Wien geht vor der Homo-Lobby in die Knie

in Österreich


Auch in der christdemokratischen ÖVP flirten manche mit der „Homo-Ehe“ Von Stephan Baier/„DIE TAGESPOST“


Ausgerechnet die Familiensprecherin der österreichischen Kanzlerpartei ÖVP, Ridi Steibl, meinte, das Verständnis für Homosexuelle sei „ein Pflänzchen, das zu wachsen beginnt und wachsen soll“. Der Vergleich könnte falscher gar nicht sein. Der Vormarsch der Homo-Lobbys gleicht eher einem Bulldozer, der die Pflänzchen des Widerstands – etwa besorgte Eltern – rücksichtslos abräumt. Dabei haben einige österreichische Europaabgeordnete und der Wiener Schwulen-Aktivist Kurt Krickler in Straßburg dafür gesorgt, dass das Europäische Parlament in seinem Menschenrechtsbericht Wien mehrfach rügte und zur Änderung der vermeintlich diskriminierenden Gesetze aufforderte.

Schwulen-Verbände lassen nun in Österreich keinen Zweifel daran, wohin die Reise, die unter den Schlagworten „Nicht-Diskriminierung“ und „Toleranz“ begonnen hat, führen soll: Zur Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Paare mit der Ehe, zur sogenannten „Homo-Ehe“. Die Familiensprecherin der „Österreichischen Kinderfreunde“ (einer SPÖ-Vorfeldorganisation), Gabi Binder, sagte wörtlich: „Es ist nicht einzusehen, warum homosexuelle Paare mit Kindern in einem rechtlichen Niemandsland leben und keinerlei Früchte unserer Familienpolitik ernten dürfen.“ Sie argumentiert, dass „nicht die Form einer Elternbeziehung, sondern die Qualität“ für die Entwicklung eines Kindes wichtig sei. Also „Papa und Fast-Papa“ statt „Vater und Mutter“?

Doch bevor sich die gut organisierten, hoch vernetzten, von Prominenten unterstützten und von zahlreichen Medien heftig akklamierten Homosexuellen-Lobbies daran machen können, Österreich auch diesbezüglich an Deutschland anzugleichen, gilt ihre Aggression einem vermeintlich diskriminierenden Paragrafen des Strafgesetzbuchs: Der „209“, der minderjährige Buben vor sexuellen Übergriffen erwachsener Männer schützt, ist der Stein des Anstosses. Mittlerweile kann kaum noch ein Zweifel daran bestehen, dass bereits in wenigen Wochen die Interessen schwuler Erwachsener über die Anliegen des Jugendschutzes triumphieren werden: Im österreichischen Nationalrat zeichnet sich immer mehr eine klare Mehrheit gegen den Paragraf 209 ab.

Vor fünf Jahren hatte ein Patt im Nationalrat den Paragrafen gerade noch gehalten. Während das Werbe- und das Vereinigungsverbot fielen, blieb der „209“ aufrecht. ÖVP und FPÖ hatten (trotz zweier prominenter Dissidenten) dem Jugendschutz vor den Wünschen der Homo-Lobby den Vorzug gegeben. ÖVP-Klubobmann (Fraktionsvorsitzender) Andreas Khol hatte damals noch auf den Schutz der Jugend und auf die Einmaligkeit der Ehe gepocht. Durch Fraktionsdisziplin und das damals noch außergewöhnliche Zusammengehen mit der FPÖ konnte die christdemokratische ÖVP den Koalitionspartner SPÖ, die Grünen und das mittlerweile verschiedene „Liberale Forum“ ausspielen.

Fünf Jahre später sieht die Frontlage ganz anders aus: Während die beiden Oppositionsparteien SPÖ und Grüne im Herbst geschlossen für eine Streichung des Paragraf 209 votieren wollen, beginnen FPÖ und ÖVP merklich von ihren früheren Positionen abzurücken. Vizekanzlerin und FPÖ-Vorsitzende Susanne Riess-Passer drängt auf eine rasche Entscheidung über den Homosexuellen-Paragrafen, um einem Urteil des Höchstgerichts zuvor zu kommen, das ihrer Meinung nach „relativ klar“ ausfallen würde. ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter überlegt die Einführung eines neuen Strafrechts-Paragrafen, der „geschlechtsneutral für das Alter zwischen 14 und 16 Jahren“ gelten solle. Voraussetzung für die Streichung des Schwulen-Paragrafen sei es, eine Lücke im Jugendschutz zuvor zu schließen, meint Fekter, die zugibt, dass das Vorgehen in der Koalition noch nicht abgesprochen ist. Auch der Vorarlberger ÖVP-Landeshauptmann (Ministerpräsident) Herbert Sausgruber spricht sich für eine Angleichung des Schutzalters für hetero- und homosexuelle Jugendliche aus.

