Im Islam wächst der Widerstand gegen den 'Heiligen Krieg'

2. September 2014 in Chronik


Saudischer König warnt: Europa und Amerika sind die nächsten Ziele


Riad/London/Wiesbaden/Washington (kath.net/idea) In der islamischen Welt mehrt sich der Widerstand gegen sogenannte „Heilige Krieger“ wie die Terrorgruppen „Islamischer Staat“ (IS), Boko Haram (Westliche Bildung ist Sünde) und El Shabab (Die Jugend). Mit brutalsten Mitteln setzen sie im Nahen und Mittleren Osten sowie in West- und Ostafrika ihre Vorstellung von einem „Gottesstaat“ durch. Opfer sind vor allem Christen, Jesiden und gemäßigte Muslime. Der saudische König Abdullah hat jetzt gewarnt, dass der Westen das nächste Ziel der „Dschihadisten“ sein werde.

Wenn die Westmächte nicht einschreiten, werde Europa in einem Monat und Amerika einen Monat später von ihnen heimgesucht, sagte der saudische Herrscher in einer Ansprache an westliche Diplomaten in Riad. Auch der saudische Großmufti, Scheich Abdel Asis bin Abdullah, erklärte IS zum „Feind Nr. 1“. Extremistische und militante Ideen seien nicht Teil des Islam, sondern sein größter Feind. In Saudi-Arabien wird eine strenge Form des Islam, der Wahabismus, praktiziert. Die Ausübung einer anderen Religion, etwa des Christentums, ist streng verboten. Das Königreich finanziert auch Rebellen im syrischen Bürgerkrieg, distanziert sich aber von Terrornetzwerken wie IS und El Kaida.

Großbritannien: Fatwa gegen Terroristen

Nach Angaben der Londoner Zeitung „Times“ sollen bis zu 3.000 Saudis im Irak und in Syrien kämpfen, davon viele auf Seiten von IS. Aus Europa sind rund 2.000 extremistische Kämpfer nach Syrien gereist; davon kamen etwa 500 aus Deutschland. Etwa ein Viertel sollen bereits zurückgekehrt sein. Von ihnen geht eine terroristische Bedrohung aus. Die Zahl der im Nahen und Mittleren Osten kämpfenden Briten wird auf bis zu 1.000 geschätzt. Viele radikalisierte Muslime ziehen den bewaffneten Kampf bei den Terrorgruppen dem Dienst in den britischen Streitkräften vor; dort gibt es etwa 560 Muslime. Sechs führende Islam-Gelehrte in Großbritannien haben jetzt eine Fatwa (Rechtsgutachten) veröffentlicht, in dem IS als „unterdrückerische und tyrannische“ Organisation verurteilt wird. Muslime, die sich ihr anschließen, seien „Häretiker“. Die Imame fordern alle Muslime in Großbritannien auf, sich ihrer „giftigen Ideologie“ entgegenzustellen. Auch der einflussreiche ägyptische Großmufti Shawqi Allam erklärte IS zu einer „Gefahr für den Islam und die Muslime“.

CDU-Politiker: IS-Fahnen verbieten

In Deutschland hat der Zentralrat der Muslime die Verfolgung von Christen im Irak verurteilt. Der Vorsitzende, Aiman Mazyek (Köln): „Die Vertreibung der irakischen Christen durch die terroristische ISIS ist ein Akt des Unrechtes, ist gegen den Islam, verstößt gegen internationales Recht und gegen die Menschlichkeit.“ Der hessische CDU-Politiker Ismael Tipi (Wiesbaden) fordert, Symbole und Fahnen der IS zu verbieten und Sympathiewerbung für diese Extremisten zu einer Straftat zu erheben. Die Fahne der IS wehe auch auf Kundgebungen von Salafisten in Deutschland, so der türkischstämmige Landtagsabgeordnete und Extremismus-Experte.

Kissinger: Religionskriege leben wieder auf

Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger warnt angesichts der Verbreitung des islamischen Extremismus vor einem Wiederaufleben der europäischen Religionskriege des 17. Jahrhunderts in neuer Form und auf breiterer internationaler Basis. Die Zonen der Unregierbarkeit durch den modernen Dschihad erstreckten sich quer durch die islamische Welt – von Libyen, Jemen, dem Gaza-Streifen, Syrien, Irak, Afghanistan, Pakistan, Nigeria, Mali, Sudan bis nach Somalia. Religion werde dabei für geopolitische Ziele missbraucht. Die extremistischen Bewegungen bedrohten die Weltstabilität und verlangten nach einem gemeinsamen Eingreifen aller verantwortlichen Mächte. In seinem neuen Buch „World Order“ (Weltordnung) weist Kissinger (91) unter anderem auf radikale Bestrebungen in der Geschichte des Islam hin, eine Weltordnung zu etablieren. Auszüge des Buches veröffentlichte die britische Zeitung Sunday Times am 31. August.


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