Voderholzer: Ungeweihte Katholiken nicht mehr Laien nennen

6. Juni 2014 in Deutschland


Regensburger Bischof: In der Alltagssprache werde „Laie“ für Nicht-Fachleute verwendet, allein schon deshalb sei er nicht geeignet zur Bezeichnung getaufter und gefirmter Katholiken UPDATE: Vortrag von Bischof Voderholzer jetzt in voller Länge


Regensburg (kath.net/KNA/pbr) Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer (Foto) hält die Bezeichnung ungeweihter Katholiken als «Laien» für diskriminierend. In der Alltagssprache werde dieser Begriff für Nicht-Fachleute verwendet, sagte Voderholzer am Samstag auf dem Katholikentag in Regensburg. Allein schon deshalb sei er nicht geeignet zur Bezeichnung getaufter und gefirmter Katholiken.

Im kirchlichen Sprachgebrauch habe das Wort «Laie» ursprünglich dazu gedient, Amtsträger von den übrigen Gläubigen abzugrenzen, erläuterte der Bischof. Neuere Versuche, den Begriff als Würdetitel im Sinne eines «Angehörigen des Volkes Gottes» (laos, griechisch heiliges Volk) zu verstehen, täten der Sprachgeschichte Gewalt an und könnten ihn auch nicht retten.

Der Bischof plädierte dafür, das Wort «Laie» durch «Weltchrist» zu ersetzen. Dies sei die beste Alternative mit Blick auf Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) zur Sendung der Laien.

Voderholzer hatte am Tag seiner Bischofsweihe vor gut einem Jahr die Anwesenden zu einer Art Wettbewerb aufgefordert. Sie sollten ihm begriffliche Alternativen zum Wort «Laie» zusenden. Der Vorschlag «Weltchrist» habe ihn schließlich überzeugt. Er habe den Vorteil, dass er nicht an einem Mangel orientiert sei, sondern an einer positiven Perspektive. Der Bischof äußerte sich bei einem Podium über das Konzil und die Laien. Nach Auskunft des Publikumsanwalts kam sein Alternativbegriff bei den Zuhörern allerdings «nicht so gut an».

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UPDATE
kath.net dokumentiert den Vortrag von Bischof Rudolf Voderholzer, „Der Weltauftrag der Laien und die Suche nach einem Alternativbegriff“, auf dem Katholikentag 2014 in Regensburg in voller Länge:
(© Bistum Regensburg)

Am Tag meiner Bischofsweihe habe ich im Rahmen der sich an die Weihe anschließenden weltlichen Feier im Kolpinghaus in Regensburg meinen Gästen eine Hausaufgabe mit auf den Weg gegeben. Ich bat darum, mir einen stimmigen und praktikablen Ersatzbegriff für den meines Erachtens diskriminierenden und schon deshalb ungeeigneten Begriff „Laie“ zur Bezeichnung für die getauften und gefirmten Katholiken vorzuschlagen.

Gemäß dem empirischen Sprachgebrauch im Deutschen ist „Laie“ die Bezeichnung für den „Nicht-Fachmann“ und die „Nicht-Fachfrau“. Einen Laien nennt man jemanden, der sich in Bezug auf ein bestimmtes Wissensgebiet nicht auskennt oder hinsichtlich gewisser Fertigkeiten ungeübt oder ungelernt ist. So bin ich beispielsweise ein geradezu „blutiger“ Laie – wie man interessanter Weise im Deutschen die Steigerung auszudrücken pflegt – wenn es um die technischen Belange meines Autos oder meines Computers geht.

Diese pejorative Konnotation des Begriffs „Laie“ haftet ihm an seit seiner ersten nachweisbaren Verwendung in kirchlich-theologischem Kontext.

