Ist die Adoption von Embryonen ethisch vertretbar?

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Kein Gesetz soll Leben vernichten: Die Invitro-Fertilisation schafft ethische Probleme. Gastkommentar von JOSEF SPINDELBÖCK in "Die Presse" vom 9. August


Der Autor ist Moraltheologe und vertritt die Diözese St. Pölten bei der NÖ Ethikkommission.

Das Problem stellt sich infolge der Invitro-Fertilisation (IVF).
Da bei der künstlichen Befruchtung außerhalb des Mutterleibes mehrere Embryonen zur möglichen Einpflanzung vorbereitet, aber faktisch nicht alle benötigt werden, werden die "überzähligen" Embryonen eine gewisse Zeit (in Österreich laut Gesetz ein Jahr) eingefroren, und anschließend vernichtet. Der Gynäkologe Prof. DDr. Johannes Huber hat nun erneut vorgeschlagen, eine gesetzliche Möglichkeit zu schaffen, diese Embryonen zu adoptieren und sie so vor dem sicheren Tod zu retten. Was gesetzlich beschlossen werden soll, muß auch ethisch vertretbar sein. Wie verhält es sich damit?
Ist die Adoptionsmöglichkeit für sogenannte überzählige Embryonen zu befürworten oder abzulehnen? Da der Embryo auch im Anfangsstadium bereits alle Anlagen zur vollen menschlichen Entwicklung in sich trägt, ist er als menschliche Person anzusehen und zu respektieren. Insofern darf keinem Embryo das Lebensrecht verwehrt werden. Das ethische Problem beginnt also nicht erst mit der Adoption von Embryonen, sondern bereits viel früher: Ist IVF ethisch zulässig?
Da IVF aufgrund der Natur des Verfahrens überzählige Embryonen herstellt und ihren Tod in Kauf nimmt, ist diese Frage zumindest aus diesem Grund zu verneinen. Zwar regelt das österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz, daß niemals mehr Embryonen erzeugt werden sollen, als für einen konkreten Versuch der medizinisch unterstützten Fortpflanzung erforderlich ist. De facto muß jedoch davon ausgegangen werden, daß bei IVF mehr Embryonen anfallen als für eine künstlich initiierte Schwangerschaft nötig sind.

Ein weiteres entscheidendes Argument gegen IVF ist die Trennung der Fortpflanzung vom Liebesakt, die Auslieferung des Lebensanfangs eines Menschen an die Technik. Was aber, wenn IVF tatsächlich praktiziert wird und in vielen Ländern - wie auch in Österreich - eine legale Möglichkeit darstellt? Wie sieht die ethische Perspektive dann aus? Auch in diesem Fall ist das Lebensrecht für alle Embryonen einzufordern. Die Vernichtung von Embryonen, wie sie durch die IVF quasi eingeplant ist, erscheint höchst unverantwortlich. Ebenso ist eine Verwendung für die "verbrauchende" Embryonenforschung ein Verstoß gegen die Würde der Person. Es ist darum vom Gesetzgeber zu fordern, daß die Aufbewahrungsfrist für Embryonen verlängert wird.Jener Frau, die tatsächlich die biologische Mutter ist, könnten später mit ihrem Einverständnis diese Embryonen eingepflanzt werden. Was soll aber mit den dann noch übrigen Embryonen geschehen? Einzig vertretbar erscheint tatsächlich die Adoption von "überzähligen" Embryonen, solange es die IVF noch gibt. Denn deren gesetzliche Abschaffung bleibt aus den bereits angeführten Gründen ein ethisch erstrebenswertes Ziel. Es gibt kein absolutes Recht auf ein eigenes Kind.

Mit der Adoptions-Alternative sind freilich nicht alle Probleme gelöst. Tatsächlich könnte auf diesem Weg die sogenannte Leihmutterschaft durch die Hintertür eingeführt werden. Wenn die biologischen Eltern die Erlaubnis zur Adoption verweigern, wäre der Embryo wiederum schutzlos. Ein gesetzlicher Zwang zur Adoptionsfreigabe müßte eingeführt werden. Juristen sind aufgerufen, sinnvolle Adoptionsmo-delle zu überlegen.

Der Gesetzgeber ist von seiner Verantwortung für ungeborenes Leben nicht zu dispensieren. Es darf nicht sein, daß Gesetze Leben vernichten, anstatt zu erhalten!

Mit freundlicher Genehmigung des Autors

Die Presse


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