Ein Volk, das die alten Menschen nicht ehrt, hat keine Zukunft

28. September 2014 in Aktuelles


Franziskus feiert zusammen mit Benedikt XVI. das ‚Fest der alten Menschen’. Ein Volk hat keine Zukunft, wenn die Kinder nicht mit Dankbarkeit den Staffelstab des Lebens aus der Hand ihrer Eltern ergreifen. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Fest der alten Menschen und Großeltern zusammen mit Papst Franziskus in Anwesenheit Benedikts XVI. Nach dem Fest grüßte der Papst Benedikt XVI. herzlich und erinnerte daran, dass er bereits mehrmals gesagt habe, dass er froh sei, den emeritierten Papst als einen „weisen Großvater“ im Vatikan zu haben. Vor Beginn der anschließenden Messe verließ Benedikt XVI. den Petersplatz wieder, wie zuvor angekündigt.

In seiner Ansprache vor den rund 40.000 Senioren aus zwanzig Ländern verurteilte Franziskus die moderne Wegwerfkultur, die sowohl Kinder als auch junge Menschen ohne Arbeit und vor allem die alten Menschen aussondert. Der Papst warnte: ein Volk, das seine alten Menschen nicht ehrt, „hat keine Zukunft, da es das Gedächtnis verliert und seine Wurzeln ausreißt“.

Nach dem Fest feierte der Papst die heilige Messe auf dem Sagrato der Petersbasilika:
„Das Evangelium, das wir gehört haben, wollen wir heute als Frohe Botschaft der Begegnung von Jung und Alt aufnehmen: einer Begegnung, die von Freude, von Glaube und Hoffnung erfüllt ist. Maria ist jung, sehr jung. Elisabeth ist in vorgerücktem Alter, aber an ihr hat sich das Erbarmen Gottes gezeigt. Seit sechs Monaten erwartet sie gemeinsam mit ihrem Gatten Zacharias ein Kind“.

Maria zeige uns auch in diesem Zusammenhang den Weg: „Sie sucht die betagte Verwandte auf, sie will bei ihr sein, sicher um ihr zu helfen, aber auch und vor allem, um von ihr, der Älteren, eine Weisheit des Lebens zu lernen“.

Der Papst betonte, dass die erste Lesung mit einer Vielfalt von Ausdrücken das vierte Gebot widerhallen lasse: „Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt“ (Ex 20,12): „Ein Volk hat keine Zukunft, wenn es diese Begegnung zwischen den Generationen nicht gibt, wenn die Kinder nicht mit Dankbarkeit den Staffelstab des Lebens aus der Hand ihrer Eltern ergreifen. Und in dieser Dankbarkeit für den, der dir das Leben gegeben hat, ist auch die Dankbarkeit für den Vater, der im Himmel ist“.

Es gebe gelegentlich Generationen von jungen Leuten, „die aus vielschichtigen historischen und kulturellen Motiven in stärkerem Maße die Notwendigkeit verspüren, sich gegenüber ihren Eltern selbständig zu machen, sich gewissermaßen vom Vermächtnis der vorherigen Generation zu ‚befreien’“. Es sei dies wie ein Moment rebellischer Jugend: „Aber wenn der Kontakt nicht wieder aufgenommen wird und man ein neues fruchtbares Gleichgewicht zwischen den Generationen wiederfindet, ergibt sich für das Volk eine schwerwiegende geistige Verarmung, und die Freiheit, welche in der Gesellschaft vorherrscht, ist eine falsche Freiheit, die sich fast immer in ein autoritäres System verwandelt“.

Die gleiche Botschaft erhieltenlten wir aus der Aufforderung des Apostels Paulus an Timotheus und durch ihn an die christliche Gemeinde: „Jesus hat das Gesetz der Familie und des Übergangs der Generationen nicht aufgehoben, sondern zur Vollendung geführt. Der Herr hat eine neue Familie geformt, in der die Beziehung zu ihm und das Tun des Willens Gottes, des Vaters, wichtiger als die Blutsbande sind. Doch die Liebe zu Jesus und zum Vater führt die Liebe zu den Eltern, Geschwistern und Großeltern zur Vollendung. Sie erneuert die familiären Beziehungen mit dem Saft des Evangeliums und des Heiligen Geistes“.

