Lütz sieht Gefahr, dass Dialogprozess unerfüllbare Hoffnungen weckt

30. Jänner 2014 in Interview


Manfred Lütz: Diese Kaffeekränzchendialoge untereinander, „das ist doch etwas, was Papst Franziskus eher als diese geschlossenen Räume, die etwas miefig werden, charakterisiert“


Rom (kath.net/pl) „Ich glaube, die deutschen Laien sollten nicht nur über Dialog reden, sondern ihn tatsächlich führen, mit Menschen, die auch anderer Meinung sind“ und nicht nur „einen bestimmten Mainstream“ bedienen. Dies vertrat Manfred Lütz im EWTN-Interview mit Paul Badde. Der Psychiater und Autor ist u.a. Mitglied des Päpstlichen Rates für die Laien, Mitglied im Direktorium der Päpstlichen Akademie für das Leben und Berater der Vatikanischen Kleruskongregation. Lütz berichtete im Interview, dass er zu Beginn seiner Mitgliedschaft im Päpstlich Rat für die Laien versucht habe, mit dem ZdK Kontakt aufzunehmen. „Das hat nicht sehr gefruchtet, um es mal ganz offen zu sagen, weil das Zentralkomitee offensichtlich sehr mit sich selbst beschäftigt ist und da nicht sehr interessiert war, aus meiner Sicht.“

Zum Dialogprozess sagte Lütz: „Ich habe nichts gegen den Dialogprozess“ und er wolle keineswegs „alles von vorneherein schlecht machen“, denn man müsse „auch so einem Dialogprozess eine Chance geben“.

Allerdings habe er es als eine „Gefahr“ empfunden, „dass da Hoffnungen erweckt werden, die nachher nicht erfüllt werden. Die Themen, die ich dann manchmal hörte – Frauenpriestertum soll eingeführt werden, Zölibat aufgehoben, wiederverheiratete Geschiedene... – das sind alles Themen gewesen, wo man sich dann die Frage stellt: Ist es wirklich realistisch, dass dann da die Lösung herauskommt, die sich manche erwarten? Und wenn das gar nicht realistisch ist, dann kann das eine sorgfältig geplante Frustration werden“.

Papst Franziskus habe allerdings in seinem neuen apostolischen Schreiben darauf hingewiesen: „Wir müssen vor allem missionarische Kirche sein, wir dürfen uns nicht nur miteinander hinsetzen und nur miteinander reden“. In der Konstitution des II. Vatikanischen Konzils „Gaudium et Spes“ komme das Wort „Dialog“ ungefähr zehnmal vor, neunmal davon bezeichnet es den Dialog mit den außerkirchlichen Menschen, mit der Welt, „neunmal hat es denn Sinn der Evangelisierung, der Missionierung der Welt. Wie macht man Dialog mit Ungläubigen, wie macht man Dialog mit der Wissenschaft… so! Und nicht Dialog untereinander. Diese Kaffeekränzchendialoge untereinander – und sich irgendwie wohlfühlen –, das ist doch etwas, was Papst Franziskus eher als diese geschlossenen Räume, die etwas miefig werden, charakterisiert.“ „Wir Laien haben die Aufgabe, in die Welt hineinzugehen, ich tue das selbst mit Vorträgen, mit Büchern oder mit Kabarett.“

Für den Umgang mit der Unzufriedenheit in der Kirche wünscht sich Lütz „Ombudsleute“ und eine „Beschwerdekultur“. „Das Problem in der Kirche ist, dass die Menschen etwas Schlimmes erleben, sich furchtbar ärgern über den Ortspfarrer, den Bischof, den Papst, oder über irgendwas, und die einzige Möglichkeit der Reaktion ist in Deutschland der Kirchenaustritt. Und die Medien kochen das immer wieder hoch“ und es wirke als selffullfilling prophecy.

Er halte es für wichtig, dass Kleriker ihre Aufgabe als Dienst empfinden. „Das ist toll, dass Gott uns in der Kirche in Bischöfen und Priestern und Diakonen ein Amt geschenkt hat, das die Gnade gültig weitergeben kann, so dass sie zu uns Laien kommen kann. Im Übrigen bin ich sehr gerne Laie. Wir haben so Klerikaldebatten in Deutschland“, wie nahe die Laien an den Altar dürften und ob sie Kommunion austeilen dürften oder nicht, „das sind für mich als Laien überhaupt keine Themen, auch für meine Frau übrigens nicht“.

„Das Problem ist die Machtfrage“, dies hätten auch Papst Franziskus, Benedikt und Johannes Paul II. so gesagt, stellte Lütz weiter fest. „Die Frauen müssen mehr Macht in der Kirche haben – dies glaube ich auch!“ Dazu sollte man aber nicht immer diese Klerikaldebatten führen – Frauenpriestertum ja oder nein, das ist eigentlich vorkonziliar, würde ich mal sagen –, sondern wir müssten als selbstbewusste Laien sagen: Frauen brauchen mehr Macht in der Kirche, warum sollen nicht die Hälfte der Hauptabteilungsleiter in allen Ordinariaten in Deutschland Frauen sein?“ Im Kirchenrecht spreche nichts dagegen, der Papst sei sogar dafür und in der Bibel komme das Ordinariat überhaupt nicht vor, es gibt kein Argument dagegen. Doch die Progressiven in Deutschland „sind so konservativ, dass sie immer nur etwas fordern, von dem sie von vornherein wissen, dass es nicht eintritt, dann kann man nämlich im Klageritus verharren“. Es ist „wichtig, dass wir Laien unsere Aufgabe als Laien wahrnehmen. Das heißt, meine Aufgabe als Laie ist, dass ich öffentlich im Fernsehen, im Kabarett oder sonstwo den Glauben verkünde.“ In den „großen Krisen der Kirche“ hätte nie die Bischöfe die Lösungsansätze gebracht, sondern die Laien“, stellte Lütz mit Blick beispielsweise auf die benediktinische und die franziskanische Laienbewegung fest.

Das EWTN-Interview in voller Länge:


Foto Manfred Lütz und Paul Badde im Interivew (c) EWTN


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