Zum ersten Mal wird der Begriff „Laie“ nämlich verwendet in dem Clemens Romanus zugeschriebenen Brief an die Korinther, der noch ins erste christliche Jahrhundert datiert wird. Dort wird „laikos“ als Bezeichnung für diejenigen genommen, die nicht mit einem in der apostolischen Tradition stehenden Amt bekleidet sind. Damit sind die Weichen gestellt für die spätere Entwicklung. „Laie“ dient zur Benennung einer Gruppe innerhalb der Kirche, die sozusagen negativ bestimmt sind durch etwas, das ihnen nicht zukommt. Nun mag die Herleitung des Adjektivs „laikos“ vom griechischen laos (= Volk, heiliges Volk) etymologisch zutreffend sein. Die positive Konnotation, die man ihm neuerdings zu geben bemüht ist, um den Begriff zu retten, nämlich laikos als Würdetitel im Sinne von Angehöriger des heiligen Volkes Gottes zu interpretieren, hat sprachgeschichtlich keine Basis und muss auch gegenwärtig gegen den empirisch-faktischen Sprachgebrauch anrennen. Natürlich kann man sagen, alle Christen – auch die Bischöfe und der Papst – sind Laien, wenn man darunter den „Angehörigen des heiligen Volkes Gottes“ versteht. Nur ist dies eine sowohl sprachgeschichtlich gewaltsame Neuerung, und zum anderen bringt es nicht das Spezifische, vor allem das spezifisch-positive zum Ausdruck, das die Getauften und Gefirmten auszeichnet und was besonders ihnen zukommt, und zwar positiv zukommt im Unterschied und Gegenüber noch einmal zu denen mit einem hierarchischen Amt betrauten.

Hinzu kommt, dass die spezifische Bedeutung von „laizistisch“ in den romanischen Ländern dort das richtige Verständnis von „laic“ nochmals erheblich erschwert. Gemeint ist dort bekanntlich ja nicht ein positives Verständnis von laikal, im Sinne etwa von besonderem Laienengagement oder Laienapostolat als Träger der Politik, von Staat und Gesellschaft. Sondern „laizistisch“ wird verstanden im Sinne von anti-klerikal oder wenigstens „ausgehend von“ oder „basierend auf der strikten Trennung von Staat und Kirche“. Ein laizistischer Staat (auf der Grundlage einer laizistischen Verfassung) ist nicht einer, der nur auf die Mitwirkung von kirchlichen oder religiösen Amtsträgern ausdrücklich verzichtet, diese ausschließt und stattdessen bewusst auf das Engagement getaufter und gefirmter Laien-Christen setzt, sondern der die strikte Trennung von Kirche und Staat zur verfassungsmäßigen Grundlage erhebt.

Es muss damit gerechnet werden, dass dieses Verständnis zumindest bei manchen Verwendern der deutschen Sprache auch mitschwingt, wenn vom Laien die Rede ist. Weil dem so ist, sind alle Versuche, dem Begriff „Laie“ entgegen dem empirischen Sprachgebrauch eine positive Konnotation zu geben, meines Erachtens zum Scheitern verurteilt. In einigen Zuschriften, die mir auf meine Hausaufgabenstellung hin zugesandt wurden, wurde aber freilich dieser Versuch wiederholt und somit meiner Beobachtung freilich widersprochen, wenn geraten wird, „laicus“ als das Adjektiv zu laos (heiliges Volk Gottes) zu einem Würdetitel aufzuwerten. Aus den angeführten Gründen scheint mir dieser Lösungsweg nicht gangbar, so gut gemeint er auch sein mag.

Weiterbringen kann uns hier, so denke ich, nur das Zweite Vatikanische Konzil.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen nach einer Phase der kontroverstheologischen Vernachlässigung des Themas wieder ausdrücklich als Lehre der Kirche formuliert. Das Konzil befreit sich von der gegenreformatorischen Frontstellung und erkennt an, dass die Rede vom gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen nicht deshalb schon falsch ist, weil Martin Luther dieses Priestertum betonte und als das einzig schriftgemäße bezeichnete. Das gemeinsame Priestertum aller Getauften ist selbstverständlich auch die Lehre der katholischen Kirche; sie schließt aber nicht ein besonderes Priestertum, das in der Tradition der apostolischen Sendung steht, aus. Gemeinsames Priestertum aller Gläubigen und darin eingeschlossen das so genannte Laienapostolat ist ein zentrales Thema des Konzils. Über die grundsätzlichen Aussagen dazu in der Kirchenkonstitution (LG 30-38) ist dem „Laienapostolat“ auch ein eigenes Dekret gewidmet: „Apostolicam actuositatem“. Dies ist eine große Errungenschaft, die auf keinen Fall preisgegeben werden darf. Nimmt man die dort getroffenen Aussagen ernst, dann wird klar: Der Begriff „Laie“ im Sinne von „Nicht-Fachmann“ oder „Nicht-Fachfrau“ ist eigentlich vollkommen ungeeignet, die Existenz zu beschreiben, die durch Taufe und Firmung begründet wird. Was sagt das Konzil genau?

