Kündigung der Kirchen-Trägerschaft: 'einmaliges Politikum'

23. März 2012 in Deutschland


Kirchenrechtler Thomas Schüller über Entlassung einer wiederverheirateten Kindergartenerzieherin: „Wenn die Kirche ultrastreng, aber nicht konsequent agiert, verwirkt sie ihr Recht auf die selbstständige Regelung ihrer Arbeitsverhältnisse“.


Köln/Königswinter (kath.net/KNA) In der Reaktion der Stadt Königswinter auf die Entlassung einer Kindergartenleiterin durch die Kirche sieht der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller ein «einmaliges Politikum». Erstmals «schlägt der Staat zurück», sagte er dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Freitag). Die Kommune hatte den Vertrag mit der Kirche über die Trägerschaft und die Nutzung der städtischen Gebäude gekündigt. Zuvor hatte der Kirchengemeindeverband die Kita-Leiterin entlassen, weil sie nach der Trennung von ihrem Mann mit einem neuen Partner zusammenlebt. Die Stadt kam den Eltern entgegen, die an der Erzieherin festhalten wollen.

Die Entlassung entspreche zwar den kirchlichen Normen, erläuterte Schüller. Allerdings handele es sich nur um ein letztes Mittel. Der Wissenschaftler verwies darauf, dass Arbeitsgerichte bei Kündigungsschutzklagen zunehmend berücksichtigten, dass die Kirche nicht mit allen Mitarbeitern gleich verfahre. «Wenn die Kirche ultrastreng, aber nicht konsequent agiert, verwirkt sie ihr Recht auf die selbstständige Regelung ihrer Arbeitsverhältnisse, das ihr vom Grundgesetz her zusteht», so Schüller.

Ein rigoroses Vorgehen gegen alle Mitarbeiter, die nicht entsprechend der kirchlichen Morallehre leben, ist laut Schüller aber praktisch ausgeschlossen. «Würde die Kirche alle Betroffenen entlassen wollen, müsste sie Hunderte von Einrichtungen schließen», betonte er. «Die Kirche hat somit längst ein massives Rekrutierungsproblem.»

Das zuständige Erzbistum Köln hatte die Trägerschaftskündigung bedauert. Zugleich betonte es, dass die Treue bis zum Tod zum kirchlichen Eheverständnis gehöre. Diesem moralischen Anspruch seien kirchliche Mitarbeiter besonders verpflichtet. Die Kirche könne ihre moralischen Werte nicht einfach im Einzelfall aufgeben oder aus missverstandener Nächstenliebe zurücknehmen.

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