Im Nordirak tobt ein Religionskrieg

9. August 2014 in Chronik


Islamistische Terrorgruppe betreibt Völkermord an Andersgläubigen


Mossul (kath.net/idea) Im Nordirak tobt ein Religionskrieg. Durch den Vormarsch der sunnitisch-extremistischen Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) droht ein Völkermord an Andersgläubigen – vor allem an Christen, Jesiden und gemäßigten Muslimen. Rund eine halbe Million Menschen sind auf der Flucht. Etwa 200.000 Jesiden sind in das Sinjar-Gebirge geflohen. Mehr als 100.000 Christen wurden aus ihren Zufluchtsorten in der Ninive-Ebene vertrieben, in der sie vor der Eroberung der Stadt Mossul durch die IS-Kämpfer geflohen waren. IS hat im Nordirak ein Kalifat ausgerufen, in dem die Terrorgruppe das islamische Religionsgesetz, die Scharia, mit brutaler Gewalt durchsetzt.

Der Konflikt strahlt inzwischen auch nach Deutschland aus. Im westfälischen Herford kam es am 7. August zu gewalttätigen Ausschreitungen von IS-Anhängern gegen einen jesidischen Imbissbetreiber, der ein Plakat für eine Protestdemonstration aufgehängt hatte. In Hannover versuchten Demonstranten, eine Polizeistation zu stürmen, um eine junge Frau aus der Wache zu holen. Sie soll dort Schutz vor einer Zwangsverheiratung mit einem muslimischen Extremisten gesucht haben. Zu einer Großdemonstration am 9. August in Bielefeld erwartet der Zentralrat der Jesiden bis zu 10.000 Demonstranten. Die Anhänger dieser kurdischen Religion werden von IS als „Teufelsanbeter“ verunglimpft, obwohl es nach ihrem Glauben weder Paradies noch Hölle gibt. Sie glauben an eine Wiedergeburt.

Gauck und Merkel sollen intervenieren

Das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ (München) appelliert an Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) , den drohenden Völkermord dringend in den Vereinten Nationen zur Sprache zu bringen. Die Lage erfordere Sofortmaßnahmen. Sonst werde jener Teil der irakischen Bevölkerung ausgelöscht, der sich nicht dem radikalen Verständnis des Islam des IS unterwerfen wolle. „Alle Bemühungen müssen darauf zielen, eine rote Linie um die christlich-jesidischen Gebiete zu ziehen“, heißt es in dem Schreiben. IS habe bereits Landstriche in unmittelbarer Nachbarschaft des NATO-Mitglieds Türkei erobert und stoße immer weiter in Richtung Mittelmeer vor.

IS kreuzigt Menschen und zerteilt Kinder

Das Hilfswerk beruft sich auf Berichte des Patriarchen der katholisch-chaldäischen Kirche, Louis Sako (Bagdad). Nach seinen Angaben werden Jesiden, Christen, Schiiten und gemäßigte Sunniten von IS entweder hingerichtet oder als Sklaven verkauft. Die Flüchtlinge hätten sich oft nur mit dem, was sie am Leib tragen, in die Wüste oder das Gebirge zurückgezogen. Ohne sofortiges internationales Eingreifen werde der urchristliche und multikulturelle Irak verschwinden. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (Göttingen) berichtet von Gräueltaten der IS-Kämpfer: „Wer nicht schnell genug laufen kann, wird zwangskonvertiert, vergewaltigt oder getötet.“

Der anglikanische Pfarrer Andrew White, der eine Gemeinde in Bagdad leitet, sagte der Londoner Zeitung Times über die IS-Kämpfer: „Sie haben Köpfe abgeschlagen, Kinder zerteilt und Menschen an Kreuzen aufgehängt.“ Der syrisch-orthodoxe Patriarch von Antiochien, Ignatius Aphrem II., wandte sich mit einem Hilferuf an die Vereinten Nationen.

US-Präsident Barack Obama hat unterdessen Luftangriffe auf IS-Milizen zum Schutz amerikanischer Militärangehöriger und bedrohter Minderheiten im Nordirak genehmigt. Außerdem begannen die USA mit dem Abwurf von Hilfsgütern.

Kirchen: Humanitäres Drama verhindern

Papst Franziskus hat ebenfalls die internationale Gemeinschaft aufgefordert, das „humanitäre Drama“ im Nordirak zu beenden sowie die von Gewalt und Vertreibung betroffenen Menschen zu schützen.

Ähnlich äußerte sich der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in einem Schreiben an UN-Generalsekretär Ban Ki Mun. Der Weltkirchenrat sei „tief besorgt“ wegen der Drohungen gegen Kirchen und andere religiöse und ethnische Gemeinschaften, erklärte die amtierende Generalsekretärin Isabel Apawo Phiri. Der ÖRK umfasst 345 evangelische, orthodoxe und anglikanische Kirchen mit mehr als 500 Millionen Mitgliedern.

Auch der Botschafter für Menschenrechte der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA), Prof. Thomas Schirrmacher (Bonn), beklagte die Verfolgung im Irak. Betroffen seien nicht nur Christen, sondern auch andere religiöse Minderheiten, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Dreckig gehe es allen, aber den Christen gehe es „doppelt dreckig“. Die WEA repräsentiert rund 600 Millionen Evangelikale in mehr als 120 Ländern.


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ZDF heute - Christen auf der Flucht



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