Kurt Krenn: 'Es geht in der Fastenzeit um das Heil eurer Seele'

4. März 2003 in Österreich


KATH.NET dokumentiert den Hirtenbrief des Bischofs von St. Pölten zur Fastenzeit und Osterfest 2003 - "Wo Gott verschwindet, ziehen Chaos und moralische Unordnung in die Herzen der Menschen ein"


St. Pölten (www.kath.net)
Mit vielen guten Wünschen an die Gläubigen unserer Diözese möchte ich diesenHirtenbrief zur Fastenzeit und zum Osterfest beginnen. Was erwartet sichGott von uns in diesen Tagen ? Wir irren sicher, wenn wir meinen, daß Gottsich nichts erwartet. Ich will jedoch Jesus selbst zu Wort kommen lassen: Essind die Worte bei Markus, mit denen Jesus das Kommen des Reiches Gottesankündigt: "Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist nahe. Bekehrt euchund glaubt an das Evangelium" (Mk 1,15). Dies muß auch bei uns für dieFastenzeit gelten.

Um gottgefällig zu fasten, genügt es nicht, weniger zu essen und weniger zutun. Wir müssen bewußt wahrnehmen, daß die Zeit erfüllt ist und das ReichGottes naht. Viele meinen, Gott zu gefallen, wenn sie nichts wollen, nichtswissen und nichts tun; viele meinen, daß der faule Untätige Gott gefällt,weil er nichts tut und damit nicht sündigt. Erfüllt jedoch ist im SinneChristi die Zeit, die Früchte bringt. Früchte gibt es dort, wo der HeiligeGeist am Werk ist.

Ich erinnere euch an den Epheserbrief, der auch dies vom neuen Menschenfordert, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit undHeiligkeit: "Legt die Sünde ab und redet miteinander in Wahrheit" (3, 15).Schon der Teufel hat mit der Lüge versucht, den Menschen von Gottabzubringen. Es gibt viele Arten der Lüge in unserer Welt. Sagt die Wahrheitund schweigt lieber als zu lügen; das Schlimmste an der Lüge ist der bewußteVorsatz zur Lüge. Der Irrtum ist noch keine Lüge; wer aber den Irrtumentdeckt und der Wahrheit nicht ihren Raum gibt, der lügt schließlich mitVorsatz und ist ein Lügner. Die Lüge hat viele Systeme, in denen siegedeiht. Ein besonders zur Lüge anfälliges System liegt in den Massenmedien,die manchmal viel zur Lüge und zum Zorn beitragen, wenn sie nicht die volleWahrheit sagen, wenn sie Notwendiges verschweigen, wenn sie die Reihenfolgeder Ereignisse verdrehen oder Wirkliches einfach unterschlagen. Gott ist dieLiebe, Gott ist aber auch die Wahrheit, die nichts anderes als Wahrheit ist.Im Paradies versprach der Teufel dem Menschen, daß er sein werde wie Gott;dieses Versprechen war die Schlimmste aller Lügen. Jesus selbst nennt denTeufel den Vater der Lüge (vgl. Jo 8,44). Durch Lüge verführt der Teufelimmer wieder die Menschen und bringt sie in die Knechtschaft der Sünde. Wennwir aber Jünger Christi werden, werden wir die Wahrheit erkennen und dieWahrheit wird uns befreien (vgl. Jo 8,31 f.).

Liebe Gläubige ! Bleibt im Wort Jesu und seid seine Jünger; Christus wirdeuch befreien. Wer die Sünde tut, ist Sklave der Sünde; die Wahrheit Christijedoch kann uns befreien.

In Zeiten des Fastens und der Bekehrung muß der Bischof daran erinnern, daßdie schwierigen pastoralen Probleme, derenwegen Papst und Bischöfe oftbeschimpft und getadelt werden, nicht die Erfindung der Hirten der Kirchesind sondern aus den Geboten Christi ihren Ursprung haben. Wenn jemand dieEhe bricht oder bei bestehender Ehe sich bürgerlich wiederverheiratet, wennjemand in wilder Ehe lebt, der versündigt sich an Gesetz und Gebot Christi.Wer in seinen Lebensentscheidungen Christus mißachtet und sich nichtbekehrt, der ist aus eigener Verantwortung nicht fähig zumSakramentenempfang. Ich frage mich als Bischof, wie es Seelsorger gebenkann, die geschiedene Wiederverheiratete zur Kommunion einladen, auch wennsie gegen die Ordnung Christi leben. Auf solche Seelsorger trifft zu, daßein Blinder einen Blinden zu führen sucht.