In LG 31 heißt es:
„Den Laien ist der Weltcharakter in besonderer Weise eigen. […] Sache der Laien ist es, kraft der ihnen eigenen Berufung in der Verwaltung und gottgemäßen Regelung der zeitlichen Dinge das Reich Gottes zu suchen. Sie leben in der Welt, das heißt in all den einzelnen irdischen Aufgaben und Werken und den normalen Verhältnissen des Familien- und Gesellschaftlebens, aus denen ihre Existenz gleichsam zusammengewoben ist. Dort sind sie von Gott gerufen, ihre eigentümliche Aufgabe, vom Geist des Evangeliums geleitet, auszuüben und so wie ein Sauerteig zur Heiligung der Welt gewissermaßen von innen her beizutragen und vor allem durch das Zeugnis ihres Lebens, im Glanz von Glaube, Hoffnung und Liebe Christus den anderen kund zu machen. Ihre Aufgabe ist es also in besonderer Weise, alle zeitlichen Dinge, mit denen sie eng verbunden sind, so zu durchleuchten und zu ordnen, dass sie immer Christus entsprechend geschehen und sich entwickeln und zum Lob des Schöpfers und Erlösers gereichen.“

Im Dekret Apostolicam actuositatem, das ausgehend von LG ganz dem Thema „Laienapostolat“ gewidmet ist, wird gleich im ersten Artikel ganz grundlegend ausgeführt:

AA 1: „Denn das Apostolat der Laien, das in deren christlicher Berufung selbst seinen Ursprung hat, kann in der Kirche niemals fehlen. Wie spontan und fruchtbar dieses Wirken in der Frühzeit der Kirche war, zeigt klar die Heilige Schrift selbst (vgl. Apg 11,19-21; 18,26; Röm 16,1-16; Phil 4,3). Unsere Zeit aber erfordert keinen geringeren Einsatz der Laien, im Gegenteil: die gegenwärtigen Verhältnisse verlangen von ihnen ein durchaus intensiveres und weiteres Apostolat. Das dauernde Anwachsen der Menschheit, der Fortschritt von Wissenschaft und Technik, das engere Netz der gegenseitigen menschlichen Beziehungen haben nicht nur die Räume des Apostolats der Laien, die großenteils nur ihnen offenstehen, ins unermessliche erweitert; sie haben darüber hinaus auch neue Probleme hervorgerufen, die das eifrige Bemühen sachkundiger Laien erfordern. Dieses Apostolat wird um so dringlicher, als die Autonomie vieler Bereiche des menschlichen Lebens - und zwar mit vollem Recht - sehr gewachsen ist, wenngleich dieses Wachstum bisweilen mit einer gewissen Entfremdung von der ethischen und religiösen Ordnung und mit einer schweren Krise des christlichen Lebens verbunden ist. Zudem könnte die Kirche in vielen Gebieten, in denen es nur ganz wenige Priester gibt oder diese, wie es öfters der Fall ist, der für ihren Dienst notwendigen Freiheit beraubt sind, ohne die Arbeit der Laien kaum präsent und wirksam sein. Ein Hinweis auf diese vielfältige und dringende Notwendigkeit des Laienapostolats liegt auch in dem unverkennbaren Wirken des Heiligen Geistes, der den Laien heute mehr und mehr das Bewusstsein der ihnen eigentümlichen Verantwortung schenkt und sie allenthalben zum Dienst für Christus und seine Kirche aufruft.“ (AA 1)

