8.760 Stunden wachen am Allerheiligsten

17. Dezember 2013 in Spirituelles


Laien in den USA haben sich der Ewigen Anbetung verschrieben. Von Stefanie Ball (KNA)


Mountainside (kath.net/KNA) Es ist dunkel, fast Mitternacht. Ein Auto steht in einer Seitenstraße neben der Kirche. Durch die bunten Glasfenster dringt ein schwaches Licht nach draußen. «Kannst du nicht eine einzige Stunde mit mir wachen», ist in kleiner Schrift in eines der Fenster eingraviert. Es ist der Satz, den Jesus kurz vor seiner Gefangennahme zu Petrus sagt, der schläft, statt mit ihm zu beten. In Mountainside im US-Bundesstaat New Jersey gibt es 300 Menschen, die diese Frage mit Ja beantworten: Sie wollen mit Jesus wachen.

Der steht in Gestalt der Hostie in einer goldenen Monstranz auf einem Altar in einer kleinen Kapelle. Es ist immer jemand da, der beim Allerheiligsten wacht. 24 Stunden am Tag. Sieben Tage in der Woche. 365 Tage im Jahr. Sie knien auf weinroten Lederbänken, sie sitzen auf einem der zwölf Stühle im Raum, blättern in Gebetbüchern, halten den Rosenkranz in der Hand. Sie haben eine Mission, und die heißt: Perpetual Adoration, Ewige Anbetung.

Auch Madeleine und Jerry halten einmal in der Woche Wache. Sie ist Anfang 70, er Mitte 70. Madeleines Einsatz für Jesus ist am Montagabend um sechs Uhr. Jerrys Wecker klingelt Donnerstagnacht um kurz vor drei Uhr. Dann steigt er in seinen alten Wagen und fährt hinüber zur Kapelle. Die beiden sind seit dreizehn Jahren dabei, seit es die kleine Kapelle in ihrem Dorf gibt. «Es ist ein ruhiger Platz, manchmal schlafe ich ein», sagt Madeleine, die noch immer arbeiten geht, weil die Rente sonst nicht reichen würde.

In den USA glauben 80 Prozent der Menschen an Gott oder zumindest an eine höhere Macht; mehr als jeder Dritte gibt an, einmal in der Woche zur Kirche zu gehen. Viele gehen auch öfter, und manche verschreiben sich gar der Ewigen Anbetung. Es ist eine Lebensaufgabe, die sich anderswo auf der Welt vielleicht Orden stellen, in Amerika sind es in 1.200 Gemeinden die Laien.

Eigentlich hat Rosemary Joan gebeten, für sie an einem Montagmittag einzuspringen; doch dann ist sie doch rechtzeitig zurück von ihrem Termin, nun sitzen sie zu zweit in der Kapelle. Joan flüstert: «Wie geht es deinem Mann?» Und Rosemary erzählt von ihrem Gatten, der Probleme mit dem Herzen hat, von einem anderen Bekannten, der kürzlich im Krankenhaus lag, und einer neuen Dosensuppe, die köstlich schmecke. «He knows, er hat Verständnis dafür», sagt Rosemary und nickt in Richtung Monstranz.

Außer dem Allerheiligsten ist gerade sowieso niemand da, den das Plaudern stören könnte. Draußen im Vorraum der Kapelle liegt ein Gästebuch: Auf einer Seite tragen sich die Diensthabenden ein, auf der anderen die Gäste. In der Spalte der Besucher stehen jeden Tag zehn oder fünfzehn Namen, manche kommen mitten in der Nacht, viele sind aus anderen Orten. So wie Evelyn. Hier könne sie gut mit Gott reden. «Es ist, als wäre er direkt vor mir», sagt sie.

Wer will, kann seine Bitten auch aufschreiben. Neben dem Gästebuch hängt eine Pinnwand. «Please pray for..., bitte bete für...» steht auf kleinen Zetteln, die in einem Korb liegen. Die kann sich jeder nehmen und seinen Wunsch aufschreiben. Eine Mutter bittet darum, dass der Sohn endlich gesund essen möge und die Therapie helfe, ein anderer hofft, am College angenommen zu werden, und für einen ist nur eines wichtig: «No snow next week - keinen Schnee nächste Woche».

Eine Gemeinde, die eine Kapelle der Ewigen Anbetung einrichten möchte, benötigt die Erlaubnis des Bischofs. Für den Wachdienst selbst sind dann die Laien verantwortlich. Sie müssen dafür sorgen, dass das Allerheiligste nicht aus den Augen gelassen wird. Irene ist deshalb immer etwas nervös. «Manchmal denke ich, jetzt ist Schluss, wir schaffen das nicht mehr», sagt sie.

8.760 Stunden im Jahr sind viel Zeit, oft gibt es Lücken, und Irene, die über die Liste der Freiwilligen wacht, hat niemanden, der sie füllen könnte. «Dann sage ich: 'Herr, wenn du willst, dass das weiterläuft, dann tu was.'» Und tatsächlich, erzählt sie, bislang habe das Telefon noch immer ein paar Tage später geklingelt und einer habe gesagt: «Ich kann eine Stunde übernehmen.»

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