Große Sorge bereitet den Eltern und der Kirche, daß die jungen Frauen undMänner ohne Prüfung und ohne Eheschließung in wilder Gemeinschaftzusammenleben. Viele Gläubige, auch die Eltern, sind stumm geworden undertragen oft mutlos und verzagt die Sünden der Kinder. Jeder weiß auch iminnersten Gewissen, daß darauf kein Segen liegt und unsere Jugend dabeiverwahrlost. Bei diesem Anlaß wirft der Zeitgeist der Kirche allzu großeStrenge vor und behauptet, daß die Kirche wegen solcher Gewissenhaftigkeitdie Jugend verliert. Dagegen möchte ich die Frage stellen: Was ist schlimmer?Wenn die Kirche die Jugend verliert oder wenn unsere Jugend Gott verliert?Die Sünde der Unkeuschheit ist ein Gottesverlust; ohne Gott wird unsereJugend keine menschenwürdige Zukunft haben.

Man macht es unserer Jugend heute nicht leicht: Die Unzucht ist ein großesGeschäft geworden. Pornographie und der Verlust aller gottgeschenkten Werteregen heute nicht mehr auf. Aber es gibt dennoch die kleine Schar derGetreuen, die den Geboten Gottes gehorchen und am Zeugnis für Jesusfesthalten.

Liebe Eltern ! Schweigt nicht und bekümmert euch um eure Kinder, wenn bisins kleinste Dorf vor allem über das Fernsehen das Gift der Gottlosigkeittransportiert wird. Es ist die Gottesfurcht, die unseren jungen Menschengenommen wird. Wo Gott verschwindet, ziehen Chaos und moralische Unordnungin die Herzen der Menschen ein. Gott will, daß alle Menschen gerettet werdenund zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Euer Fasten sei der Weg zu eurerHeiligkeit, die nichts anderes als die Liebe zu Gott ist.

Eine Sorge, die immer mehr zu einer Katastrophe wird, ist die Ablehnung desKindes bei vielen Eheleuten. Gott schuf den Menschen und wollte, daß aus derehelichen Gemeinschaft von Mann und Frau neues Leben kommt. Unser Landbraucht viel mehr Kinder als heute geboren werden. Eines der ungelöstenProbleme z. B. bei den Pensionen ist die Zahl der künftigen Kinder, die denGenerationenvertrag übernehmen und einlösen müssen. Wo ein Land unter dasBevölkerungsminimum fällt, dort geht es unaufhörlich abwärts, weil diekleinen Gemeinschaften zerfallen. Die letzte Volkszählung hat fürNiederösterreich ein durchaus erfreuliches Resultat gebracht; aber es sindunsere entlegenen ländlichen Gebiete, die kinderarm sind und ihr letztesMinimum an Infrastruktur verlieren: Verlust der Ämter und Dienste, Auflösungder Schulen und Entleerung einst blühender Orte und Gemeinden. Vieles wirdden Menschen als Fortschritt angepriesen, was Sünde ist und zerstört.Abtreibung des ungeborenen Kindes; Verhütung des Kindes in sündiger Weise;Verächtlichmachung der Mutteraufgabe der Frau; wildes Zusammenleben ohneEhe; Ehebruch und Ehescheidung; überall spielt sich in solchen Sünden dasDrama des Gottesverlustes des Menschen ab. Wo Gott verloren geht, erlischtdas Gewissen, triumphieren Egoismus und Lüge, und es stirbt überall dieLiebe.

Es geht in der Fastenzeit um das Heil eurer Seele, um eure Nähe zu Gott undum euer Mitwirken am Kommen des Reiches Gottes, das Christus selbst unszugesagt hat. Laßt euch nicht verführen; auch die Neigung zum Bösen in unsselbst ist sehr erfinderisch und schlau. Liebe Eltern ! Erzieht eure Kinderzur Gottesfurcht; wer Gott fürchtet, der kann täglich seine Gottesfurcht zurGottesliebe weiterentfalten.

