Verschleppter Priester in Syrien soll vor islamisches Gericht

12. Oktober 2014 in Weltkirche


Das Tribunal wolle «den Vorwurf der Kollaboration mit dem Assad-Regime» prüfen.


Rom (kath.net/KNA) Der in Syrien verschleppte und am Donnerstag wieder freigelassene Franziskanerpater Hanna Jallouf (Foto) muss sich möglicherweise einem islamischen Gericht stellen. Das Tribunal wolle «den Vorwurf der Kollaboration mit dem Assad-Regime» prüfen, sagte der für die katholischen Stätten im Heiligen Land verantwortliche Franziskanerkustos Pierbattista Pizzaballa dem italienischen Sender TV2000 (Freitag).

Pizzaballa sprach von einer «teilweisen Freilassung». Jallouf befinde sich in seinem Kloster im nordwestsyrischen Ort Knayeh (Qunaya) «in einer Art Hausarrest». Die Machthaber in der Region, die «als Terroristen bezeichnet und betrachtet» würden, hätten eigene staatliche Strukturen errichtet. «Sie haben ihre eigenen Tribunale, die natürlich islamisch sind. Für sie war es keine Entführung, sondern eine Festnahme», sagte Pizzaballa. Es gehe um die Prüfung der Loyalität.

Zu den Umständen der Befreiung machte der Franziskanerkustos keine näheren Angaben. Jallouf sei wohlauf und in der Geiselhaft gut behandelt worden. Von den mit ihm verschleppten 20 Pfarreiangehörigen seien «fast alle bis auf vier oder fünf» freigelassen worden.

Jallouf, Mitarbeiter der Franziskanerkustodie, war am Sonntag mit mehreren weiteren Personen in Knayeh unweit der türkischen Grenze gekidnappt worden. Als Täter gelten Milizen, die der islamistischen Al-Nusra-Front nahestehen. Der vatikanische Pressedienst Fides berichtete später unter Berufung auf örtliche Christen, Jallouf habe sich wenige Tage vor der Entführung an ein islamisches Gericht gewandt, um Übergriffe islamistischer Rebellen anzuzeigen.

Das Dorf Knayeh wird vorwiegend von Christen bewohnt. Die Franziskaner sind dort seit 1878 tätig. Neben einem Kloster errichteten sie unter anderem ein Krankenhaus und die erste arabische Schule in Nordwestsyrien. Im Januar 2013 wurden Knayeh und benachbarte Dörfer von Rebellen eingenommen.

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