1. Juni 2012 in Deutschland
Die Redaktion der Zeitschrift «Stimmen der Zeit» musste nach einem Artikel über die angeblich dogmatisch «eindeutige positive Begründung für die Zulassung von Frauen zu allen ordinierten Ämtern» einen Gegenartikel von Bischof Müller publizieren.
München (kath.net/KNA) Die in München erscheinende Jesuitenzeitschrift «Stimmen der Zeit» hat sich Ärger mit der vatikanischen Glaubenskongregation eingehandelt. Grund ist ein in der Dezember-Ausgabe 2011 publizierter Beitrag des emeritierten Bamberger Dogmatik-Professors Georg Kraus. Der Küng-Schüler erklärt darin, es gebe aus theologischer Sicht eine dogmatisch «eindeutige positive Begründung für die Zulassung von Frauen zu allen ordinierten Ämtern». Gegen diesen Beitrag habe die Glaubenskongregation protestiert, heißt es im Juni-Heft. Über den Generaloberen der Jesuiten sei die Redaktion dann aufgefordert worden, einen Artikel zu publizieren, «der die Lehre der Kirche adäquat darstellt».
Diesen Part übernahm der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, selbst Mitglied der Glaubenskongregation. Der frühere Professor für Dogmatik an der Münchner Universität räumt in seinem Fazit ein, dass es immer Aufgabe der Theologie sei, über den katholischen Glauben nachzudenken. Auch kontroverse Diskussionen könnten förderlich sein, «manchmal sogar notwendig». Doch wenn der Glaube gerade auch bezüglich des Weiheamtes aus der Offenbarung komme und der Kirche zur treuen Bewahrung und Verkündigung anvertraut sei, dann müsse die «letztverbindliche Entscheidungs- und Lehrkompetenz» des Lehramtes des Papstes und der Bischöfe anerkannt werden.
Geschehe dies nicht, verliere der geoffenbarte Glaube seine Eindeutigkeit, warnt Müller. Die Kirche löse sich selbst in einem Gewirr von Meinungen auf und wäre nicht mehr Zeichen und Werkzeug des Heils und der Wahrheit. In der Frage des Weihesakraments könne nur theologisch-dogmatisch argumentiert werden, pragmatische Überlegungen fielen nicht ins Gewicht. Mit seiner Behauptung, die katholische Kirchenleitung habe, wenn sie sich am Heilswillen des Herrn orientiere, die Vollmacht, Frauen die Priesterweihe zu spenden, stelle Kraus den Willen Jesu infrage, kritisierte der Bischof. Zugleich ignoriere Kraus sämtliche verbindlichen Aussagen des Lehramts seit 2000 Jahren.
Chefredakteur Pater Andreas Batlogg verteidigte die Linie seiner Zeitschrift. «Wir sind die Stimmen und nicht die Stimme der Zeit», sagte der Jesuit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Seiner Auffassung nach gibt es einen legitimen theologischen Pluralismus auch in jenen Fragen, die durch Enzykliken oder andere lehramtliche Texte scheinbar endgültig geregelt sind.
Die heutige Komplexität von Kirche und Welt erlaube einfach nicht mehr die einmal für alle künftigen Zeiten geltende alleinige und einzig mögliche Antwort auf Fragen, die sich auf den einzelnen Kontinenten oft unterschiedlich darstellten, so der Jesuit. Wache Christen ließen sich heute nicht mehr durch «Maulkorberlasse» gängeln. Batlogg ist nicht der erste Chefredakteur, der römischen Widerstand zu spüren bekommt. Auch seine Vorgänger Pater Martin Maier (1998 bis 2009) und Pater Wolfgang Seibel (1966 bis 1998) sahen sich und ihre Zeitschrift häufig heftiger Kritik aus dem Vatikan ausgesetzt.
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