Seien wir demütig vor Gott und prahlen wir nicht; unsere Familien brauchenMut und Demut. Wie töricht sind die Menschen, die meinen jemand Besondererzu sein, weil sie etwas haben, was andere nicht haben. Prahlerei undVerschwendung sind nicht nur Dummheit sondern auch sündiger Stolz undunsozialer Egoismus.

Wo die Sünde auf diese Weise herrscht, dort sind die Berufungen für dasReich Gottes gefährdet. Wir haben große Sorgen in unserem Land, weil dieLauheit und Gleichgültigkeit oft das Lebensgefühl unserer Gläubigen sind. Inunserem Land wird der Segen Gottes nur konkret, wenn unsere Familien heiligsind, unsere Priester für Gott und die Kirche begeistern und junge Männerund Frauen dem Ruf Christi zum gottgeweihten Dienst folgen.Der Priester ist niemals ersetzbar, weil nur der Priester die Eucharistiefeiern und Sündenvergebung in Christi Namen gewähren kann. Ich erinnerejeden von euch an die Gewissenspflicht zur regelmäßigen Sonntagsmesse und andas Minimum einer würdigen und persönlichen jährlichen Beichte. Dieösterliche Bußzeit will die Erinnerung der Kirche an die Gnade Gottes sein,die für uns in diesem Leben niemals zu spät ist. Seid keine Schläfer undVerweigerer; Christus will jeden erlösen. Wortgottesdienste sind kein Ersatzfür die hl. Messe und erfüllen auch nicht die Sonntagspflicht; der Bischofbesteht auf dieser Klarstellung. Der Bischof bittet die Priester umgehorsame Gewissenhaftigkeit. Auch die Predigt in der Eucharistiefeier istdem Priester undDiakon ausschließlich vorbehalten.

Früher galt der Ungehorsam als zeitgemäß und mutig. Heute gehört zumUngehorsam und zur Disziplinlosigkeit keine besondere Leistung. Ich denkedabei an die Unordnung und Beliebigkeit in der Feier der Liturgie und in dergeistlichen Kleidung der Priester. Liebe Mitbrüder denkt an Christus undlebt in seinem Gehorsam, der bis zum Tod am Kreuz konsequent ist.Stolz und Ungehorsam liegen den vielen Sünden gegen das Gesetz Christi undgegen die Ordnung der Kirche zugrunde. Herr, erbarme dich deiner Kirche, diedemütige Priester und Gläubige braucht!In unserem Land finden am 30. März Wahlen zum Niederösterreichischen Landtagstatt. Für jeden Christen gehört es zur selbstverständlichen Bürgerpflicht,an der Wahl teilzunehmen. Mit eurer Stimme könnt ihr in Freiheit am Wohlunseres Bundeslandes mitgestalten. Ihr seid frei; aber eure Wahlentscheidungsoll für jene Kandidaten gelten, die christliche Grundsätze vertreten, diehilfsbereit sind und nach den Geboten Christi leben. In politischen Fragendarf es durchaus entgegengesetzte Urteile geben. Die Kirche muß auch inpolitischen Fragen an die Gebote Gottes verbindlich erinnern, dennoch kannes sein, daß Christen bei gleicher Gewissenhaftigkeit in der gleichen Fragezu einem anderen Urteil kommen (vgl. Vat.II. Gaudium et spes, Nr.43).Niemand darf die Autorität der Kirche ausschließlich für sich und seineeigene politische Option in Anspruch nehmen.Das Evangelium Christi muß von den Christen auch politisch bezeugt werden;die Christen müssen die Welt mit christlichem Geist durchdringen. Die Kirchesteht zu den politischen Optionen nicht in gleicher Distanz; es sindvielmehr die politischen Parteien selbst, die dem Glauben und der Kirchegegenüber in verschiedener Nähe stehen. Die Parteien sollen sich von denGläubigen bezüglich solcher Nähe prüfen lassen.Liebe Gläubige ! Auch für die Fastenzeit 2003 sind euch viele Aufgaben vonChristus gestellt. Besteht in den Prüfungen Gottes; tut Gutes und helft denNotleidenden. Habt Hoffnung und Glauben; die Früchte des Geistes seien euchreichlichgeschenkt. Feiert ein gnadenvolles Osterfest.Es segnet euch und betet für euch euer Bischof.

St. Pölten, am 5. März 2003
Aschermittwoch

Informationen zur Fastenzeit

Fastenhirtenbrief des Papstes

KATH.NET-Thread zur Fastenzeit


© 2003 www.kath.net