26. Juni 2012 in Chronik
Offenbar nutzen die frühen Christen ein modern anmutendes Kommunikations- und Briefsystem.
Münster (kath.net/KNA) Bereits die frühen Christen waren nach neuen Forschungsergebnissen Netzwerker und nutzten ein modern anmutendes Kommunikations- und Briefsystem. «Die starke Vernetzung trug wesentlich zur schnellen Ausbreitung des Christentums bei», erklärte die Münsteraner Althistorikerin Eva Baumkamp am Montag. «Im Römischen Reich des dritten Jahrhunderts korrespondierten verfolgte Bischöfe von Karthago bis Kleinasien über ihre Religion und machtpolitische Fragen. Vorteil des ausgefeilten Briefsystems war, dass viele Christen und Gemeinden gleichzeitig teilhaben konnten.»
Laut Baumkamp wurde durch Namenslisten festgelegt, wer Teil der Briefgemeinschaft war. Sozialen Online-Netzwerken gleich, habe das System der schriftlichen Diskussion von aktuellen Themen gedient. «Unter dem Druck der Verfolgung durch die römischen Kaiser Decius (250-251) und Valerian (257-260) versuchten die Christen früh, ihre theologischen Probleme zu lösen.» Das habe wie ein Motor gewirkt. «So profitierte das Christentum letztendlich von der Bedrohung», so Baumkamp.
Die Althistorikerin untersuchte laut den Angaben in einer Studie des Forschungsverbundes «Religion und Politik» gut 80 antike Briefe von und an Bischof Cyprian von Karthago. Zudem zog sie Hinweise aus anderen Schreiben hinzu. Die Kirchenmänner hätten darin zahlreiche Detailfragen diskutiert, etwa wie mit Christen umzugehen sei, die dem Kaiser heidnische Opfer gebracht hatten oder Beamte bestachen, um einer Verhaftung oder Hinrichtung zu entgehen. «Die Kleriker stritten aber auch über die Frage, ob von Ketzern getaufte Christen für eine Rückkehr in die Gemeinde neu getauft werden müssten.»
Die Briefe erfüllten nach Erkenntnissen der Forscherin zudem machtpolitische Zwecke. Viele ins Exil geflohene Bischöfe hätten ihren Gemeinden weiter Handlungsanweisungen gegeben. «Das ging nur über Briefe», so Baumkamp. Zugleich handelten die Kleriker per Briefverfahren Hierarchien aus. «Vor allem Bischöfe größerer Städte wie Rom, Karthago, Alexandria oder Lyon waren bald nicht mehr bloß Sprachrohr ihrer Einzelgemeinde, sondern beanspruchten mehr oder weniger erfolgreich, die gesamte Provinz zu vertreten», erläuterte die Althistorikerin.
Bischof Stephanus von Rom habe sich darum bemüht, die höchste christliche Entscheidungsgewalt in Rom zu verorten, so Baumkamp. Die Bischöfe aus Karthago und Kleinasien hätten diesen Versuch im weiteren Briefverkehr ignoriert, «so dass ein römisches Primat zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchgesetzt werden konnte». Die Schriftstücke belegten auch, wie sehr Bischöfe ihre Position in Krisensituationen gegen konkurrierende Presbyter, Diakone oder Märtyrer behaupteten.
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