Mysterium der Anbetung: 'In der Tiefe dem Herrn wirklich begegnen'

22. Dezember 2014 in Spirituelles


„Ich träume davon, dass es in Passau viele Menschen gibt, die wirkliche Anbeter sind oder noch werden“, sagte der Passauer Bischof Stefan Oster bei seiner Predigt anlässlich des ersten Nightfeverabends im Passauer Dom.


Passau (kath.net/Facebookseite Bischof Oster/pl) „Die Atmosphäre, die von hier heute Abend ausgeht, kann unser Herz neu öffnen für das Mysterium der Anbetung. Ich bin überzeugt, liebe Schwestern und Brüder, dass wir Menschen dann in der Tiefe wir selbst werden und voller Freude werden, wenn unser Herz grundsätzlich ein anbetendes Herz ist. Ein Herz, das weiß, zu wem es gehört und wem es sich restlos anvertrauen kann. Wenn wir immer neu in diese Dimension hineinfinden, dann wächst Glaube, dann wächst Vertrauen, dann wächst echte Gemeinschaft und Geschwisterlichkeit neu unter uns.“ Dies sagte der Passauer Bischof Stefan Oster bei seiner Predigt anlässlich des ersten Nightfever-Abends im Passauer Dom. Am Ende der Predigt sprach Oster von einem Herzenswunsch, den er für Stadt und Bistum Passau hegt. Insgesamt besuchten nach Angaben des Bistums rund 2.000 Menschen den Dom im Rahmen des Nightfevers.

Nightfever-Abende sind kirchliche Veranstaltungen, bei denen Passanten auf der Straße angesprochen und zum Entzünden einer Kerze in der Kirche eingeladen werden. In der Kirche finden sie das ausgesetzte Allerheiligste vor und viele betende Menschen, kath.net hat berichtet. Zur Initialzündung zu Nightfever war es infolge der Erfahrungen des Weltjugendtages 2005 in Köln gekommen, die Abende erfreuen sich großer Beliebtheit und zählen zu den Hoffnungsträgern der Neuevangelisierung.

kath.net dokumentiert die Predigt des Passauer Bischofs Stefan Oster beim ersten Nightfever im Passauer Dom in voller Länge:

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben, liebe Freunde von Nightfever,
wir haben in der ersten Lesung einen berühmten Text aus dem Alten Testament gehört. König David hatte das Heiligtum Israels nach Jerusalem bringen lassen, nämlich die Bundeslade mit den Gesetzestafeln vom Sinai. Die Lade ist in einem Zelt und David hatte dafür gesorgt, dass beim Zelt ununterbrochen, Tag und Nacht, Menschen sind und beten und den Lobpreis Gottes singen. Und er macht sich nun zusammen mit dem Propheten Natan Gedanken darüber, ob man für diese Lade ein richtiges Haus bauen soll. Um es recht zu verstehen: die Lade ist das Heiligtum dieses Volkes. Es enthält den Kern dessen, was dieses Volk ausmacht. Hier wird die Identität des Volkes anschaubar, hier spürt das Volk, hier wird greifbar, wer sie sind: „Ja, wir sind dieses Volk, mit dem Gott seinen Bund geschlossen hat. Hier erkennen wir immer neu, dass Gott da ist, unter uns ist, dass er uns nicht allein lässt. Hierher müssen wir immer wieder zurück kommen, aus alledem im Alltag, was wir nicht verstehen, aus alledem, was uns den Sinn und die Augen verstellt für Gottes Gegenwart. Aus alledem, wo wir Gott gerade nicht erkennen und sehen.“ Aber hier, hier ist die Lade, hier verdichtet sich, wer und was dieses Volk ist! Eben Volk eines Gottes, der mitten unter ihnen wohnt. Und der gute David, der große König, der ein einfacher Hirtenbub war und jetzt alle wichtigen Feldzüge gewonnen hat, der seinem Volk Frieden verschafft hat, der möchte jetzt auch diesem Gott, der mit ihnen unterwegs war und ist, ein prächtiges Haus bauen, einen Tempel. „Es geht doch nicht“, spürt er, „dass ich, der König, in einem so wunderbaren Haus wohne, aber unser Gott in sein Heiligtum wohnt nur in einem Zelt.“

