VfGH: 'Religion ist Privatsache' scheitert mit ORF-Beschwerde

5. April 2013 in Österreich


ORF-Rundmail von Robert Ziegler mit Empfehlung, den norwegischen rechtsextremen Massenmörder Breivik nicht als "christlichen Fundamentalisten" zu bezeichnen, verstößt nicht gegen Freiheit journalistischer Berufsausübung


Wien (kath.net/KAP) Die Initiative "Religion ist Privatsache" ist mit einer Beschwerde wegen einer ORF-internen Empfehlung zur sprachlichen Kennzeichnung des norwegischen rechtsextremen Massenmörders Anders Breivik gescheitert: Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hob einen Bescheid des Bundeskommunikationssenats (BKS) gegen den stellvertretenden Chefredakteur von ORF Niederösterreich, Robert Ziegler, auf. Laut dem nun aufgehobenen Bescheid hätte Ziegler gegen ORF-Gesetz verstoßen, weil er Mitarbeiter per Rundmail gebeten hatte, Breivik nicht als "christlichen Fundamentalisten" zu bezeichnen, sondern als "Rechtsextremisten" oder als "religiösen Fanatiker". Dieser Sichtweise widerspricht jetzt das VfGH-Urteil und sieht im BKS-Bescheid eine Verletzung des Rechts des ORF auf Meinungs- und Rundfunkfreiheit.

Ausgangspunkt für das Verfahren war eine Beschwerde der Initiative "Religion ist Privatsache" gegen ein internes Rundmail von Robert Ziegler, das als Verstoß gegen das ORF-Gesetz gewertet wurde. In diesem Mail wurde empfohlen, den rechtsextremen Attentäter Breivik, der am 22. Juli 2011 in Oslos und auf der Insel Utoya 77 Menschen, darunter viele Jugendliche, ermordet hatte, nicht mit dem Attribut "christlich" zu benennen.

Die Medienbehörde KommAustria und ein Bescheid des BKS vom 28. März 2012 gaben der Beschwerde von "Religion ist Privatsache", deren Vereinsobmann der Physiker Prof. Heinz Oberhummer ist, zunächst Recht. Sie sahen in dem Rundmail Zieglers eine Beeinträchtigung der redaktionellen Freiheit der ORF-Belegschaft gegeben. Der ORF legte dagegen Berufung ein.

Der VfGH hob diesen BKS-Bescheid nun auf. Denn es könne nicht davon ausgegangen werden, "dass die Aufforderung durch den für die Sendung verantwortlichen Redakteur, eine bestimmte Formulierung nicht zu verwenden, die Freiheit der journalistischen Mitarbeiter in einem Ausmaß beeinträchtigt hätte", das eine Feststellung einer Verletzung des ORF-Gesetzes rechtfertigen würde.

Dem Urteil des Höchstgerichts zufolge hat die KommAustria nicht erklären können, weshalb die Bitte um Vermeidung der Bezeichnung des Massenmörders Breivik als "christlichen Fundamentalisten" mit dem ORF-Gesetz und der darin verankerten Gewährleistung einer freien journalistischen Berufsausübung unvereinbar gewesen wäre. Der Verfassungsgerichtshof stellte außerdem fest, dass das Rundmail nicht zur Ausblendung von Tatsachen bei der Berichterstattung aufgerufen hat.

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