Bischof Huonder: 'Tötung ist niemals eine Lösung'

20. Jänner 2014 in Schweiz


Der Churer Bischof Huonder bittet darum, die in der Schweiz in Kürze zur Abstimmung stehende Initiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“ mit einem „Ja“ zu unterstützen


Chur (kath.net/pbc) „Gegen die Finanzierung von Tötung muss man aus Gewissensgründen Widerstand leisten können.“ Dies erläuterte der Churer Bischof Vitus Huonder (Foto) im Hinblick auf die in der Schweiz am 9.2. zur Abstimmung stehende Initiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“. Zwar sei, so Bischof Huonder, die Initiative ein Schritt, der zu wenig weit gehe (darin sei er sich mit der Schweizer Bischofskonferenz einig), jedoch handle es sich trotzdem um einen Schritt in die richtige Richtung. Daher empfiehlt der Churer Bischof allen Gläubigen, diesen Schritt an der Urne mitzugehen.

Haltung des Bischofs von Chur zu „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“ vom 9. Februar 2014 (in Form von Fragen + Antworten)

Herr Bischof, Sie geben selten eine Abstimmungsempfehlung. Aber diese Initiative unterstützen Sie, weshalb?

Bischof Huonder:
Weil niemand gezwungen werden darf, etwas mitzufinanzieren, das seinem Gewissen widerspricht. Heute gibt es diese Gewissensfreiheit bei der Krankenkassenfinanzierung nicht. Die Initiative will dies ändern.

Die Initianten sagen, das heutige System mache alle Prämienzahler zu «Mittätern». Sehen Sie das auch so extrem?

Huonder:
Mir geht es um die noch nicht geborenen Menschen. Deren Tötung wird im Moment von uns allen “querfinanziert”. Das ist unbestritten. Ich bin Papst Franziskus von Herzen dankbar, dass er die Tötung Ungeborener in der Ansprache vor dem Diplomatischen Corps am 13. Januar 2014 aufgenommen hat. Er spricht von einer «Wegwerfkultur» und ergänzt: «Leider werden heute nicht nur Nahrung und überflüssige Güter zu Abfall, sondern oft werden sogar die Menschen ‹weggeworfen›, als wären sie ‹nicht notwendige Dinge›. Zum Beispiel erregt allein der Gedanke Entsetzen, dass es Kinder gibt, die als Opfer der Abtreibung niemals das Licht der Welt erblicken können».

Doch was ist mit der christlichen Solidarität? Sollen wir Frauen in Not nicht helfen, soll die Krankenkasse diese im Stich lassen?

Huonder:
Solidarität ist elementar, aber eben auch die Solidarität mit den Ungeborenen. Diese sind ja die wehrlosesten, bedürftigsten Menschen, wenn es um Abtreibung geht. Es ist nicht richtig, die Solidarität mit den Frauen gegen die Solidarität mit den Kindern auszuspielen. Es braucht beides, und Tötung ist niemals eine Lösung.

Würde ein Ja zur Initiative nicht allgemein den Solidaritätsgedanken aus der Versicherung werfen? Mit dem Argument, dass man niemanden zwingen kann, gegen seinen Willen etwas zu finanzieren, liesse sich vieles streichen (Ski-Unfälle, Behandlung von Alkoholkrankheiten usw.).

Huonder:
Ungeborene Kinder sind keine Unfälle und keine Krankheiten. Das Töten von Leben ist weder Unfall noch Krankheit, daher kann man das nicht vergleichen. Gegen die Finanzierung von Tötung muss man aus Gewissensgründen Widerstand leisten können.

Oft behauptet die Kirche, sie mische sich nicht in die politischen Entscheidungen der Gläubigen ein. Warum bei dieser Abstimmung?

Huonder: Die Kirche hat nie gesagt, sie dürfe nicht politisch sein und für die Gläubigen keine Empfehlungen abgeben, sondern nur: sie müsse sich politisch zurückhalten, wo der Kern des Glaubens nicht berührt wird (etwa bei Tiefkühlpizzas an Tankstellenshops). Bei der Abtreibung geht es aber wesentlich um den Glauben. Zudem bleibt die Freiheit des Gewissens ja auch dann intakt, wenn die Hierarchie spricht. Eine Empfehlung ist kein Zwang.

Sie gehen mit Ihrer Empfehlung aber auf Konfrontationskurs zur Bischofskonferenz. Diese ist anderer Meinung.

Huonder: Nein, alle Bischöfe sind sich in der Abtreibungsfrage einig. Die SBK-Stellungnahme vom Dezember 2012 hält fest: Die Bischöfe werten positiv, dass die Volksinitiative gegen die institutionalisierte "Normalität" der Abtreibung antritt. Für uns genügt nur die Diskussion der Finanzierungsweise nicht, sondern es muss darum gehen, in der Abtreibungsfrage zu einer Wende zu kommen. Auch ich betrachte die Initiative als einen Schritt, der zu wenig weit geht, jedoch trotzdem als einen Schritt in die richtige Richtung. Daher empfehle ich den Gläubigen, diesen Schritt an der Urne mitzugehen.

Wäre es nicht ehrlicher, die Abtreibungsfrage grundsätzlich zu diskutieren und eine Initiative zum Verbot der Abtreibung zu lancieren – statt nur deren Finanzierung zu bekämpfen?

Huonder:
Ob es einmal eine Initiative gibt, welche die Fristenlösung ablehnt, so wie dies die Kirche ja tut, ist eine andere Frage, aus meiner Sicht wünschenswert. Das ändert aber nichts an der Wichtigkeit und Richtigkeit dieser Initiative.

Foto Bischof Huonder (c) Bistum Chur


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