Das also bespricht er mit Natan, dem Propheten. Und der Prophet ist grundsätzlich mit dieser Idee einverstanden, aber er bekommt in der Nacht ein Wort des Herrn, das er wiederum David bringen soll. Gott sagt zu David: „Nicht Du baust mir ein Haus, ich baue Dir eines.“ Und ich interpretiere dieses Wort ein wenig. Gott sagt damit etwa Folgendes: „Ich baue Dir dieses Haus anders als Du es selbst verstehst. Es geht nämlich um das ‚Haus David’, es geht um Deine Familie, um Dein Geschlecht. Es geht um die Menschen, die mit Dir verwandt sind und verwandt sein werden. Dieses Haus aus lebendigen Menschen wird immer Bestand haben.“ Das ist die Zusage Gottes an David.

Und Gott sagt ihm zu: „Es wird so Bestand haben, dass einer aus diesem Haus, einer Deiner Nachfahren, der König, der Messias sein wird. Er wird aus Dir, David, und Deiner Familie hervorgehen und er wird in Ewigkeit herrschen. Er wird Deinem Königtum einen neuen Sinn geben und Deinem Haus. Er wird die Familie, um die es geht, neu sammeln, er wird ein König sein für alle Menschen.“ Gott sagt wörtlich im Text: „Ich will für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein“.

Das ist also diese Verheißung an David und im Evangelium haben wir gewissermaßen die Erfüllung dieser Verheißung gehört. Der Engel Gabriel kündet Maria die Geburt Jesu an und sagt wieder wörtlich: „Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.“

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben, die Sie heute Abend hier sind: Wir kennen und wissen etwas, was David der große Verheißungsträger noch nicht gewusst hat: Wir kennen diesen König, wir kennen Jesus, wir haben von ihm gehört, wir sind auf ihn getauft. Wir sind in die neue Familie hineingenommen, in die Jesus-Familie. Und nun kommen auch wir hierher um ihn anzubeten.

Heute Abend wird hier auf dem Altar gleichsam die erneuerte Bundeslade stehen: das eucharistische Brot, das Zeichen der absoluten Liebe Gottes. Es ist das Zeichen seiner Gegenwart und das Zeichen dafür, wie unser König die Welt regiert und seine Familie leitet. Er regiert durch Liebe, er regiert dadurch, dass er sich verzehren lässt. Er regiert dadurch, dass er sich Tag für Tag jedem von uns neu schenken will. Er regiert durch Vergeben und Verzeihen. Und das, obwohl er der Große, der Majestätische, der Allmächtige, der Unfassbare, der Weltenlenker bleibt. Aber sein Weg ist: Liebe.

Liebe Schwestern und Brüder, ich freue mich sehr, dass wir heute Abend hier sind, zusammen mit vielen Helferinnen und Helfern von Nightfever und von überwiegend jungen Leuten aus unserem Bistum, die sich zusammengefunden haben, um das zu ermöglichen: das Kirchliche Jugendbüro macht mit, die Katholische Studentengemeinde, die Jugend 2000, die Charismatische Erneuerung, das Haus St. Max und die Gemeinschaft Emmanuel. Von Herzen Dank dafür. Und wenn wir uns im Licht der Texte des Alten und Neuen Testaments fragen, was machen wir hier eigentlich? Dann können wir antworten: „Wir ziehen zum Haus des Herrn, um ihn anzubeten.“ Wir haben unserem Gott ein großartiges Haus hier in Passau gebaut, wir dürfen im Glauben voller Gewissheit sein, dass er hier wohnt und wir kommen auch hierher, um uns in unserer innersten Identität stärken zu lassen, in unserer Gewissheit, dass er wirklich hier ist.

Hier im Zeichen des Brotes, im Zeichen der eucharistischen Gegenwart, hier kommt zum Ausdruck, wer unser Gott für uns ist. Und hier können wir selbst immer neu erfahren - wenn wir uns berühren lassen – wie wir uns neu zu Ihm verhalten können. Wir wissen, dass Er derjenige ist, der aller Anbetung, allen Lobpreises würdig ist.