Das Konzil spricht also vor allem und zentral vom so genannten „Weltdienst“ der Laienchristen, die berufen sind, durch und mit ihrer beruflichen Kompetenz in den so genannten weltlichen Berufen für das Reich Gottes zu arbeiten. Um es an ein paar Beispielen zu verdeutlichen:

• Es kann doch gar nicht genug Lehrerinnen und Lehrer geben in unseren Schulen, die als glaubwürdige Christen beispielsweise im Deutschunterricht oder im Geschichtsunterricht die Literatur und die Geschichte deuten unter der Rücksicht der Gottoffenheit und der Gottsuche des Menschen, die einen Unterricht geben, der dem Religionsunterricht zuarbeitet und ihn nicht untergräbt. Wir brauchen in den Naturwissenschaftlichen Fächern Physik, Biologie etc. Frauen und Männer, die – jenseits der geistlosen Alternative Evolutionismus oder Fundamentalismus – die tiefe Vereinbarkeit von Glauben und Naturwissenschaft leben und lehren und an die junge Generation weitergeben.

• Es kann in Naturwissenschaft und Medizin selbst gar nicht genug Frauen und Männer geben, die erfüllt sind von Ehrfurcht vor dem Leben, und die von vorneherein ausschließen, Menschen dadurch zu heilen, dass sie andere dafür umbringen.

• Oder in den Altenheimen und Krankenhäusern: Es kann gar nicht genug Schwestern und Pfleger geben, die im Patienten nicht einfach nur einen Kostenfaktor sehen, sondern einen Menschen, letztlich Christus selbst, der uns nahe ist gerade auch im Kranken und Leidenden.

• Das Gleiche gilt für den Bereich der Politik und der Medienwelt. Dort, wo die Meinung gemacht und veröffentlicht wird, dort, wo die Entscheidungen für das Wohl und Wehe unseres Landes gefällt werden, dort vor allem auch braucht es Frauen und Männer, die sich vor Gott verantwortlich wissen und ihren Beruf als Berufung von Jesus Christus her verstehen.[1]

• Oder denken Sie an den Bereich der Kunst. Welch großartige Werke sind im Laufe der Kirchengeschichte entstanden, die den Glauben zum Ausdruck bringen, feiern und vermitteln – sei es in der Musik, der Literatur oder der darstellenden Kunst! Es kann doch gar nicht genug Interpreten geben, die diese Schätze immer wieder neu heben und den Menschen erschließen und ihnen so den Glauben zu Herzen gehen lassen jenseits von Apologetik und Indoktrination. Die Kirche, die über viele Jahrhunderte lang Auftraggeber, Mäzen und Inspirator der Kunst in ihren verschiedenen Dimensionen gewesen ist, hat, wie es scheint, den Anschluss zur modernen Kunst verloren. Das muss nicht nur an der Kirche liegen. Zweifellos liegt aber doch auch darin ein höchst lohnendes und wichtiges Betätigungsfeld für die getauften und gefirmten Christen

• Usw. Es sind zahllose weitere Bereiche denkbar.

Deshalb plädiere ich, und jetzt komme ich zu meinem Zielsatz, einen Alternativbegriff wenigstens einmal zu bedenken: Die Zuschrift nämlich, die mir am stimmigsten zu sein scheint – sie stammt von einem Mitbruder aus Österreich – schlägt vor, das Wort „Laie“ durch das Wort „Weltchrist“ zu ersetzen. Weltchristen – im Bistum Regensburg hat es sich bereits in einigen Bereichen durchgesetzt.

Mir scheint, dass man diesen Vorschlag ernsthaft diskutieren sollte. Er hat zweifellos den Vorteil, positiv formuliert zu sein; nicht einen Mangel zur Grundlage der Definition zu machen und auch sonst nicht belastet zu sein. Weltchrist ist formal an die Wendung Weltpriester angelehnt. Ein Weltpriester ist ja bekanntlich einer, der – im Unterschied zu einem Ordenspriester – nicht im Kloster lebt, sondern „in der Welt“, und als Diözesanpriester und Mitarbeiter des Bischofs noch einmal anders in die Begebenheiten und Abläufe des Lebens in der Welt eingebunden ist.

