'Danke, Papst Benedikt'

3. März 2013 in Deutschland


Mit einem Konzert verabschiedeten sich Katholiken in Regensburg von ihrem Papst. Yuliya Tkachova berichtet über den ungewöhnlichen Konzertnachmittag der Initiative „Deutschland pro Papa“


Regensburg (kath.net) „Ich denke, es gibt keinen Weg, dieses große Pontifikat angemessener zu würdigen, als mit Musik“, erklärte der Historiker und Papstbiograf Michael Hesemann in Regensburg. Das scheinen einige Hundert Katholiken ähnlich gesehen zu haben, die am 2. März, nur zwei Tage nach seinem spektakulären Amtsverzicht, in seiner Heimatstadt den Worten Benedikts XVI. lauschten, die von großen Werken der musica sacra umrahmt wurden.

Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Konzertnachmittag hatte die Initiative „Deutschland pro Papa“ unter Leitung von Sabine Beschmann, die sich seit 2010 als Sammelbecken papsttreuer Katholiken versteht. „Solidarität mit Papst Benedikt XVI.“ hat sie sich auf die Fahne geschrieben und zunächst Kundgebungen für, dann Vortragsabende über den deutschen Pontifex veranstaltet. „Ursprünglich wollten wir einen Beitrag zum Jahr des Glaubens leisten, die Botschaft des Heiligen Vaters einfach weitertragen“, erklärte Beschmann, „dann aber wurden wir von den Ereignissen überrollt.“ Als Veranstaltungsort hatte man die Regensburger „Alte Kapelle“ gewählt, nicht nur die schönste Barockkirche Ostbayerns, sondern auch dem Papst ans Herz gewachsen: Hier weihte er während seines Besuchs in Bayern im September 2006 die herrliche „Papst Benedikt-Orgel“ ein. Auch Domkapellmeister Prälat Dr. Georg Ratzinger, der Bruder des Papstes, kommt hier gerne zu Besuch.

Schon bald konnte „Deutschland pro Papa“ hochkarätige Künstler gewinnen, deren Beiträge die vorgelesenen Papstworte musikalisch umrahmen sollten: Den bekannten Regensburger Tenor Wolfgang Nöth, den Düsseldorfer Starviolinisten Baptiste Pawlik, der schon mit Celine Dion auf der Bühne stand, die hinreißende Sopranistin Nastasja Dokalou und der Barriton Tobias Neumann von der Staatsoper in München, die Sängerin Gabriele Neumann, den Regensburger Kirchenmusiker Wolfgang Kraus, der die berühmte Papstorgel ertönen ließ, die Harfinistin Brigitta Erl und das großartige Ensamble Passero, das zum Teil aus ehemaligen „Domspatzen“ besteht – den Regensburger Sängerknaben, die unter dem Domkapellmeister Georg Ratzinger weltberühmt wurden.

Gemeinsam mit Regensburgs neuem Bischof Dr. Rudolf Voderholzer und Papstbruder Georg Ratzinger zollten die Künstler und das Publikum gemeinsam dem „Mozart der Theologie“ ihren Respekt. „Denn auch der größte Theologe der Gegenwart begriff, dass Worte nicht genügen, um Gott angemessen zu preisen und dass die Engel keine Vorlesungen halten, sondern singen“, erklärte das „Deutschland pro Papa“-Gründungsmitglied Michael Hesemann in seiner Eröffnungsansprache und summierte die Theologie Papst Benedikts: „In der Liebe, der Wahrheit und der Schönheit finden wir Gott.“

Schließlich ging es um Musik und Hoffnung an diesem Nachmittag, vor allem aber um das geistige Erbe dieses Pontifikats und einen Papst, der jetzt allem weltlichen Status entsagte, um als einfacher Pilger auf dem Weg zu Gott einer betenden Kirche voran zu gehen.

Eindrücklich machten die Künstler und Redner die Musikalität von Benedikts Theologie durch die Verknüpfung von Zitaten und geistlichen Liedern deutlich. So folgte auf bewegende Worte zu Maria als Mutter der Kirche das Ave Maria von Franz Schubert, das Wolfgang Nöth meisterhaft sang.

„Die Schönheit der Kunst zeigt auch die Wahrheit unseres Glaubens“, sagte Bischof Voderholzer zum Abschluss. Ein Beispiel dafür, sei dieses Konzert, das den Dank an Papst Benedikt in besonderer Weise bereichert habe. Voderholzer rief die Gläubigen auf, dafür zu beten, dass Benedikt den Lohn für die Mühen seines apostolischen Dienstes bekommen möge. Doch die Gläubigen sollten auch die Kardinäle in ihr Gebet einschließen, die nun in Rom den neuen Papst zu wählen haben.


Nachfolgend dokumentiert kath.net die Ansprache von Michael Hesemann beim Abschiedskonzert für Papst Benedikt am 2. März 2013 in der „Alten Kapelle“ zu Regensburg veranstaltete in ihrem Wortlaut:

Exzellenz, hochwürdigster Herr Bischof,
Hochwürdigster, lieber Herr Domkapellmeister,
Hochwürdigste Herren des Stiftskapitels,
ehrwürdige Schwestern,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Freunde,

ich muss gestehen, dass auch ich zunächst erschrocken, ja erschüttert war, als ich vor 19 Tagen von der Amtsaufgabe unseres geliebten Heiligen Vaters, Papst Benedikt XVI., erfuhr. Auf den ersten Schock folgte Traurigkeit; dann aber Respekt und, vor allem, eine tief empfundene Dankbarkeit.

