Katholischer Bischof: Kiewer Regierungschef kein Scientologe

7. März 2014 in Weltkirche


Generalsekretär der unierten Bischofssynode, Dzuriach: "Alle kritisch und selbstständig denkenden Menschen sehen sehr klar, dass der Kreml mit seinem Vorgehen alle möglichen internationalen Vereinbarungen missachtet hat"


Kiew (kath.net/KAP) Die ukrainische griechisch-katholische Kirche hat Medienberichte über eine Scientology-Mitgliedschaft des neuen ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk (39) zurückgewiesen. Das sei eine "Lüge", sagte der Generalsekretär der Bischofssynode, Weihbischof Bogdan Dziurach, am Donnerstag in Kiew der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA. Der Politiker von der Vaterlandspartei der früheren Ministerpräsidentin Julia Timoschenko gehöre der griechisch-katholischen Kirche an.

Unter anderen hatte die russische Nachrichtenagentur "Interfax-Religion" Jazenjuk der Mitgliedschaft in der Scientology-Organisation bezichtigt. Die Agentur berichtete am Mittwoch unter Berufung auf nicht namentlich bezeichnete ukrainische Medien zudem, Jazenjuks Schwester leite in den USA eine große Scientology-Stelle. Ukrainische Politiker und Kommentatoren werfen russischen Medien seit Tagen vor, gezielt Falschmeldungen über die neue ukrainische Regierung zu verbreiten.

Klar ablehnend äußerte sich Bischof Dziurach, dessen Kirche seit 400 Jahren mit Rom uniert ist, zu dem auf der Halbinsel Krim geplanten Volksentscheid über den künftigen Status der Region. Der stellvertretende Ministerpräsident der Autonomieregion Krim, Rustam Temirgaliew, hatte am Donnerstag erklärt, die Bürger der Krim sollten am 16. März in einem Referendum darüber abstimmen, ob die Region Teil der Ukraine bleibe oder an Russland angegliedert werde.

Eine solche Abstimmung sei gesetzwidrig, sagte der Generalsekretär der Bischofssynode. Die Vorgängerregierung in Kiew habe dafür gesorgt, dass das ukrainische Recht keine Volksabstimmung vorsehe.

Dziurach warf Moskau und den neuen prorussischen Machthabern auf der Krim vor, die Ukraine spalten zu wollen. "Wir hoffen, dass diese Pläne nicht gelingen werden", so der Bischof. Ein klares Zeichen hätten am Mittwoch bereits 10.000 Menschen im ostukrainischen Donezk mit einer Demonstration "gegen die russische Besatzung" gegeben. Inzwischen verstünden "alle kritisch und selbstständig denkenden Menschen sehr klar, dass der Kreml mit seinem Vorgehen alle möglichen internationalen Vereinbarungen missachtet hat".

Dass die russische Militärintervention auf der Krim bislang zu keiner blutigen Konfrontation geführt habe, sei der "Selbstbeherrschung" der ukrainischen Soldaten zu verdanken, betonte Dziurach. Dennoch bedrohe die "Invasion der russischen Militäreinheiten" die Stabilität in ganz Europa.

"Jetzt sollte die rosarote Brille abgelegt werden, weil es morgen zu spät sein könnte", riet er westlichen Politikern. Man solle den Aggressor beim Namen nennen und alle Möglichkeiten nutzen, um ihn in Zaum zu halten.

"Fassungslosigkeit" über Patriarch Kyrill

"Fassunglos" habe ihn die Haltung des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. zu dem Konflikt gemacht. Dieser habe, obwohl er auch Kirchenoberhaupt von Millionen orthodoxen Ukrainern sei, in seiner Stellungnahme die Ukraine weder "als ein unabhängiges Land bezeichnet noch den militärischen Angriff von Putin mit einem Wort verurteilt".

Es sei zu fragen, ob "hinter den allgemeinen Phrasen über die Bruderschaft des ukrainischen, weißrussischen und russischen Volkes nicht doch ein stiller Segen für das gewaltsame Vorgehen Putins in der Ukraine gegeben wurde".

Alle bedeutenden ukrainischen Religionsgemeinschaften haben nach Worten des Bischofs gemeinsam an Russland appelliert, jede Form der Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Nachbarlandes zu beenden und sich der "Verantwortlichkeit vor Gott und der Menschheit für die möglichen irreparablen Folgen des militärischen Konflikts auf ukrainischem Staatsgebiet bewusstzuwerden". In der Stationierung fremder Militäreinheiten in der Ukraine sehen sie demnach eine Gefahr nicht nur für das eigene Land, sondern auch für den Frieden auf dem ganzen europäischen Kontinent.

Die mit Rom verbundene griechisch-katholische Kirche zählt in der Ukraine nach eigenen Angaben etwa 5,5 Millionen Mitglieder. Sie ist damit deutlich größer als die römisch-katholische Kirche, zu der sich gut eine Million der knapp 46 Millionen Ukrainer bekennen.

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