Das ist es, was Gott will: eure Heiligung!

14. Juni 2012 in Spirituelles


Dieses lebendig machende Streben nach Heiligkeit muß unseren Alltag erfüllen. Ein Kommentar zum Sonntagsevangelium von P. Bernhard Sirch


Illschwang (kath.net) B - Heiligstes Herz Jesu - Hochfest - 1. Lesung: Hos 11, 1.3-4.8a.c-9; 2. Lesung: Eph 3, 8-12.14-19; Evangelium: Joh 19, 31-37

Am Hochfest des heiligsten Herzens Jesu wird, wie gewohnt, der Weltgebetstag zur Heiligung der Priester begangen. Einen Brief an die Priester schrieb zu diesem Anlaß Kardinal Mauro Piacenza: "Die Worte der Heiligen Schrift: «Das ist es, was Gott will: eure Heiligung!» (1 Thess 4,3) sind zwar an alle Christen gerichtet, aber sie betreffen in besonderer Weise uns Priester... Das ist unsere wundervolle Bestimmung: ...wir können nicht an der Heiligkeit unserer Brüder und Schwestern arbeiten, ohne dass wir zuvor an unserer eigenen Heiligkeit gearbeitet haben und weiterhin arbeiten. Als der selige Johannes Paul II. die Kirche in das neue Jahrtausend führte, erinnerte er uns an die Normalität dieses „Ideals der Vollkommenheit“, das sofort allen vorgelegt werden muss: "Einen Katechumenen fragen: 'Möchtest du die Taufe empfangen?', das schließt gleichzeitig die Frage ein: 'Möchtest du heilig werden? ". Ich möchte die Priester ermuntern, dieses Schreiben zu lesen (NB Gerne schicke ich Ihnen das Schreiben auf Wunsch per Email zu).

Wenn am Hochfest des heiligsten Herzens Jesu der Weltgebetstag zur Heiligung der Priester begangen wird, so möchte ich euch, liebe Brüder und Schwestern, einladen grundsätzlich über Heiligkeit nachdenken, da für Priester und Gläubige gilt, was der hl. Paulus verkündet: «Das ist es, was Gott will: eure Heiligung!» (1 Thess 4,3). Papst Johannes erinnert uns an die Normalität dieses „Ideals der Vollkommenheit“: "Einen Katechumenen fragen: 'Möchtest du die Taufe empfangen?', das schließt gleichzeitig die Frage ein: 'Möchtest du heilig werden?".

In Zeiten der Priesternot müssen wir das Streben nach Heiligkeit, das aus falscher Demutshaltung selten bei der Predigt angesprochen wird, wieder in den Mittelpunkt stellen. Wenn sich manche Christen an der Anrede "Heiliger" Vater stören, so übersehen sie, dass wir alle zur Heiligkeit berufen sind. So grüßt der Apostel Paulus mit einer Selbstverständlichkeit alle Heiligen seiner Gemeinden, etwa die Römer: "An alle in Rom, die von Gott geliebt sind, die berufenen Heiligen: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus" (Röm 1,7), bzw. die Philipper grüßt Paulus: "Paulus und Timotheus, Knechte Christi Jesu, an alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind" (Phil 1,1; siehe auch: 1 Kor 1,2; 2 Kor 1,1; Eph 1,1; Kol 1,2). Wenn der heilige Paulus hier wäre, würde er euch nicht nur mit "liebe Brüder und Schwestern" begrüßen, sondern er würde "alle Heiligen in Christus Jesus, die hier auf dem Herz-Jesu Berg in Velburg sind" grüßen. Man kann bei der selbstverständlichen Anrede der Gemeinden des heiligen Paulus sehen, wie weit unser Denken vom Streben nach Heiligkeit entfernt ist.

In Zeiten der Priesternot müssen wir das Streben nach Heiligkeit wieder in den Mittelpunkt stellen. Dieses lebendig machende Streben nach Heiligkeit muß unseren Alltag erfüllen. Wenn heute Priesternot ist, so darf man nicht übersehen: ein Priester lebt bis zu seinem 20. / 25. Lebensjahr in der Familie. Das "Priester Seminar" ist die Familie. So möchte ich sie, liebe Brüder und Schwestern er-muntern: in euren Familien ein Leben in Heiligkeit zu praktizieren. Diese Familien bilden die nächste Priestergeneration heran. Woher sollen die Priester kommen, wenn nicht aus den Familien. Jeder weiß, dass sich ein Mensch nach seinem 20. bis 25. Lebensjahr nicht mehr wesentlich verändert. Das heißt, in der Familie wird der wesentliche Grundstock für den Priester- und Ordensberuf gelegt.

