Schönborn: Europa braucht Besinnung auf grundlegende Werte

13. Juli 2013 in Weltkirche


Wiener Erzbischof ortet 10 Jahre nach Erscheinen des postsynodalen Schreibens über die Kirche in Europa eine Wiederentdeckung der missionarischen Dimension der Kirche.


Rom (www.kath.net/ KAP)
Das große Friedensprojekt Europa kann nicht gelingen, wenn es sich ausschließlich am Pragmatismus orientiert. Das unterstrich Christoph Kardinal Schönborn im Interview mit dem italienischen katholischen Nachrichtendienst "SIR" (Mittwoch) in einer Bilanz zu dem vor zehn Jahren erschienen Dokument von Papst Johannes Paul II. über die "Kirche in Europa" (Ecclesia in Europa). Europa bedürfe "der Besinnung auf seine grundlegenden Werte, zu denen das Christentum einen entscheidenden Beitrag geleistet hat", so Schönborn, der als positives Zeichen die "Wiederentdeckung der missionarischen Dimension der Kirche" ortet.

Bleibende Bedeutung in der Analyse der Situation in Europa hat laut Kardinal Schönborn jener Teil des päpstlichen Dokuments, wo es um die besorgniserregende demografische Situation des Kontinents geht: So sei der Geburtenrückgang ein "Symptom eines gestörten Verhältnisses zur eigenen Zukunft", ein deutlicher Ausdruck eines "Mangels an Hoffnung" und "Zeichen jener 'Kultur des Todes', die die heutige Gesellschaft durchzieht". Von daher sei es richtig gewesen, dass die dem Dokument vorgelagerte Europa-Sondersynode im Oktober 1999 unter dem Thema "Jesus Christus, der in Seiner Kirche lebt - Quelle der Hoffnung für Europa" stattgefunden habe.

Vor dem Hintergrund der Gegebenheiten in Europa brauche es daher "glaubwürdiger Glaubensboten, in deren Leben die Schönheit des Evangeliums erstrahlt", so der Wiener Erzbischof mit Bezug auf das Dokument, wo es in Nr. 49 u.a. heißt, dass ein "missionarisches Bewusstsein in jedem Christen notwendiger denn je" sei. Es gelte, den Übergang von einem durch gesellschaftliche Gewohnheit gestützten Glauben zu einem persönlicheren und reiferen, reflektierten und überzeugten Glauben zu fördern, so der Kardinal. Von daher seien die Christen gefordert, "einen Glauben zu kultivieren, der ihnen erlaubt, sich kritisch mit der gegenwärtigen Kultur auseinanderzusetzen", um Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik wirksam zu beeinflussen.

Die konkret tätige Liebe - das karitative Wirken von Christen - ist jene gelungene Synthese eines wirklichen Dienstes am Evangelium der Hoffnung, der zugleich konkretes Hoffnungspotenzial für Europa ist, betonte der Kardinal, der gleichzeitig für eine konstruktive Sichtweise der Situation plädierte: Die Kirche solle auf Europa mit jener Sympathie blicken, die die Augen nicht vor dem verschließt, was mit dem Evangelium unvereinbar ist, aber zugleich "jedes positive Element schätzt".

Das von Papst Johannes Paul II. herausgegebene nachsynodale Apostolische Schreiben "Ecclesia in Europa" erschien vor zehn Jahren am 28. Juni 2003. Dem Dokument war die zweite Sonderbischofssynode für Europa vom 1.-23. Oktober 1999 im Vatikan vorausgegangen. Unter den rund 240 teilnehmenden Bischöfen waren damals aus Österreich neben Kardinal Schönborn auch Erzbischof Georg Eder (Salzburg) und Bischof Egon Kapellari (Graz).

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