Aber unser Herz ist oft genug nicht offen und bereit dafür. Die Atmosphäre, die von hier heute Abend ausgeht, kann unser Herz neu öffnen für das Mysterium der Anbetung. Ich bin überzeugt, liebe Schwestern und Brüder, dass wir Menschen dann in der Tiefe wir selbst werden und voller Freude werden, wenn unser Herz grundsätzlich ein anbetendes Herz ist. Ein Herz, das weiß, zu wem es gehört und wem es sich restlos anvertrauen kann. Wenn wir immer neu in diese Dimension hineinfinden, dann wächst Glaube, dann wächst Vertrauen, dann wächst echte Gemeinschaft und Geschwisterlichkeit neu unter uns.

Und Ihr alle wisst, dass man in der Regel leichter ins Beten kommt, dass man leichter sein Herz öffnen kann, wenn andere Menschen da sind, die ähnlich gestimmt sind. Gebet braucht Beter, Anbetung braucht Anbeter und durch viele Menschen, die wissen zu wem sie gehören, entsteht eine Atmosphäre, in die wieder andere hineinfinden und selbst erfahren können, was es bedeutet in ein inneres, ein tiefes Verhältnis zu unserem König zu kommen. Zum König der Herzen, der nicht anders kann als in Liebe zu regieren. Er zwingt nie, aber er ist immer da und lädt ein. Seien wir heute Abend einladend miteinander und füreinander und für andere. Und lassen wir uns wie der Prophet Natan in der Nacht, heute Nacht von neuem eine Vision dafür geben, wie das Haus Gottes auch durch unser Mitwirken neu aufgebaut werden kann.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus: Ich habe einen Traum, den ich abschließend gerne erzählen möchte. Ich träume davon, dass es in Passau viele Menschen gibt, die wirkliche Anbeter sind oder noch werden. Ich träume davon, dass zum Beispiel hier auf dem Domplatz eine Atmosphäre wächst, entsteht, in der es selbstverständlich wird, dass Christus immerzu verherrlicht und angebetet wird. Weil die Menschen wissen, zu wem sie gehören und wem sie ihren Lobpreis bringen möchten. Ich träume davon, dass hier, wo so viele Touristen herkommen, auch für Menschen von außen intensiv spürbar wird, dass sie in eine Atmosphäre der Verehrung unseres Königs eintreten. Einfach weil sich hier immerzu Menschen aufhalten, die wissen, zu wem sie gehören. Ich träume davon, dass hier Räume entstehen, an denen Menschen üben und lernen, wie das geht: Gott im Lobpreis zu verherrlichen. Ich träume davon, dass Räume entstehen, wo wir uns miteinander neu die Hl. Schrift erschließen, wo wir wirklich lernen, mit Gottes Wort zu leben und durch unseren Tag zu gehen in beständiger innerer Verbindung mit Ihm. Ich träume davon, dass dann von denen, die hier in der Tiefe dem Herrn wirklich begegnen, auch neue Initiativen der Nächstenliebe ausgehen. Initiativen, die sehr klar und tief davon erfüllt sind, dass ihr Liebesdienst erfahrbar machen will, dass er von Christus kommt und zu Christus hinführt. Kurz: Ich träume von einem kraftvollen Zeugnis für Jesus für unsere Stadt und für unser Bistum. Auf dass Menschen wirklich Berührung erfahren für ihr Herz, Heilung für ihre Seele und Freude für ihr Leben, weil sie wissen und erfahren haben, dass sie mit Christus zum König der Herrlichkeit gehören, zum Haus Davids, das nie mehr untergehen wird.

Es gibt schon so viele gute Initiativen im Bistum, es gibt schon viel und tiefen Glauben in unseren Pfarreien und Einrichtungen. Aber es gibt auch – sagen wir es ehrlich - Müdigkeit, Rückgang und Resignation. Ich lade Sie alle an diesem Vorabend von Weihnachten ein: Lassen Sie sich unseren Herrn von Maria seiner Mutter wirklich neu ans Herz und ins Herz hinein legen. Und wagen wir miteinander beherzte, mutige Schritte des Aufbruchs – und nehmen wir viele mit hin zu Ihm. Denn er ist unser König. Amen.

Videoeindrücke vom ersten Nightfever in Passau


Nightfever Paderborn


Eucharistischer Kongress 2013: Nightfever. Menschen im persönlichen Gebet vor Jesus Christus im allerheiligsten Sakrament – Anbetungsmusik


Foto Bischof Oster (c) Legionäre Christi


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