Die Gefahr eines Christentums, das zur verschlossenen Ideologie wird

17. Oktober 2013 in Aktuelles


Franziskus-Perle des Tages: eine Kirche nach dem Prinzip ‚Schlüssel in der Tasche und Tür zu’ verliert den Glauben, der zum Moralismus wird. Gebet, nicht Gebete hersagen ist notwendig, um den Glauben zu bewahren. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Ein Christ, der Jünger der Ideologie wird, hat den Glauben verloren. Dies unterstrich Papst Franziskus in seiner heutigen Predigt bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“. Der Papst warnte nach dem Bericht von „Radio Vaticana“ vor einer Haltung des „Schlüssel in der Tasche und Tür zu“. Das fehlende Gebet führe dazu, den Glauben aufzugeben und der Ideologie und dem Moralismus zu verfallen.

„Weh euch Gesetzeslehrern! Ihr habt den Schlüssel der Tür zur Erkenntnis weggenommen. Ihr selbst seid nicht hineingegangen, und die, die hineingehen wollten, habt ihr daran gehindert“: Franziskus ging bei seinen Betrachtungen vom heutigen Tagesevangelium und dieser Warnung Jesu aus (Lk 11,47-54). „Wenn wir unterwegs sind und vor uns eine verschlossene Kirche finden“, so Franziskus, „haben wir ein merkwürdiges Gefühl, da eine verschlossene Kirche nicht zu begreifen ist“. Manchmal würden Erklärungen hierfür gegeben, die jedoch nur Vorwände und Rechtfertigungen seien. Die Wirklichkeit aber sei, dass die Kirche verschlossen ist, damit die Leute, die vorbeikommen, nicht eintreten könnten. Und was noch schlimmer sei: „Der Herr, der drin ist, kann nicht herausgehen“.

Im heutigen Evangelium spreche Jesus von diesem „Bild des Verschlossenseins“. Dabei handle es sich um das Bild für jene Christen, die den Schlüssel in der Hand haben, ihn jedoch wegtragen und die Tür nicht öffnen. Mehr noch: „Sie bleiben an der Tür stehen und lassen nicht eintreten“. Auf diese Weise jedoch würden auch sie nicht eintreten. Dazu führe das Fehlen des christlichen Zeugnisses – „und wenn jener Christ dann ein Priester, ein Bischof oder ein Papst ist, ist es noch schlimmer“.

Der Papst fragte sich, wie es dazu kommen könne, dass ein Christ dieser Haltung des „Schlüssel in der Tasche und Tür zu“ verfällt: „Der Glaube geht da sozusagen durch einen Destillierkolben hindurch und wird zur Ideologie. Und eine Ideologie ruft nicht zusammen. In den Ideologien ist Jesus nicht da: seine Zärtlichkeit, Liebe und Milde. Und die Ideologien sind starr, immer. Ideologien jeder Richtung: starr. Und wenn ein Christ zum Jünger der Ideologie wird, hat er den Glauben verloren: er ist nicht mehr Jünger Jesu, er ist Jünger dieser Denkhaltung, davon... Und deshalb sagt Jesus ihnen: ‚Ihr habt den Schlüssel der Tür zur Erkenntnis weggenommen’. Die Erkenntnis Jesu hat sich in eine ideologische und auch moralistische Erkenntnis verwandelt, weil diese da die Tür mit vielen Vorschriften verschlossen“.

Jesus habe es gesagt: „Ihr legt den Menschen viele Sachen auf die Schultern. Doch nur eines ist notwendig“. Das also sei der „geistlich-geistige“ Prozess dessen, der den Schlüssel in der Tasche und die Tür verschlossen wolle:

„Der Glaube wird zur Ideologie und die Ideologie erschreckt, die Ideologie verjagt die Menschen, sie entfernt, sie entfernt die Menschen und sie entfernt die Kirche von den Menschen. Aber das ist eine schwere Krankheit, die der ideologischen Christen. Es ist eine Krankheit, doch sie ist nicht neu, nicht wahr? Bereits der Apostel Johannes sprach davon in seinem ersten Brief. Die Christen, die den Glauben verlieren und die Ideologien vorziehen. Ihre Haltung ist: starr werden, Moralisten, Moralapostel, doch ohne Güte. Und dann kann die Frage aufkommen, nicht? Warum kann ein Christ so werden? Was geschieht im Herzen jenes Christen, jenes Priesters, jenes Bischofs, jenes Papstes, dass er so wird? Einfach das: jener Christ betet nicht. Und wenn da kein Beten ist, machst du die Tür immer zu“.

Der Schlüssel, der die Tür des Glaubens öffne, „ist das Gebet“, so Franziskus: „Wenn ein Christ nicht betet, dann geschieht dies. Und sein Zeugnis ist ein hochmütiges Zeugnis“. Wer nicht bete, sei hochmütig und stolz, „einer, der seiner selbst sicher ist. Nicht bescheiden. Er sucht seine eigene Beförderung“. Wenn ein Christ dagegen bete, entferne er sich nicht vom Glauben, denn er spreche mit Jesus. Der Papst fügte hinzu: „Ich rede vom Beten, nicht vom Gebete hersagen, denn diese Gesetzeslehrer sagten viele Gebete her, um auf sich aufmerksam zu machen“. Jesus dagegen erkläre: „Wenn du betest, dann geh in dein Zimmer und bete zum Vater im Verborgenen, von Herz zu Herz“ (vgl. Mt 6,6: „Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten“).

Eines sei das Beten, so der Papst abschließend, etwas anderes das Hersagen von Gebeten: „Diese Leute beten nicht, sie verlassen den Glauben und verwandeln ihn in eine moralistische, kasuistische Ideologie ohne Jesus. Und wenn ein Prophet oder ein guter Christ sie tadelt, tun sie dasselbe, was sie mit Jesus getan haben: ‚Als Jesus das Haus verlassen hatte, begannen die Schriftgelehrten und die Pharisäer, ihn mit vielerlei Fragen hartnäckig zu bedrängen (diese Ideologen sind feindselig), sie versuchten, ihm eine Falle zu stellen (sie sind gefährlich), damit er sich in seinen eigenen Worten verfange’ (vgl. Lk 11,53-54). Sie sind nicht transparent. Ach ja, die Ärmsten, das sind Leute, die sich mit Hochmut beschmutzt haben. Bitten wir den Herrn um die Gnade, erstens: dass wir nie aufhören zu beten, um den Glauben nicht zu verlieren; zweitens: das wir bescheiden bleiben. Und so werden wir nicht verschlossen werden, zu Verschlossenen, die den Weg zum Herrn versperren“.

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