Die Lage in Jerusalem ist sehr angespannt

31. Oktober 2014 in Chronik


Israel-Experte: Muslimischen Forderungen nicht nachgeben


Jerusalem (kath.net/idea) Nach dem Mordanschlag auf den Rabbiner Yehuda Glick am 29. Oktober in Jerusalem bezeichnet der Israelexperte des Christlichen Medienverbundes KEP, Johannes Gerloff (Jerusalem), die Situation in der israelischen Hauptstadt als „sehr angespannt“. Seit Tagen liefern sich Palästinenser Straßenschlachten mit der israelischen Polizei, werfen Steine und Molotowcocktails auf Busse, Straßenbahnen und öffentliche Einrichtungen. Auch in der Altstadt um den Tempelberg kommt es regelmäßig zu Krawallen. Seit dem Anschlag auf Glick ist der Tempelberg auf unbestimmte Zeit abgeriegelt. Dies gilt nicht nur für Muslime, sondern auch für Juden – eine Forderung, die immer wieder von muslimischer Seite erhoben worden ist. Die Polizei sei auf Ruhe und Frieden um jeden Preis bedacht, erklärt Gerloff. Dies bedeute, das Recht der Juden, auf dem Tempelberg zu beten, einzuschränken. Dadurch befriede man die Situation aber nicht: „Wenn man solchen muslimischen Forderungen nachgibt, gibt es in Zukunft nur noch mehr Forderungen.“ Jede Maßnahme müsse die Verbindung des jüdischen Volkes zum Tempelberg anerkennen. Der Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, nannte die Schließung des Tempelbergs für Muslime „eine Kriegserklärung gegen das palästinensische Volk und ihre Heiligen Stätten ebenso wie gegen die gesamte arabische und islamische Nation“.

Kein Zusammenhang zwischen Siedlungen und Gewalt

Von einer dritten Intifada (Palästinenseraufstand) möchte Gerloff nicht sprechen. „So etwas kann man immer erst im Nachhinein bewerten“, sagte er der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Den von westlichen Politikern hergestellten Zusammenhang zwischen der Ankündigung der israelischen Regierung, Stadtteile im Osten Jerusalems weiter ausbauen zu wollen, und dem Ausbruch der Gewalt sieht Gerloff nicht: „Es gibt Kräfte in der israelischen Friedensbewegung, die aus dem geplanten Siedlungsausbau politisches Kapital schlagen wollen.“ Die internationale Staatengemeinschaft greife solche Vorwürfe dann nur allzu gern auf. Die Gewalt war eskaliert, als ein palästinensischer Terrorist am 22. Oktober mit seinem Auto gezielt in eine Straßenbahnhaltestelle fuhr und dabei zwei Menschen tötete. Zu den Gründen für die wieder aufgeflammte Aggression meint Gerloff: „Der Hass der Araber auf das jüdische Volk ist allgegenwärtig. In palästinensischen Städten wie Ramallah wird der Judenhass derzeit zum Beispiel dadurch angeheizt, dass Hitlers Pamphlet ‚Mein Kampf’ neu aufgelegt und in Büchergeschäften verkauft wird.“ Gleichzeitig dürfe man aber nicht vergessen, dass weiterhin täglich Tausende Palästinenser in Israel arbeiten: „Das Zusammenleben geht trotz der Gewalt weiter; das ist das Bemerkenswerte.“

Schweden erkennt Staat Palästina an

Unterdessen hat die schwedische Regierung angekündigt, Palästina als Staat anerkennen zu wollen. Abbas lobte die Entscheidung als „mutigen und historischen Schritt“ und sieht darin eine Reaktion auf die Gewalt der letzten Tage. Schweden ist der erste größere EU-Staat, der einen solchen Schritt vollzieht. Bisher anerkennen nur Malta und Zypern, Tschechien, Rumänien, Bulgarien, die Slowakei und Ungarn einen Staat Palästina in den Grenzen von 1967. Gemäß dieser Grenzziehung würde auch die gesamte Altstadt Jerusalems, ebenso wie der Tempelberg mit der Klagemauer an die Palästinenser fallen.


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