Wenn ich an meine Familie denke, so haben sich auf Grund des heiligmäßigen Lebens meiner Eltern alle Kinder Gott geweiht: ein Ordensbruder, eine Ordensschwester und ein Priester.

An diesem Herz-Jesu-Fest sollten wir alle, Priester und Gläubige, den Entschluß fassen zu einem Streben nach Heiligkeit (1 Thess 4, 3), das in jedem Menschen grundgelegt, ja verankert ist, da der Mensch nach dem Abbild Gottes (Gen 1,27) geschaffen ist, das er widerspiegeln soll. Da Gott heilig und die Liebe ist, sollen wir als Abbilder Gottes die Heiligkeit und Liebe Gottes in unserem Leben aufleuchten lassen; das ist lebendiger Gottesdienst, Dienst vor Gott im Alltag.

Lassen sie Gott in ihren Alltag und leben sie vor Gottes Angesicht. Man könnte fast krank werden, wenn man von Angstmachern erfährt, was den Menschen alles krank macht. Ich denke, man sollte fragen, was macht den Menschen gesund. Im geistlichen Bereich ist es ähnlich. Der hl. Paulus legt unseren Augenmerk: „Besiege das Böse durch das Gute (Röm 12,21). Wenn wir unseren Blickwinkel auf das Gute richten, überwinden wir das Böse. Ich denke sogar, wir müssen "Spiritualität und Medizin" (dieses Fach wird z.B. an der Universität von Texas gelehrt) als eine Einheit betrachten. So lautet die Schlagzeile des New Yorker Nachrichtenmagazins Newsweek vom 10.11.2003: „Gott und Gesundheit: Ist Religion gute Medizin? Warum die Wissenschaft zu glauben beginnt“. Einer Umfrage zufolge begrüßen 72 Prozent aller Amerikaner ein Gespräch über ihren Glauben mit ihrem Arzt; ein ebenso großer Anteil ist gewiss, dass ein an Gott gerichtetes Gebet eine Krankheit heilen kann - selbst wenn nach wissenschaftlichen Erkenntnissen die betreffende Person keine Chance habe. Newsweek verweist auch auf eine Umfrage des Nationalen Gesundheitsinstitutes. Demnach leben Kirchgänger durchschnittlich um 25 Prozent länger als Menschen, die keine Gottesdienste besuchen.

Wenn ich im Urlaub bei meinen Eltern war, so konnte ich feststellen, dass meine Eltern schon um ½ 5 Uhr zu beten anfingen. Anschließend gingen sie zum Chorgebet der Schwestern, wo meine Eltern 22 Jahre kostenlos Hausmeister machten, und besuchten anschließend die hl. Messe. Bei der Familie meines Vaters waren es 14 Kinder: mein Vater war in der Mitte; er hat aber alle Geschwister überlebt und ist 89 Jahre geworden. Bei meiner Mutter waren es 8 Kinder; meine Mutter war die älteste und hat alle Geschwister überlebt; sie wurde 95 Jahre. So kann ich Ihnen, liebe Gottesdienstbesucher nur gratulieren, da sie anscheinend auch länger leben wollen. Wer länger leben will, muß den Weg zur Heiligkeit gehen: Wo sollen wir mehr zur Heiligkeit ermuntert werden und geistige Nahrung empfangen, wenn nicht in der hl. Eucharistiefeier.

Das Streben nach Heiligkeit ist für den Menschen heilsam. Grundlegend für das Streben nach Heiligkeit ist eine Aussage im ersten Kapitel der Heiligen Schrift: Danach ist der Mensch nicht nach irgendeinem Vorbild geschaffen, sondern er ist, wie bereits aufgezeigt: Abbild Gottes. Der Mensch wird in Beziehung zu Gott gesehen: „Gott sprach: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie (Gn 1, 26.27). Der hl. Paulus greift diesen Gedanken auf: „Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit“ (Eph 4,24). Ein Mensch ist umso schöner, strahlender, je mehr das Bild Gottes aufleuchtet, nach dem er erschaffen ist. Wir sind umso mehr Mensch, je mehr wir Abbild Gottes sind. Für einen Christen gilt grundsätzlich: Unsere Menschwerdung geschieht vor allem durch unsere Heiligung, durch unsere Hinwendung zu Gott, der uns Menschen als sein Abbild geschaffen hat. Wir sind zur Heiligkeit aus unserem Wesen heraus berufen: „Das ist es, was Gott will, eure Heiligung“ (1 Thess 4,3). Jeder Mensch ist von Gott erdacht, geplant worden. Gott hat jeden Menschen als Heiligen geplant!