Analog dazu verhält sich das Begriffspaar „Weltchrist – Ordenschrist“. Der Ordensmann oder die Ordensfrau lebt die Berufung im Leben nach den evangelischen Räten in einer Gemeinschaft und in der Regel unter dem Dach eines Klosters. Ihre Existenz ist besonders durch das Gebet und durch ein je spezifisches Apostolat gekennzeichnet. Im Unterschied dazu lebt der „Weltchrist“ seine Berufung in allen denkbaren beruflichen Laufbahnen, Positionen und Aufgaben. Er wird in der Regel verheiratet sein und auch durch sein Vater- oder Muttersein als Christ herausgefordert.

Natürlich kennen wir eine Vielfalt von christlichen Berufungen. Seit dem II. Vaticanum wird diese Vielfalt noch erweitert durch die so genannten Säkularinstitute, in denen Frauen und Männer mit einem Gelübde in der „säkularen“ Welt leben. Hans Urs von Balthasar hat sich bekanntlich besonders für diese Lebensform eingesetzt. Es ist somit keine exakte Trennschärfe in den Begriffen möglich. Dies soll der Begriff „Weltchrist“ aber auch nicht leisten. Es geht in erster Linie um eine „ex positivo“ gegebene Definition der absoluten Mehrheit der Kirchenglieder.


Auch nicht übersehen wird, dass das Konzil der Mitwirkung der getauften und gefirmten Christen an der Leitung der Kirche selbst neue Impulse und Möglichkeiten eröffnet hat (LG 31). Das sei ausdrücklich erwähnt und betont. Das Hauptaugenmerk des Konzils liegt aber zweifellos auf dem Laienapostolat und dem damit zusammenhängenden Weltcharakter.

Der Begriff „Weltchrist“ greift diese Aussage des Konzils auf, dass den Laien der Weltcharakter besonders zu eigen sei und dass ihre Berufung darin besteht, mit ihren beruflichen Kompetenzen in den vielen Bereichen des Lebens in der Welt Sorge zu tragen für den Aufbau des Reiches Gottes. [Ende des Statements]
***
Wesentliche Punkte, die ich in der Diskussion angesprochen habe:

1. Bevor die Kirchenkonstitution nach der Behandlung der Themen „Hierarchische Ordnung“ und „Laienchristen“ zum Thema „Ordenschristen“ übergeht, betont sie die „Berufung aller Getauften zur Heiligkeit“ (LG 39-42). Dieser Gedanke wurde eigens vorgezogen und der Behandlung der Ordensleute noch vorangestellt. Das ist noch viel zu wenig beachtet. Hilfreich könnte hier der verstärkte Hinweis auf „heilige Laien“ sein, die als ausdrucksstarke Vorbilder, z. B. als heilige Mütter, Väter, Ingenieure, Politiker oder auch Journalisten, dienen könnten. Ein solches Vorbild sehe ich z. B. in Fritz Gerlich, dem Münchener Journalisten, der als einer der ersten die Person Adolf Hitlers und das nationalsozialistische Gedankengut öffentlich angeprangert und dies mit seinem Leben bezahlt hat.

2. Natürlich hat das Konzil auch die Mitwirkungsrechte aller getauften und gefirmten Gläubigen innerhalb der Kirche gestärkt. Es ist aber ganz klar, dass das Konzil auf keinen Fall zu einer Klerikalisierung der Laien und einer Laisierung des Klerus Vorschub leisten wollte. Alle Diskussionen, die in eine solche Richtung führen, verlassen den „Geist des Konzils“. Buchstabe und Geist des Konzils unterstreichen vielmehr die hohe Verantwortung der Bischöfe als Verkünder und Lehrer des Glaubens.