Traurigkeit, weil damit ein Pontifikat zu Ende ging, das so viele von uns und mich auch so nachhaltig inspiriert hat. Respekt vor der großen Demut eines Mannes, der einen so hohen Anspruch an das Petrusamt stellt, dass er selber fürchtet, ihm in diesem Alter nicht mehr länger gerecht werden zu können. Und auch vor seinem Verantwortungsgefühl für die Kirche, das Schiff Petri, das nun, im Gegenwind, vielleicht stärkere Schultern braucht, um den Kurs zu halten. Dankbarkeit aber für alles, was er uns in diesen fast acht Jahren seines Pontifikats geschenkt hat. Etwa dafür, wie viele und gerade auch junge Menschen er für den Glauben begeistert hat, durch seine klaren, wahren Worte und seine tiefe Menschlichkeit. Vor allem aber denke ich an sein geradezu epochales theologisches Erbe, denn es war ein Pontifikat des Lehramtes.

Er versöhnte Glaube und Vernunft und er schuf – Musik. Kein Titel beschreibt den Kirchenlehrer Joseph Ratzinger – und ich bin davon überzeugt, dass künftige Generationen ihm diesen Titel verleihen werden – so treffend wie das Wort vom „Mozart der Theologie“. Denn er war und ist ein Mann der leisen Töne, feingeistig und in seinem Denken dem Himmel so nah, dass er unter den traurigen Realitäten des Alltags bestimmt mehr als einmal gelitten hat. Darum denke ich, gibt es keinen Weg, dieses große Pontifikat angemessener zu würdigen als mit Musik.

Musik hat ihn begleitet von Kindesbeinen an, hat ihn inspiriert und seine Seele zu Gott geführt. Das lag natürlich daran, dass seine Heimat – ob nun Marktl, Tittmoning, Aschau oder Traunstein – immer im Bannkreis der Mozartstadt Salzburg lag, aber eben auch geprägt war vom bayerischen Barock mit seiner jubilierenden Sinnesfreude. Er wuchs in einer musikalischen Familie auf, vor allem aber an der Seite eines so begnadeten Musikers wie dem Regensburger Domkapellmeister Prälat Dr. Georg Ratzinger, der sein Leben der Kirchenmusik verschrieb, während Joseph Ratzingers forschender Verstand ihm den Weg in die Theologie wies. Doch auch der größte Theologe der Gegenwart begriff, dass Worte nicht genügen, um Gott angemessen zu preisen und dass die Engel keine Vorlesungen halten, sondern singen.

Wer singend betet oder singendem Gebet beiwohnt, der kommt dem Himmel ein wenig näher, denn Musik ist das subtilere Gebet, wie es Prälat Georg Ratzinger einmal erklärte: „es verleiht (dem Menschen) eine ganz neue Dimension, was das gesprochene, gedachte oder meditierte Gebet kaum erreichen kann.“

Oder, mit den Worten des Heiligen Vaters:
„Musik (ist) auf einzigartige Weise dazu bestimmt, im menschlichen Geist, der vom irdischen Leben so sehr gezeichnet und manchmal verletzt ist, Hoffnung zu wecken. Es besteht eine geheimnisvolle und tiefe Verwandtschaft zwischen Musik und Hoffnung, zwischen Gesang und ewigem Leben: Nicht umsonst stellt die christliche Überlieferung die Seligen beim Chorgesang dar, von der Schönheit Gottes hingerissen und verzückt. Aber die wahre Kunst, ebenso wie das Gebet, entfremdet uns nicht von der täglichen Wirklichkeit, sondern führt uns vielmehr zu ihr hin, um sie zu »bewässern« und gedeihen zu lassen, damit sie Früchte des Guten und des Friedens trägt.“ - so am 24. Mai 2008 nach einem Konzert im Vatikan.

Wir begehen 2013 das „Jahr des Glaubens“. Und so war dieser Nachmittag in „seiner“ wunderbaren Alten Kapelle, der Kirche mit der Papst Benedikt-Orgel, hier, in seinem geliebten Regensburg, ursprünglich dazu gedacht, die musica sacra, die geistliche Musik, als Weg zum Glauben zu würdigen. So großartige Künstler haben sich spontan dazu bereit erklärt und dafür danken wir ihnen von Herzen.

Doch heute muss ich sagen: Dass Deutschland pro Papa diesen Plan entwickelte und dies alles für den heutigen Tag auf die Beine stellte, ohne zu ahnen, dass es der zweite Tag nach seiner Amtsaufgabe sein würde, ist eine wunderbare Fügung. Denn sie gibt uns die schöne Gelegenheit, dem Heiligen Vater Dank zu sagen – Dank für seine Aufopferung. Dank für alles, was er uns geschenkt hat. Dank, dass er die Kirche so sicher durch die Stürme der Zeit geführt hat. Dank, dass er uns immer wieder neu das menschliche Antlitz Gottes, Jesus Christus, offenbart hat, aber auch das Antlitz Gottes im Menschen in einer zutiefst humanen Theologie, deren Quintessenz der Titel seiner ersten Enzyklika war: Deus caritas est - Gott ist die Liebe! Und noch vor acht Tagen betonte er vor der römischen Kurie: Er ist auch Wahrheit und Schönheit. In der Liebe, der Wahrheit und der Schönheit finden wir Gott.

Danke, Heiliger Vater!

Vor zwei Tagen endete ihr Pontifikat. Nun, wo wir ihre sanften, klugen Worte nicht mehr hören, werden wir fortan mit Ihnen und für Sie beten. Und dieses Konzert, dieses gesungene und instrumentale Gebet so vieler wunderbarer Künstler hier in ihrem geliebten Regensburg, ist der Anfang, der Auftakt dazu.

Überall dort, wo wir Liebe, Wahrheit und Schönheit finden, fühlen wir uns mit Ihnen vereint.

Foto Starviolinist Baptiste Pawlik beim Abschiedskonzert für Papst Benedikt XVI.: (c) Michael Hesemann


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