Daher empfehle der heilige Paulus dem Timotheus, der selbst Hirte und folglich Vater der Gemeinde sei, den älteren Menschen wie den Angehörigen Respekt entgegenzubringen: „Er ermahnt Timotheus, dies mit der Einstellung eines Sohnes zu tun: einem älteren Mann „wie einem Vater" zuzureden und ‚mit älteren Frauen wie mit Müttern’ zu reden (vgl. 1 Tim 5,1f).“ Dies sei der Wille Gottes, von dem der Leiter der Gemeinde nicht entbunden sei: „Im Gegenteil, die Liebe Christi drängt ihn, seine Aufgaben mit einer größeren Hingabe zu tun. Er handelt wie die Jungfrau Maria. Obwohl sie die Mutter des Messias wurde, fühlte sie sich von der Liebe Gottes angestoßen, der im Begriff ist in ihr Mensch zu werden, und eilte zu ihrer betagten Verwandten“.

„Kehren wir also zu dieser von Freude und Hoffnung, von Glaube und Liebe erfüllten ‚Ikone’ zurück“, so der Papst: „Wir können uns vorstellen, dass die Jungfrau Maria während ihres Aufenthalts im Haus der Verwandten diese Elisabet mit ihrem Mann beten gehört hat, vielleicht mit den Worten des heutigen Antwortpsalms: ‚Herr, mein Gott, du bist ja meine Zuversicht, meine Hoffnung von Jugend auf. … Verwirf mich nicht, wenn ich alt bin, verlass mich nicht, wenn meine Kräfte schwinden. … Auch wenn ich alt und grau bin, o Gott, verlass mich nicht, damit ich von deinem machtvollen Arm der Nachwelt künde, den kommenden Geschlechtern von deiner Stärke’ (Ps 71,5.9.18)“

Die junge Maria „hörte und bewahrte alles in ihrem Herzen. Die Weisheit der Elisabet und des Zacharias hat ihr junges Gemüt bereichert. Sie waren keine Experten für Mutterschaft oder Vaterschaft, denn auch für sie war es die erste Niederkunft. Aber sie waren erfahren im Glauben, erfahren im Leben mit Gott, erfahren in jener Hoffnung, die von Ihm her kommt: Diese hat die Welt nötig, in jedem Zeitalter. Maria wusste jenen alten Eltern zuzuhören, die voll des Staunens waren. Sie hat sich deren Weisheit zunutze gemacht auf ihrem Weg als Frau, als Braut und als Mutter“.

"So zeigt Maria uns den Weg, den Weg der Begegnung zwischen den Jungen und den Alten. Die Zukunft eines Volkes setzt notwendig diese Begegnung voraus: Die jungen Menschen geben die Kraft, um das Volk zum Weitergehen zu bewegen. Die Alten vermehren diese Kraft mit dem Gedächtnis und der Weisheit des Volkes."


kath.net veröffentlicht die Predigt des Heiligen Vaters zur heiligen Messe bei der Begegnung mit den alten Menschen und Großeltern auf dem Petersplatz:

Das Evangelium, das wir gehört haben, wollen wir heute als Frohe Botschaft der Begegnung von Jung und Alt aufnehmen: einer Begegnung, die von Freude, von Glaube und Hoffnung erfüllt ist.

Maria ist jung, sehr jung. Elisabeth ist in vorgerücktem Alter, aber an ihr hat sich das Erbarmen Gottes gezeigt. Seit sechs Monaten erwartet sie gemeinsam mit ihrem Gatten Zacharias ein Kind.

Maria zeigt uns auch in diesem Zusammenhang den Weg: Sie sucht die betagte Verwandte auf, sie will bei ihr sein, sicher um ihr zu helfen, aber auch und vor allem, um von ihr, der Älteren, eine Weisheit des Lebens zu lernen.

Die erste Lesung lässt mit einer Vielfalt von Ausdrücken das vierte Gebot wiederhallen: „Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt" (Ex 20,12). Ein Volk hat keine Zukunft, wenn es diese Begegnung zwischen den Generationen nicht gibt, wenn die Kinder nicht mit Dankbarkeit den Staffelstab des Lebens aus der Hand ihrer Eltern ergreifen. Und in dieser Dankbarkeit für den, der dir das Leben gegeben hat, ist auch die Dankbarkeit für den Vater, der im Himmel ist.

