CDU/CSU, vergiss deine treuen Wähler nicht!

27. Mai 2014 in Kommentar


Zum Ergebnis der Europawahl. Von Helmut Matthies (idea)


Wetzlar (kath.net/idea) Hat die Europawahl christlichen Anliegen geschadet? CDU und CSU haben zwar acht Sitze eingebüßt, aber die Zahl derer, die sich dem christlichen Menschenbild verpflichtet fühlen, hat noch leicht zugenommen: So gehören laut Wahlprogramm zumindest die sieben Abgeordneten der Alternative für Deutschland (AfD) und die Spitzenkandidaten der ödp (sozusagen die konservativen „Grünen“) wie (laut dessen Aussage) der Familienpartei dazu. Darüber hinaus gibt es natürlich auch bei SPD, Grünen und FDP engagierte Christen, selbst wenn Christliches in deren Programm nicht oder kaum benannt wird. Dass die drei christlichen Kleinparteien PBC, AUF und Christliche Mitte keinen Sitz bekamen, liegt wohl daran, dass sie es bisher nicht schafften, sich zu vereinigen. Zusammen hatten sie diesmal 0,5Prozent, und damit 0,1Prozent weniger als die ödp, die jetzt im Europaparlament ist. Dass sich konservative Christen hier nicht einigen können, hat sicher manchen davor abgeschreckt, eine dieser Parteien zu wählen, obwohl die 3-Prozent-Hürde gefallen ist. Denn 2009 erhielten alle drei zusammen noch 0,6Prozent. Wobei bemerkenswert ist, dass eine Tierschutzpartei auf 1,2Prozent kommt, während Parteien, die ausdrücklich und eindeutig gegen Abtreibung auftreten, keinen Sitz erringen.

Die treuste Wählerschaft

CDU/CSU sollten trotzdem aufpassen, dass sie nicht den Kontakt zu ihrer treusten Wählerschaft – außer den Katholiken den Evangelikalen – verlieren. Wenn viele sie noch gewählt haben, dann wohl auch wegen Volker Kauder, Hermann Gröhe und Peter Gauweiler. Ansonsten wird aufmerksam registriert, dass sich beispielsweise kurz vor der Europawahl die CDU-geführte hessische Landesregierung von einem renommierten evangelikalen Fachverband wie dem Weißen Kreuz distanzierte, obwohl auf seinem Kongress am letzten Wochenende überhaupt nicht – wie behauptet – das Thema Homosexualität explizit behandelt wurde. Da spricht die AfD als „zutiefst bürgerliche Protestbewegung“ (so das Handelsblatt) konservative Protestanten und Katholiken schon eher an, wenn sie Maßnahmen gegen das Gender-Mainstreaming verspricht.

Dazu kommt, dass an der Spitze engagierte Christen stehen – besonders der reformierte Bernd Lucke (der sich ausdrücklich für den „Ausbau des Christenflügels“ in der Partei ausspricht) und die lutherische Beatrix von Storch (die mit dafür sorgte, dass 174.000 Unterschriften für den Schutz ungeborener Kinder gesammelt wurden).

Erfolgreich trotz kirchlicher Warnung

Die neue Partei ist erfolgreich, obwohl sie gegen Linksextreme (in einigen Städten wurden 90 Prozent der AfD-Plakate zerstört) und so gut wie alle Medien zu kämpfen hatte. Manche (von der Tageszeitung „Die Welt“ bis hin zum „Spiegel“) übertrieben es in ihrer Kampagne gegen die AfD so sehr, dass sogar die linksorientierte „Süddeutsche“ schrieb: Die AfD wurde „ausgegrenzt, teilweise regelrecht diffamiert“.

Die Alternativen hatten sogar die großen Kirchen gegen sich. Allenthalben warnten diese vor den „Populisten“ bei der Europawahl. Die Einzige freilich, die so bezeichnet wurde, ist die AfD. Wenn die Kirchen schon Wahlkampf machen, hätten sie da nicht ihren Mitgliedern empfehlen müssen, als Maßstab für die Bewertung von Parteien vor allem die Zehn Gebote zu nehmen? Sie sprechen beispielsweise die Lüge an (was wurde nicht in Sachen EU alles erklärt und nicht gehalten!) oder die Verschwendung von Steuergeld: Ist es zu verantworten, dass rund 4.000 EU-Beamte mehr verdienen als Bundeskanzlerin Angela Merkel (etwa 290.000 Euro im Jahr)? Und dann das sechste Gebot, dem viele EU-Entscheidungen bzw. Pläne widersprechen … Wer nur vor den sogenannten Populisten warnt, macht es sich zu einfach.

Der Autor, Helmut Matthies, ist Leiter der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar).


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