3. Zu meiner großen Überraschung und Freude las ich in den Publikationen, die sich der Geschichte der Regensburger Katholikentage widmen, dass sowohl 1849 als auch 1904 von Regensburg aus prominent die Forderung nach einer Katholischen Universität, etwa nach dem Vorbild Belgiens erhoben wurde. 1904, als sich die Gründung einer Katholischen Universität in Salzburg abgezeichnet hatte, zeigte man sich immerhin damit solidarisch. Die Sehnsucht nach einer alle Wissensgebiete umfassenden akademischen Bildungseinrichtung auf dem höchsten Niveau in katholisch-kirchlicher Trägerschaft als Thema einer Resolution eines Katholikentags! Eine Katholische Universität, und darin eingeschlossen, als Herzmitte gleichsam, eine Theologische Fakultät, die die Offenbarung Gottes bedenkt und in ihrer Leuchtkraft auch den anderen Fakultäten zugute kommen lässt.

Was seinerzeit vergeblich von den Laienvertretern gefordert wurde, ist seit dem Jahr 1980 Wirklichkeit. Es gibt die Katholische Universität Eichstätt. Vielleicht ist es gut, sich diese Sehnsucht früherer Generationen und früherer Katholikentage wieder zu vergegenwärtigen, um das große Gut, den großen Schatz würdigen und schätzen zu können, den die Katholische Universität Eichstätt darstellt.

Wie Sie wissen, wird die KUE seit ihrer Gründung von den Bayerischen Bistümern, und allein von ihnen, getragen. Ich möchte die Gelegenheit, da wir uns nunmehr zum dritten Mal zu einem deutschen Katholikentag in Regensburg versammeln, auch dazu nützen, an diese Geschichte zu erinnern und die Bitte aussprechen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Katholikentages, besonders die Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), möchten sich den Bemühungen der Katholikentage schon des 19. Jahrhunderts anschließen, sie aufgreifen und die bayerischen Bischöfe bei dem Bemühen unterstützen, die Katholische Universität zu einer gesamtdeutschen Initiative zu machen und somit auf eine breitere und noch sicherere Basis zu stellen.

• Eine Katholische Universität als Kompetenzzentrum für Fragen der Bio-Ethik und für Fragen der Wirtschaftsethik,

• eine Katholische Universität mit einem gut durchdachten „Studium generale“ als Markenzeichen und Bollwerk gegen das Verkommen der großen Bildungseinrichtung Universität zur bloßen Ausbildungs-, um nicht zu sagen Abrichtungsanstalt für die Bedürfnisse der Wirtschaft,

• eine Katholische Universität als Vorbild und Modell für einen immer notwendiger werdenden interdisziplinären Dialog

• in einer solchen Katholischen Universität bündeln sich geradezu alle Aufträge, die das Zweite Vatikanische Konzil im Blick auf das Laienapostolat formuliert hat.

• Eine Katholische Universität bietet eine Fülle von Brückenschlags-Möglichkeiten: Zwischen Glaube und Vernunft, Glaube und Naturwissenschaften, Kirche und Kultur, Ökonomie und Ökologie usw.

Denn – so sagt das Zweite Vatikanische Konzil im ersten Artikel des Dekretes über das Laienapostolat Apostolicam actuositatem – „das Apostolat der Laien, das in deren christlicher Berufung selbst seinen Ursprung hat, kann in der Kirche niemals fehlen. Wie spontan und fruchtbar dieses Wirken in der Frühzeit der Kirche war, zeigt klar die Heilige Schrift selbst (vgl. Apg 11,19-21; 18,26; Röm 16,1-16; Phil 4,3). Unsere Zeit aber erfordert keinen geringeren Einsatz der Laien, im Gegenteil: die gegenwärtigen Verhältnisse verlangen von ihnen ein durchaus intensiveres und weiteres Apostolat. Das dauernde Anwachsen der Menschheit, der Fortschritt von Wissenschaft und Technik, das engere Netz der gegenseitigen menschlichen Beziehungen haben nicht nur die Räume des Apostolats der Laien, die großenteils nur ihnen offenstehen, ins unermessliche erweitert; sie haben darüber hinaus auch neue Probleme hervorgerufen, die das eifrige Bemühen sachkundiger Laien erfordern. Dieses Apostolat wird um so dringlicher, als die Autonomie vieler Bereiche des menschlichen Lebens - und zwar mit vollem Recht - sehr gewachsen ist, wenngleich dieses Wachstum bisweilen mit einer gewissen Entfremdung von der ethischen und religiösen Ordnung und mit einer schweren Krise des christlichen Lebens verbunden ist. Zudem könnte die Kirche in vielen Gebieten, in denen es nur ganz wenige Priester gibt oder diese, wie es öfters der Fall ist, der für ihren Dienst notwendigen Freiheit beraubt sind, ohne die Arbeit der Laien kaum präsent und wirksam sein. Ein Hinweis auf diese vielfältige und dringende Notwendigkeit des Laienapostolats liegt auch in dem unverkennbaren Wirken des Heiligen Geistes, der den Laien heute mehr und mehr das Bewusstsein der ihnen eigentümlichen Verantwortung schenkt und sie allenthalben zum Dienst für Christus und seine Kirche aufruft.“ (AA 1)