Es gibt gelegentlich Generationen von jungen Leuten, die aus vielschichtigen historischen und kulturellen Motiven in stärkerem Maße die Notwendigkeit verspüren, sich gegenüber ihren Eltern selbständig zu machen, sich gewissermaßen vom Vermächtnis der vorherigen Generation zu „befreien". Es ist wie ein Moment rebellischer Jugend. Aber wenn der Kontakt nicht wieder aufgenommen wird und man ein neues fruchtbares Gleichgewicht zwischen den Generationen wiederfindet, ergibt sich für das Volk eine schwerwiegende geistige Verarmung, und die Freiheit, welche in der Gesellschaft vorherrscht, ist eine falsche Freiheit, die sich fast immer in ein autoritäres System verwandelt.

Die gleiche Botschaft erhalten wir aus der Aufforderung des Apostels Paulus an Timotheus und durch ihn an die christliche Gemeinde. Jesus hat das Gesetz der Familie und des Übergangs der Generationen nicht aufgehoben, sondern zur Vollendung geführt. Der Herr hat eine neue Familie geformt, in der die Beziehung zu ihm und das Tun des Willens Gottes, des Vaters, wichtiger als die Blutsbande sind. Doch die Liebe zu Jesus und zum Vater führt die Liebe zu den Eltern, Geschwistern und Großeltern zur Vollendung. Sie erneuert die familiären Beziehungen mit dem Saft des Evangeliums und des Heiligen Geistes. Daher empfiehlt der heilige Paulus dem Timotheus, der selbst Hirte und folglich Vater der Gemeinde ist, den älteren Menschen wie den Angehörigen Respekt entgegenzubringen. Er ermahnt Timotheus, dies mit der Einstellung eines Sohnes zu tun: einem älteren Mann „wie einem Vater" zuzureden und „mit älteren Frauen wie mit Müttern" zu reden (vgl. 1 Tim 5,1f). Dies ist der Wille Gottes, von dem der Leiter der Gemeinde nicht entbunden ist. Im Gegenteil, die Liebe Christi drängt ihn, seine Aufgaben mit einer größeren Hingabe zu tun. Er handelt wie die Jungfrau Maria. Obwohl sie die Mutter des Messias wurde, fühlte sie sich von der Liebe Gottes angestoßen, der im Begriff ist in ihr Mensch zu werden, und eilte zu ihrer betagten Verwandten.

Kehren wir also zu dieser von Freude und Hoffnung, von Glaube und Liebe erfüllten „Ikone" zurück. Wir können uns vorstellen, dass die Jungfrau Maria während ihres Aufenthalts im Haus der Verwandten diese Elisabet mit ihrem Mann beten gehört hat, vielleicht mit den Worten des heutigen Antwortpsalms: „Herr, mein Gott, du bist ja meine Zuversicht, meine Hoffnung von Jugend auf. … Verwirf mich nicht, wenn ich alt bin, verlass mich nicht, wenn meine Kräfte schwinden. … Auch wenn ich alt und grau bin, o Gott, verlass mich nicht, damit ich von deinem machtvollen Arm der Nachwelt künde, den kommenden Geschlechtern von deiner Stärke" (Ps 71,5.9.18). Die junge Maria hörte und bewahrte alles in ihrem Herzen. Die Weisheit der Elisabet und des Zacharias hat ihr junges Gemüt bereichert. Sie waren keine Experten für Mutterschaft oder Vaterschaft, denn auch für sie war es die erste Niederkunft. Aber sie waren erfahren im Glauben, erfahren im Leben mit Gott, erfahren in jener Hoffnung, die von Ihm her kommt: Diese hat die Welt nötig, in jedem Zeitalter. Maria wusste jenen alten Eltern zuzuhören, die voll des Staunens waren. Sie hat sich deren Weisheit zunutze gemacht auf ihrem Weg als Frau, als Braut und als Mutter.

So zeigt Maria uns den Weg, den Weg der Begegnung zwischen den Jungen und den Alten. Die Zukunft eines Volkes setzt notwendig diese Begegnung voraus: Die jungen Menschen geben die Kraft, um das Volk zum Weitergehen zu bewegen. Die Alten vermehren diese Kraft mit dem Gedächtnis und der Weisheit des Volkes.

Papst Franziskus: Predigt bei der Messe mit Senioren auf dem Petersplatz


Papst Franziskus: Begegnung mit den Senioren und Großeltern auf dem Petersplatz - Begegnung mit Papst em. Benedikt XVI.


Der emeritierte Papst Benedikt XVI. kommt zum Terffen von Papst Franziskus mit den Senioren auf den Petersplatz


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