Bundeskanzler und ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel zögert noch. Bei einer Pressekonferenz äußerte er sich gleichermassen gegen jegliche Diskriminierung und für den Vorrang des Kinder- und Jugend-Schutzes. Auf die Frage, ob er sich ein einheitliches Schutzalter vorstellen könne, meinte der Kanzler lediglich, er habe kein Problem damit, das Schutzalter bei Mädchen anzuheben. Schüssel weiß, warum er so vorsichtig taktiert: Ein Vorpreschen von Teilen der Katholischen Männerbewegung vor einigen Wochen („Die Tagespost“ berichtete) hat gezeigt, dass die katholischen Bischöfe bei diesen Themen keinen Spaß verstehen. Im immer noch katholischen Österreich muss der Vorsitzende der christdemokratischen Partei – und als solche definiert sich die ÖVP – mit schmerzlicher Kritik kirchlicherseits rechnen, wenn er den Jugendschutz den Homo-Interessen opfert.

Nicht unbekannt ist Schüssel auch eine aktuelle Umfrage des Instituts Fessel-GfK, wonach 53 Prozent der Befragten es ablehnen, das Schutzalter für männliche Homosexuelle von derzeit 18 auf 14 Jahre herabzusetzen. Die hier zutage tretenden Sorgen haben vor wenigen Wochen zur Gründung einer „Initiative Jugendschutz“ geführt. Engagierte Katholiken, besorgte Eltern und über den Vormarsch der Homo-Lobbies empörte Bürger haben sich zu einer Aktionsplattform zusammengefunden, die der ÖVP bei den nächsten Wahlen einigen Ärger bereiten und viele Stimmen kosten könnte. Andererseits steht Schüssel unter Druck, seit sich immer mehr Funktionäre seiner Partei für eine Streichung des 209 und darüber hinaus sogar für eine rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften nach deutschem Vorbild aussprechen.

So meinte der steirische ÖVP-Landesrat Gerhard Hirschmann nun, die Ehe für homosexuelle und lesbische Paare werde auch in Österreich so sicher „wie das Amen im Gebet“ kommen. Hirschmann wörtlich: „Wir wissen, dass sich gesellschaftliche Prozesse nicht durch vermeintliche Staatsschranken aufhalten lassen, sondern das ist früher oder später gemeinsamer europäischer Konsens“. Der ÖVP-Politiker weiter: „Wenn zwei Menschen gerne füreinander sorgen und sich wirklich gern haben, wieso sollen die, weil sie gleichgeschlechtlich sind, schlechter gestellt werden?“ Der steirische ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka sprach sich auch dafür aus, Schwulen und Lesben eine Witwer- beziehungsweise Witwenpension zukommen zu lassen. Für eine rechtlich anerkannte Gemeinschaft Homosexueller plädiert auch die in der ÖVP mächtige steirische Landeschefin Waltraud Klasnic.

Auch kirchlicherseits sind Dämme gebrochen. Caritas-Präsident Franz Küberl wird im Polit-Magazin „Format“ so zitiert: „Ich gehe davon aus, dass die heterosexuelle Beziehung das Normale, Gewöhnliche bleibt. Aber es braucht Formen des Respekts für andere Beziehungen.“ Weiter geht die evangelische Kirche: Die evangelisch-reformierte Kirche (Helvetisches Bekenntnis) hat 1999 Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare zugelassen; in der evangelisch-lutherischen Kirche (Augsburger Bekenntnis) tobt darüber seit Jahren ein Streit. Der reformierte Superintendent Peter Karner und der lutherische Oberkirchenrat Robert Kauer zeigten sich aber jüngst bei einer Pressekonferenz weitgehend einig und legten eine Liste evangelischer Kirchen vor, in denen Schwule und Lesben ihre Beziehung segnen lassen können.

Mit der Segnung homosexueller Paare könne die Kirche einen Beitrag leisten, „einem großem Stück Diskriminierung in unserem Land“ entgegenzuwirken, meinte Karner. Beide evangelische Kirchen seien der selben Meinung über die Homosexualität, hätten aber noch nicht die selben Konsequenzen gezogen. Karner meinte, dass es bei der Bewertung der Homosexualität wie bei der Frauenordination nicht um einzelne Bibelzitate gehe, sondern um das „biblische Gesamtzeugnis“. Jesus habe sich immer für Randgruppen eingesetzt. Wäre er jemals zum Thema Homosexualität befragt worden, dann hätte er sich im Sinn der evangelischen Kirchen geäußert, meinte Karner und fügte an: „Wir sind der Überzeugung, damit Gottes Willen zu erfüllen.“


© 0000 www.kath.net