlreiche funktionierende Betriebe, von innen aber kaum noch Überzeugung, z.B. kaum noch Glaube an die Auferstehung, kaum noch Glaube an Christus als dem wirklichen Erlöser der Menschen.

Weiter sagte der Autor, die letzte noch christlich sozialisierte Generation würde bald ausscheiden, spätestens 2030 würden die äußeren Fassaden samt ihren Strukturen zusammenbrechen, die Kirchensteuer abgeschafft und danach bleibe eine Gemeinde zurück, die zahlenmäßig nicht größer sein werde als die der Zeugen Jehovas. 2030 das wäre bald, liebe Schwestern und Brüder. Und was machen wir dann, sollte der Autor Recht haben, mit unseren Kirchen, oder zum Beispiel mit unserem Dom hier, der allein zur Ehre Gottes erbaut wurde? Machen wir daraus ein kulturhistorisch bedeutsames Museum?

5. Was wir brauchen: Neue Leidenschaft für den Herrn.

Nein, liebe Schwestern und Brüder, ich bin nicht gewillt, die Sammlungsbewegung der Kirche aufzugeben. Ich bin zwar überzeugt, dass wir den großen, gesamtgesellschaftlichen Prozess des schleichenden Glaubensverlustes nicht aufhalten können. Aber ich bin überzeugt, dass uns der Heilige Geist helfen wird, neue Leidenschaft für Christus zu wecken. Ich bin überzeugt, dass er uns Wege zeigen wird, wie wir unseren Herrn wieder tiefer kennen lernen und ins Herz schließen können, wie wir geistliche Erfahrungen machen können, die uns neu helfen, in den Glauben zu finden.

Vor gut einer Woche waren hier im Dom bei dem Abendgebet Nightfever 2000 Menschen, darunter auch ganz viele junge Menschen, die ihre Anliegen und Nöte vor das ausgesetzte Allerheiligste hingelegt haben. Nochmal zwei Wochen davor waren hier ebenso viele Menschen bei der Nacht der Lichter im Dom. Die Sehnsucht ist da. Lassen Sie uns die Menschen gemeinsam dort abholen, wo sie stehen und lassen Sie sie uns dorthin mitnehmen, wo wir selbst Berührte sind, wo wir selbst schon Bekanntschaft mit Christus gemacht haben.

Vielleicht fehlt es uns an Menschen, die brennen für Christus und die davon wirklich erzählen können. Oder vielleicht fehlen gar nicht so sehr die Menschen, vielleicht fehlt es eher an Mut und mangelnder Erfahrung, wirklich wieder voller Begeisterung die Fülle unserer Glaubensüberlieferung aufzuschließen, daraus zu schöpfen und sie weiterzugeben. Vielleicht verzetteln wir uns in kirchenpolitischen Graben- und Nebenkämpfen, die gar nicht unsere Hauptthemen sind.

Aber vor lauter Diskussion um Nebenthemen schauen wir gar nicht mehr mit ganzem Herzen ins Herz der Kirche, auf den an Weihnachten geborenen und an Ostern auferstandenen Christus. Vielleicht fehlt es an Mut und Möglichkeit, einen ausdrücklichen Weg des geistlichen Lebens einzuschlagen, einen Weg, auf dem wir miteinander lernen, wie das geht, dem Herrn neu zu begegnen, in seinem Wort, in authentischer geistlicher Erfahrung. Was gefragt ist, sind echte Lehrer des Gebets, die uns helfen, unsere Beziehung mit Christus täglich zu leben und zu vertiefen. Was gefragt ist, sind leidenschaftlicher Ausleger des Wortes Gottes, die das Wort selbst gleichsam inhaliert, in sich aufgenommen haben und nun so verkünden können, dass es uns ins Herz trifft und nährt.

Was gefragt ist, sind Orte, an denen Beter, Anbeter schlicht deshalb da sind, weil sie glauben, dass Christus und der Vater aller Verehrung wert sind. Und das sind dann Orte, wo wiederum andere sich getragen fühlen und mitgetragen werden, weil sie in eine Atmosphäre eintreten, in der man Gott kennt und wirklich als Gott verehrt. Und aus solchen Erfahrungen schließen sich uns dann auch all die anderen Dinge neu auf, die wir schon an unfassbar Kostbarem haben und pflegen in unseren Pfarreien, in unserem Bistum: das Geheimnis der Eucharistie, das Geheimnis des Sakraments der Vergebung, die Sinntiefe unserer Taufe und Firmung und vieles, vieles Kostbare mehr.

Liebe Schwestern und Brüder, unser kostbarster Schatz im Acker in der Kirche ist kein Gegenstand, unser kostbarster Schatz im Acker ist eine Gegenwart, es ist die Gegenwart Jesu und seines Geistes. Aber manchmal scheint mir, wir laufen ein wenig blind auf dem Acker herum, nicht genau wissend, wohin, anstatt dass wir tatkräftig und zielstrebig einen Spaten in die Hand nehmen und in die Tiefe graben, voller Vertrauen, dass wir in der Tiefe der Kirche und in der Tiefe unserer eigenen Herzen dem begegnen, der uns wirklich erfrischen will und der uns unsere Last, unser Kreuz mit tragen will. Wir werden dort dem begegnen, der zwar der unfassbar Majestätische ist, der aber für uns so klein geworden ist wie das Kind von Betlehem, damit wir allmählich immer besser lernen, Ihn auszuhalten, uns an Ihm zu freuen, Ihm entgegen zu gehen, Ihn flehentlich zu erwarten. Er will kommen, immerfort, er will zuerst immerfort in unserer Seele ankommen, ehe Er in seiner Herrlichkeit wiederkommen wird.

An uns ist es, in die Tiefe zu finden und uns neu zu öffnen. Als einzelne und als Gemeinschaft. Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir neu dorthin finden, zu dem, was in uns und unter uns schon wirklich da ist, was real präsent ist, wie wir zum Geheimnis der Eucharistie sagen, wenn wir das von Herzen neu entdecken, dann ist mir gar nicht bange um die Kirche von Passau, dann werden wir vielleicht insgesamt nicht mehr werden, aber wir werden neu, wir werden tiefer, lebendiger, voller Glauben und voller Leben. Und wir werden anziehend für unseren Herrn, der uns als Kirche als seine Braut liebt. Und wir werden ohne Angst und voller Zuversicht rufen können, wie es die Kirche seit 2000 Jahren aus der Tiefe tut: Maranatha – Komm, Herr Jesus, komm und mach uns neu.

Amen.

Foto: (C) Bistum Passau


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