Bildung in der Krise - ein neues, katholisches Schulprojekt

27. September 2013 in Interview


Ganzheitliche Bildung - Glaube und Vernunft, Tugenden und besonders Mut. KATH.NET-Interview mit Christiaan Alting von Geusau, Gründer und Geschäftsführer der neuen katholischen Schule Schola Thomas Morus in Baden bei Wien - Von Christof Zellenberg


Wien (kath.net/cz)
In Baden bei Wien wurde vor wenigen Tagen eine neue katholische Schule eröffnet, die "Schola Thomas Morus". KATH.NET sprach dazu Christian Alting von Geusau (Foto), dem Verantwortlichen der Schule, über die Wiederentdeckung der bewährten, katholischen Schulidee: Ganzheitliche Bildung - Glaube und Vernunft, Tugenden und besonders Mut. Geusau ist promovierter Jurist, verheiratet, Vater von 5 Kindern und Vizepräsident für Entwicklung an der Hochschule ITI in Trumau. Außerdem ist er Co-Autor des kürzlich publizierten Buches Catholic education in the West: roots, reality and revival

kath.net: Herr Dr. Geusau, wie kamen Sie zu dem Entschluss, ein neues Gymnasium zu gründen?

Geusau: Unser ältester Sohn kommt mit diesem Jahr ins Gymnasium. Aus diesem Grund haben meine Frau und ich bereits seit einigen Jahren im In- und Ausland nach passenden Schulen gesucht und haben uns dabei besonders von einer Reihe neugegründeter, katholischer Privatschulen in Europa und den USA inspirieren lassen. Dabei kam uns der Gedanke, dass so eine Schule auch in Österreich eine Bereicherung wäre.

kath.net: Was hat Sie dabei besonders angesprochen?

Geusau: Nach nunmehr fast 10 Jahren Arbeit für das ITI habe ich erkannt, wie wertvoll der Reichtum einer wahrhaft katholischen und damit ganzheitlichen Bildung ist und vor allem die Einheit von Gebet, Lehre und Gemeinschaft. Durch meinen Besuch bei neuen Schulen im Ausland und meine Erfahrung mit Studenten des ITI ist mir bewusst geworden, wie wichtig es ist, dass eine derartige Bildung bereits in jungen Jahren ansetzt. In späteren Lebensjahren ist ein Manko in diesem Bereich oft kaum oder nur mit grossen Anstrengungen aufholbar. Solcherart gebildete junge Menschen haben einen weiteren Horizont und sind dadurch auch in der Lage, Berufung und Beruf zu erkennen, damit sie ihren Platz in der Gesellschaft mit Überzeugung und Freude einnehmen können.

kath.net: Was war Ihnen in diesem Zusammenhang besonders wichtig?

Geusau: Über allem steht das sogar im österreichischen Lehrplan zu findende Streben nach dem Wahren, Guten und Schönen. Dazu drei Überlegungen, die auch die Grundpfeiler unserer Schule darstellen: Erstens geht es um eine aktive Vermittlung und Stärkung unseres Glaubens. Dies hängt in erster Linie vom vorgelebten Beispiel des Lehrpersonals und der Schulleitung ab, ohne welches eine wahrhaft katholische Erziehung in der Schule nicht möglich ist. Zweitens ist uns die im gesamten Schulleben integrierte Vermittlung der Tugenden, ein besonderes Anliegen. So stellen wir zum Beispiel jeden Monat des Schuljahres unter das Motto einer besonders hervorgehobenen Tugend, die sich dann auch in allen Fächern wiederspiegelt. Dieser Monat ist beispielsweise der Tugend der Tapferkeit gewidmet. Und drittens führt unsere Schule den klassischen und weitgehend vergessenen Lehrplan wieder ein wobei wir damit in Österreich absolute Pioniere sind.

kath.net: Was verstehen Sie unter dem Begriff "klassischer Lehrplan" und wie unterscheidet sich dieser vom gängigen Lehrplan in unseren Schulen?