Wir Menschen sind aber nicht nur Abbild Gottes, Gläubige, sondern wir sind Christen. In Jesus Christus werden uns ganz neue, ungeahnte Perspektiven eröffnet. Einen Gipfel hat das Streben nach Heiligkeit in Jesus Christus erreicht: Gott selber wurde Mensch in einer Krippe in einem Stall in Bethlehem. Wir können und dabei fragen: Wie kann Gott Mensch werden? Das Menschsein ist Gott nicht wesensfremd, nicht wider die göttliche Natur. Für die Menschwerdung Gottes ist dies eine ganz entscheidende Aussage. Umgekehrt muss man auch sagen: für den Menschen ist die Gottheit nicht gegen die Natur des Menschen. So beten wir am Weihnachtstag: "Allmächtiger Gott, du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar erschaffen und noch wunderbarer wiederhergestellt. Lass uns teilhaben an der Gottheit deines Sohnes, der unsere Menschennatur angenommen hat“.

Dieser theologische Hintergrund: der Mensch hat teil an der Gottheit, ist auch wichtig, wenn Jesus die Liebe zu Gott und gleichzeitig die Liebe zum Menschen hervorhebt, bzw. hinzufügt: "Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten" (Mt 22, 35-40). Die geheimnisvolle Zusammengehörigkeit Mensch-Gott wird auch deutlich bei der Erzählung Jesu vom Weltgericht: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40).

Dass wir "teilhaben an der Gottheit" Christi (Oration zu Weihnachten), und folglich der Mensch nicht nur Abbild Gottes ist, wird auch in der Gabenbereitung der heiligen Messe deutlich. Der Priester betet, wobei er ein wenig Wasser in den Kelch gießt: »Wie das Wasser sich mit dem Wein verbindet zum heiligen Zeichen, so lasse uns dieser Kelch teilhaben an der Gottheit Christi, der unsere Menschennatur angenommen hat". Wir gehen in diese Gottheit ein, wie sich das Wasser mit dem Wein verbindet. Keine Philosophie könnte die Würde des Menschen schöner ausdrücken.

Da wir Abbild Gottes sind, ja sogar teilhaben an der göttlichen Natur, ist der Ausgangspunkt und das Ziel für unsere Heiligung grundgelegt. Gott hat aber den Menschen in ganz verschiedener Weise, in seiner je ihm eigentümlichen Art und Weise erschaffen. In dieser speziellen Eigenart und Vielfalt ist der Mensch Abbild Gottes. Wir sollen versuchen, in unserem Leben ein Abglanz des Göttlichen zu sein, jenem Heiligen ähnlich zu werden, zu dem uns Gott geplant und erschaffen hat und nicht ein billiges Abziehbildchen zu sein, wie es zu Tausenden hergestellt wird.

Gott erschafft die Menschen ständig neu, wobei Mann und Frau bei diesem Wunder mitwirken. So ist der Schöpfer ständig gegenwärtig. Die Menschen haben ein Leben lang Zeit, diesem Bild Gottes näher zu kommen. Wir sind aufgerufen, zu unserem Gott, der uns erschaffen hat, zurückzukehren, dass wir alle ganz Eigentum Gottes werden. Im Heiligen leuchtet das Bild Gottes in unserer Welt wieder auf. Wer sich heiligt, ist ein Missionar, eine Missionarin Gottes in unserer Welt; er verkündet durch sein Dasein: Gott.

Liebe Brüder und Schwestern. Wenn wir am Herz Jesu Fest aufgerufen werden zur Heiligkeit, so deswegen, weil wir "Abbild Gottes" (Gen 1,26 f) sind, mehr noch, weil wir teilhaben an der Gottheit Christi. Ich möchte sie bitten, in eurem Leben dieses leuchtende Ziel im Alltag immer vor Augen zu haben. Der Mensch lebt nicht so sehr von der Vergangenheit, sondern vor allem von der Zukunft.

Der Hl. Paulus drückt es so aus: "Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden; sein Tod soll mich prägen. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt" (Phil 3,10.11.14).
Das Leben der ersten Christen war so von diesem leuchtenden Ziel, von der Strahlkraft der Botschaft Christi geprägt, dass sie sogar das Martyrium erstrebten, um in dieses göttliches Leben einzugehen. Wenn sie auch nur ein Wenig von der Strahlkraft der Botschaft Christi in sich aufgenommen haben, können sie gestärkt in den Alltag zurückgehen. Opfern sie ihre Leiden auf; das Aufopfern der Leiden ist eine höhere Stufe des Betens.

So können wir mit der Kirche beten: "Allmächtiger Gott, sieh auf das durchbohrte Herz deines Sohnes, der uns geliebt und sich für uns hingegeben hat. Lass unser Opfer dir wohlgefallen und zur Sühne für unsere Sünden werden" (Gabengebet: Herz Jesu Fest).
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