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3. April 2014 in Chronik


Vor 20 Jahren ereignete sich in Ruanda einer der brutalsten Völkermorde - Von April bis Juni 1994 metzelten Angehörige der Hutu-Volksgruppe mindestens eine Million Tutsi und gemäßigte Hutu nieder. Fast alle Täter und Opfer waren Kirchenmitglieder


Kigali/Kassel (kath.net/idea) Vor 20 Jahren ereignete sich im ostafrikanischen Ruanda einer der brutalsten Völkermorde des 20. Jahrhunderts. Von April bis Juni 1994 metzelten Angehörige der Hutu-Volksgruppe mindestens eine Million Tutsi und gemäßigte Hutu nieder. Fast alle Täter und Opfer waren Kirchenmitglieder. Der deutsche Ruanda-Experte Wolfgang Reinhardt (Kassel) weist in einer für die Weltweite Evangelische Allianz verfassten Erklärung unter anderem auf die ungeheure Brutalität hin: Wer erschossen wurde, habe noch ein vergleichsweise mildes Schicksal erfahren; viele Opfer seien mit Macheten umgebracht worden und eines langsamen, schmerzhaften Todes gestorben; andere seien in Latrinen oder durch andere Foltermethoden umgekommen. Alle gesellschaftlichen Gruppen seien an dem „Inferno“ beteiligt gewesen, darunter auch Ärzte, Krankenschwestern und Lehrer. Der Völkermord sei durch eine jahrzehntelange Hasspropaganda und eine tiefe Spaltung der Gesellschaft geistig vorbereitet worden. Versagt hätten alle Religionen und Kirchen.

„Verrat am Evangelium“

Der Jahrestag erinnere an die Notwendigkeit, wachsam zu sein für jede Ausgrenzung und Entmenschlichung einer gesellschaftlichen Gruppe, so Reinhardt. Die Völkergemeinschaft müsse alle Bemühungen unterstützen, immer noch flüchtige Mörder und Drahtzieher des Völkermords zur Rechenschaft zu ziehen. Das Verbrechen diene auch als Warnung vor einer oberflächlichen Religion, die den herrschenden Mächten zu unkritisch gegenüberstehe und die Maßstäbe Jesu missachte. Das sei „Verrat am Evangelium“, so Reinhardt. Er setzt sich aktiv für Versöhnung und die Überwindung von Traumata bei den Überlebenden ein. Reinhardt: „Die Opfer dürfen nie vergessen werden ebenso wie die Helden, die versuchten, Tutsi unter Einsatz ihres eigenen Lebens zu schützen, und die lieber sterben wollten, als sich von ihnen trennen zu lassen.“

Ruanda wurde zu einem Musterland

Ruanda hat sich inzwischen unter Staatspräsident Paul Kagame zu einem afrikanischen Musterland entwickelt. Kritiker werfen ihm freilich einen autoritären Regierungsstil vor. Zur Erinnerung an den Völkermord findet in dem Land ein Fackellauf statt, der am 7. April in der Hauptstadt Kigali endet. Dort will Kagame ein „Licht der Trauer“ entzünden, das die staatliche Gedenkphase einleitet. Dazu dient auch die Initiative „Kwibuka“ („Erinnern“ in der Landessprache Kinyarwanda). Von den 11,4 Millionen Einwohnern Ruandas sind 56 Prozent Katholiken, 38 Prozent Protestanten und fünf Prozent Muslime. Der Rest gehört Naturreligionen an.

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