Evangelischer Pfarrerverband befremdet über Erdogans 'Pastoren'-Kritik

1. Mai 2014 in Deutschland


Der türkische Premierminister äußerte sich abfällig über Gaucks Vergangenheit als Geistlicher: „Der deutsche Staatspräsident denkt wohl, er sei immer noch ein Pastor. Das geht nicht. Das ist hässlich“ - Pfarrerverband: Gauck ist weiterhin Pastor


Westerstede (kath.net/idea/red) Befremdet über die Kritik des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan an Bundespräsident Joachim Gauck (Foto) hat sich der Verband evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland geäußert. Erdogan hatte am 29. April Gauck vorgeworfen, sich mit seinen kritischen Worten über Demokratiedefizite in der Türkei in die inneren Angelegenheiten des Landes eingemischt zu haben. Der türkische Premier: „Der deutsche Staatspräsident denkt wohl, er sei immer noch ein Pastor.“ Aus diesem Verständnis schaue er auf die Dinge: „Das geht nicht. Das ist hässlich“, Gaucks Verhalten passe nicht zu einem Staatsmann. Die Rede Erdogans, die er vor Parteifreunden in Ankara gehalten hatte, war vom Fernsehen übertragen worden. Gauck hatte zuvor öffentlich den autoritären Führungsstil Erdogans kritisiert, der in der Türkei von vielen als Gefährdung der Demokratie wahrgenommen werde. Auch Einschränkungen der Pressefreiheit und Beeinflussung der Justiz durch die Regierung hatte Gauck moniert.

Der Vorsitzende des Pfarrerverbandes, Andreas Kahnt (Westerstede), wies Erdogans Kritik zurück. Auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea sagte er: „Der deutsche Bundespräsident denkt nicht nur, er sei immer noch Pastor, aufgrund seiner Ordination ist er es auch, selbst wenn seine Ordinationsrechte ruhen.“ Vor allem sei Gauck aber Christ. Aus diesem Verständnis denke und rede er, wie es allen Christen aus evangelischer Sicht gut anstehe. Kahnt: „Christliches Denken schließt keinen Bereich gesellschaftlicher oder politischer Verhältnis aus.“

Außerdem schaue Gauck als Präsident eines demokratischen Staates mit einem entsprechenden Grundverständnis auf Politik und Gesellschaft: „Als authentische Person aufzutreten, ist weder unangemessen noch ‚hässlich‘. Unangemessen ist aber in jedem Falle die Verbindung christlichen Glaubens und Denkens mit dem Begriff ‚Hässlichkeit‘.“

Verband: Wir freuen uns, dass ein Pfarrer Bundespräsident ist

Kahnt zufolge ist die Präsenz religiöser Persönlichkeiten in Politik und Gesellschaft in den meisten Ländern selbstverständlich. Der Verband – er hat rund 21.000 Mitglieder – freue sich, dass ein evangelischer Pfarrer in Deutschland zurzeit Bundespräsident ist. Die Organisation versteht sich als Pfarrvertretung auf EKD-Ebene und gibt monatlich das „Deutsche Pfarrerblatt“ heraus.

Gauck hatte von 1967 bis 1990 als evangelischer Pastor Mecklenburg gewirkt.

Kurzvideo - Türkei-Reise: Erdogan sauer auf Bundespräsident Joachim Gauck (Deutsche Welle)



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