4. Meinem Vorschlag einer Begriffsänderung liegt ein sachliches Anliegen zugrunde. Ich will mich nicht auf den Begriff „Weltchrist“ versteifen, sondern mir geht es darum, die große und historisch gesehen erstmalige lehramtliche positive Darstellung der Laien durch das Zweite Vatikanische Konzil in die Lebenswirklichkeit der Kirche zu übertragen. Darin sehe ich Defizite, die sich auch an dem Begriff „Laie“ festmachen. Denn Laien zeichnen sich eben nicht dadurch aus, dass sie keine Kleriker sind. LG 10 spricht von einem essentiellen Unterschied zwischen Klerus und Laien, der eben kein gradueller Unterschied ist, sie „unterscheiden sich zwar dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach.“ Laien sind nicht die schlechteren Kleriker, sondern haben einen eigenen Stand, eine eigene Berufung und Rolle innerhalb der Sendung der Kirche und nehmen dadurch auf ihre eigene Weise am Priestertum Christi teil (vgl. LG 10). Und für diesen Charakter verwendet das Konzil den Begriff des Weltcharakters der Laien.

5. In seinem vielbeachteten Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ drückt auch Papst Franziskus sein Bedauern über eine einseitige Sichtweise der Rolle der Laien in der Kirche aus, wenn er schreibt: „Auch wenn eine größere Teilnahme vieler an den Laiendiensten zu beobachten ist, wirkt sich dieser Einsatz nicht im Eindringen christlicher Werte in die soziale, politische und wirtschaftliche Welt aus. Er beschränkt sich vielmals auf innerkirchliche Aufgaben ohne ein wirkliches Engagement für die Anwendung des Evangeliums zur Verwandlung der Gesellschaft.“ (Evangelii gaudium, Nr. 104). Allen Gliedern der Kirche legt er ans Herz, an die Ränder zu gehen, aufzubrechen und das Licht des Evangeliums dorthin zu bringen, wo es gebraucht wird (vgl. Nr. 20). Das entspricht der Aufforderung Jesu, dass wir als Christen „Salz der Erde“ (Mt 5, 13) sein sollen. Salz, das sich nicht ausstreuen lässt, verklumpt, es wird zu einem lebensfeindlichen, ja tödlichen Salzklumpen. Wenn wir Christen, wie Jesus sagt, Salz der Erde sein sollen, dann ist es unsere Pflicht, uns ausstreuen zu lassen, uns gewissermaßen sogar auflösen zu lassen, damit wir in der Gesellschaft wirken können. Eine Kirche, die in den Sakristeien und Sitzungssälen verklumpt, kann dem Evangelium und dem Aufbau des Reiches Gottes nicht dienen. Aber das ist unser aller Berufung, Mitarbeiter am Aufbau des Reiches Gottes zu sein, jeder auf seine Weise.

Anmerkung:
[1] Ausdrücklich sagt das Dekret über die sozialen Kommunikationsmittel: „Die mit den sozialen Kommunikationsmitteln arbeitenden Laien sollen vor allem durch Erfüllung ihrer jeweiligen Berufsaufgabe mit Sachverstand und in apostolischem Geiste bereitwillig für Christus Zeugnis ablegen“ (IM 13).

Statement von Bischof Rudolf Voderholzer über den Regensburger Katholikentag


Foto Bischof Voderholzer (c) Bistum Regensburg



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