Geusau: Der klassische Lehrplan wurde bei den Griechen des Altertums entwickelt und später in der katholischen Schultradition entfaltet. Er hat als erstes Ziel, junge Menschen zu befähigen, selbständig zu denken und zu begreifen, die Wirklichkeit der Schöpfung anzunehmen und zu respektieren. Dazu ruht der klassische Lehrplan auf zwei Säulen, welche die sieben artes liberales - freie Künste -, beinhalten. Diese bestehen aus dem Trivium (Grammatik, Logik und Rethorik) und dem Quadrivium (Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie). Diese sieben sogenannten freien Künste befähigen uns, Struktur und Ordnung der Schöpfung zu erkennen. Auf diesem Fundament wird der gesamte Lehrplan entfaltet und vertieft. Wodurch insgesamt dennoch dem geltenden österreichischen Lehrplan für eine AHS nicht nur entsprochen, sondern dieser sogar weit übertroffen wird. Bei einer kürzlich in den USA publizierten Studie sagten viele Unternehmer, dass sie bevorzugt derart gebildete Personen anstellen würden, da bei diesen das selbständige Denken und Erfassen von unterschiedlichen Tatsachen weit besser ausgebildet sei.

kath.net: Wie äussert sich das nunmehr im täglichen Unterricht?

Geusau: Wie bereits erwähnt entspricht unser Lehrplan den österreichischen Vorgaben. Allerdings liegen die Unterschiede in der Methode, vor allem dem verstärkten Einsatz der Seminarmethode und der maximalen Gruppengrösse von 12-15 Schülerinnen und Schülern pro Klasse aber auch der Aufteilung und des Vortrags, des zu behandelnden Lehrstoffs. Ziel ist es, die jungen Menschen umfassend auf die Matura und damit ihre Reifeprüfung, in doppeltem Sinn, sowohl menschlich als auch intellektuell, vorzubereiten. Wie unser Schulleiter, Hofrat Dr. Friedrich Wally, vormals Direktor des Schottengymnasiums in Wien, es so treffend formuliert hat, "die Schola Thomas Morus will eine gediegene Ausbildung vermitteln, aber keine intellektuellen Rennpferde hervorbringen, denn die Menschenbildung hat im Sinne der Zielsetzung der Schule Vorrang."

Besonders wird natürlich auf die Stärkung des Glaubens, Wert gelegt und dazu dient das tägliche, gemeinsame Morgengebet, der Angelus und die einmal wöchentliche Schulmesse.

Ein wichtiger Punkt im Schulleben ist auch Schönheit-Ästhetik und Ordnung. Dies äussert sich in der Gestaltung und Einrichtung der Schulräume und einer verpflichtenden Schuluniform, die den Zusammenhalt der Gruppe stärkt. Ausserdem geht es um das gelebte Gebot der christlichen Nächstenliebe, was sich auch in einem respektvollen und höflichen Umgang miteinander äußern soll.

kath.net: Was wird von einem Lehrer an Ihrer Schule vor allem erwartet?

Geusau: Über allem steht das biblische Wort: Denn nur einer ist Euer Lehrer, Christus (Mat 23; 10) Jeder unserer Lehrer muss sich daher seiner großen Berufung bewusst sein. Papst Benedikt XVI hat das auch in seiner Enzyklika Spe Salvi sehr treffend ausgedrückt, wo er meint: Jede katholische Bildungseinrichtung ist zuallererst ein Ort, um dem lebendigen Gott zu begegnen, der in Jesus Christus seine verwandelnde Liebe und Wahrheit offenbart. (SS 4)

kath.net: Wie kann man Ihre Schule denn persönlich kennenlernen und sich mit deren Konzept näher vertraut machen?

Geusau: Zuallererst verweise ich natürlich gerne auf unsere Website unter: www.scholathomasmorus.at Ein Besuch unserer Schule ist, nach telephonischer Voranmeldung, natürlich ebenso jederzeit möglich. Ausserdem findet am 8. November 2013 (8.00 bis 16.00) ein Tag der offenen Türe statt, zu dem Ihre interessierten Leser selbstverständlich gerne eingeladen sind.

kath.net: Wir danken für dieses Gespräch und wünschen Ihrer Schule viel Erfolg!





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