22. Februar 2012 in Chronik
Wissenschaftsmagazin 'Geo' sieht Hinweis darauf - Biblischer Archäologe Peter van der Veen: Nein, keine neuen Erkenntnisse über den biblischen Turm
Hamburg/Schorndorf (kath.net/idea) Erstmals soll ein zeitgenössischer Bauplan des biblischen Turms zu Babel entdeckt worden sein. Das Wissenschaftsmagazin Geo (Hamburg) berichtet, dass der babylonische Herrscher Nebukadnezar II. (604-562 v. Chr.) den verfallenen Turm neu errichten ließ. Eine Inschrift auf einer Stele aus dieser Zeit gebe Auskunft über die Bauleute: Ich dienstverpflichtete alle Länder überall, jedermann und jeden Herrscher.
Dies wird als Hinweis darauf gedeutet, dass auf der Baustelle eine babylonische Sprachenverwirrung geherrscht haben könnte, so wie es in der Genesis, dem 1. Buch Mose, Kapitel 11 beschrieben wird. Der Turm habe eine Seitenlänge von je 91,5 Metern gehabt und sei rund 90 Meter hoch gewesen.
An der Spitze des siebenstufigen Bauwerks (babylonisch Zikkurat) habe ein Tempel für den Hauptgott von Babylon, Marduk, gestanden. Die Stele befindet sich im Besitz des norwegischen Geschäftsmanns Martin Schøyen. Obwohl ihre Existenz seit langem bekannt ist, wurde die Inschrift erst im vergangenen Jahr offiziell veröffentlicht.
Biblischer Archäologe: Keine neuen Erkenntnisse
Diese Veröffentlichung enthalte keine neuen Erkenntnisse über den biblischen Turm, so der Archäologe Peter van der Veen (Schorndorf bei Stuttgart). Er verfasst an der Universität Mainz eine Habilitationsschrift über biblische Archäologie.
Bauwerke, wie sie Mose beschreibe, habe es in Mesopotamien bereits im 3. vorchristlichen Jahrtausend gegeben. Alten Quellen zufolge habe der Akkaderkönig Scharkalischarri um 2200 v. Chr. in Babylon einen älteren zerstörten Turm wieder aufbauen lassen.
Bekannt seien auch Türme aus der Zeit des Königs Hammurabi, der Babylonien im 18. vorchristlichen Jahrhundert regierte und durch seine Gesetzgebung berühmt wurde. Von diesen Türmen habe wahrscheinlich auch Mose, der im 15. vorchristlichen Jahrhundert lebte, gewusst, als er über die Anfänge der Menschheit schrieb, sagte van der Veen gegenüber idea.
Der Turm Nebukadnezars, der rund 900 Jahre später lebte, könne nicht Vorbild für den biblischen Turm sein. Nebukadnezar habe einen dieser früheren Türme nachbauen lassen, um sich in eine Reihe mit Hammurabi zu stellen.
Der Hinweis auf der Stele bestätige, dass die babylonischen Herrscher Kriegsgefangene aus zahlreichen Ländern nach Babylon holten und zu Zwangsarbeiten einsetzten. Da gab es sicherlich auch eine große Sprachvielfalt. Sie hat aber nichts zu tun mit dem Bericht des Mose, der die Sprachverwirrung als Strafe Gottes für menschliche Überheblichkeit bezeichnete, so van der Veen.
Foto: kathtube
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