Psychologin: Schulunterricht über sexuelle Praktiken kann verstören

15. Mai 2014 in Familie


Traumatherapeutin Tabea Freitag im SWR 2: Bei manchen Arten von Sexualkundeunterricht handle es sich im Grunde um „sexuelle Belästigung von Schülern“, kein Arbeitnehmer würde es dulden, in dieser Weise von Chef oder Kollegen belästigt zu werden


Hannover (kath.net) „Ich wurde mit Menschen konfrontiert, die im Schulunterricht erlebt haben, dass sie mit vielfältigen sexuellen Praktiken detailliert konfrontiert wurden und darauf sehr verstört, irritiert und schambesetzt reagiert haben.“ Hierbei handle es sich im Grunde um eine „sexuelle Belästigung von Schülern. Denn kein Arbeitnehmer würde es dulden, in dieser Weise von seinem Chef oder von Kollegen belästigt zu werden.“ Dies stellte die Psychologin, Traumatherapeutin und Autorin Tabea Freitag im Interview mit dem SWR 2 fest. Freitag arbeitet mit Menschen, die sexuell traumatisiert oder pornographiesüchtig sind und hat in Hannover eine Fachstelle zur Mediensucht aufgebaut.

„Ich glaube nicht, dass Jugendliche von sich aus danach verlangen, in der Schulklasse Latex, Lack, Lederpeitsche, Aktfotos, Vaginalkugeln zu ersteigern oder von sich aus den ‚neuen Puff für alle‘ kreieren und dabei vor der Schulklasse keine sexuellen Präferenzen auslassen“, erläuterte die Psychologin in dem Hörfunkbeitrag. „In der Anweisung für Pädagogen steht ausdrücklich – offenbar die Scham und Scheu der Jugendlichen einkalkulierend: Jugendliche brauchen Ermunterung, Sexualität sehr vielseitig zu denken, sie müssten mehrfach darauf hingewiesen werden.“ Es werde auf die Jugendlichen etwas projiziert, was sie von sich aus gar nicht einbringen würden, erläuterte Freitag dazu, denn es gebe ja eine Scham, in der Schule vor den Schulkameraden solche Themen anzusprechen.

Freitag erklärte weiter: „Identität bedeutet ja eigentlich ‚Mit sich übereinstimmend‘, d. h. etwas als stimmig zu erleben, was zu mir gehört. Und hier wird im Grunde das, was ich mitbringe – mein Körper, mein Erleben, meine Kernfamilie, in der ich aufgewachsen bin – tief in Frage gestellt und soll ja hinterfragt werden.“ Diese Stimmigkeit könne beispielsweise durch pornographische Einflüsse nicht mehr erlebt werden, aber auch „durch eine Sexualpädagogik, die vorher alle möglichen Praktiken vorlegt“. Diese Praktiken hätte man „selber so vielleicht gar nicht entdeckt oder gewünscht“, aber man werde mit ihnen im Unterricht konfrontiert „und denkt, vielleicht bin ich nicht normal, dass ich das nicht kenne oder wünsche oder nicht weiß, ob es mir gefällt“.

„Das Credo ‚Anything goes - das Einzige ist Selbstbestimmtheit und Freiwilligkeit‘ geht aber immer von dem souveränen, völlig selbstsicheren Jugendlichen aus“, der auch in sexuellen Dingen genau wisse, was er wolle. Dies übersehe aber eine Menge von Verunsicherungen, Identätsfindungsprozessen, an Normen, die auch aus pornographischen Filmen geprägt seien.

In der Formel „mehr Verständnis für sexuelle Vielfalt“ gehe zwar vordergründig ganz klar „um Antidiskrimierung, und das ist auch zu 100 Prozent zu unterstützen: Niemand sollte wegen seiner sexuellen Orientierung in irgendeiner Weise diffamiert oder gar benachteiligt werden und das gleiche sollte natürlich auch für alle anderen Minderheiten gelten, z.B. für ethnische oder religiöse Minderheiten.“ Doch „hintergründig gehen die Ziele der ‚dekonstruktivistischen Sexualpädagogik‘“ sehr viel weiter als die Akzeptanz sexueller Vielfalt und seien auch schon seit Jahren formuliert worden. „Erklärtes Ziel ist nämlich die Auflösung der Geschlechterpolarität von Mann und Frau, d.h. niemand soll sich mehr diskriminiert fühlen durch sein eigenes biologisches Geschlecht, er soll also die Wahl haben, zu welchem Geschlecht er gehören will. Das soll auch schon Grundschülern vermittelt werden, dass sie ihre eigene sexuelle Identität in Frage stellen und reflektieren, ob ihr Junge- oder Mädchensein nicht nur anerzogen wurde.“

„Alle Optionen von Partnerschaft und Elternschaft und Sexualität sollen als gleichwertig nebeneinandergestellt werden, letztlich auch Polyamorie und Promiskuität“, Jugendliche sollten mit den Lebensweisen der LSBTTIQ [Lesben, Schwule, bi- und transsexuelle Menschen, Inter und Queer] vertraut gemacht werden, dabei werde „die Kernfamilie nicht als die Norm vermittelt, sondern eher als traditionell-konservativ, teilweise sogar als überholt, und dann ist es folgerichtig, dass man letztlich auch die Promiskuität (also Sexualität mit häufig wechselnden Partnern) als akzeptable Form vermittelt“.

Die Psychologin berichtete, dass sie beispielsweise von mehreren zehnten Klassen in Niedersachsen erfahren habe, die im Lateinunterricht Catull-Gedichte übersetzten, in denen es um alle möglichen obszönen Darstellungen geht und Schüler z.B. ‚das abgefickte Mädchen‘ übersetzen müssen. Es geht dann um Anal- und Oralverkehr, um Inzest, um pädosexuelle Vorgänge, die aber ein Stück weit als normal vermittelt werden.“

Das Interview kann man in voller Länge hören im SWR 2


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