Zur Erleichterung und Sicherheit des Heiligen Vaters

16. Oktober 2011 in Chronik


Bei dem feierlichen Pontifikalamt, das Benedikt XVI. am heutigen Sonntag in St. Peter feierte, benutzte der Papst erstmals zum Ein- und Auszug die ‚pedana mobile’. Von Ulrich Nersinger


Rom (kath.net/un) Nein, weder sei der Heilige Vater erkrankt, noch gebe es irgendeinen medizinischen Grund für die Neuerung, die an diesem Sonntag bei der Papstliturgie eingeführt worden sei, versichert Pater Federico Lombardi SJ, der Pressesprecher des Heiligen Stuhls.

Erstmals benutzte Papst Benedikt XVI. die „pedana mobile“, eine fahrbare Plattform, mit der er die Vatikanische Basilika aufsuchte und auch wieder verließ. Das Fahrgestell wird von Bediensteten des Apostolischen Palastes gehandhabt; in Hüfthöhe ist eine Querstange angebracht, die es dem aufrechtstehenden Papst erlaubt sich festzuhalten.

Mit der „pedana mobile“ will man dem Alter des Heiligen Vaters Rechenschaft tragen und ihm weite Wege mit schweren Paramenten und dem päpstlichen Kreuzstab ersparen. Das Gefährt ist aber nicht nur eine sinnvolle Erleichterung für den Pontifex, sondern dient auch dem vatikanischen Sicherheitsapparat zur Beruhigung, wird doch hierdurch auch der Schutz des Papstes erleichtert und erhöht.

Für den Vatikan steht die „pedana“ in der Tradition und Nachfolge des ehemaligen Tragsessels der Päpste. Die Sedia Gestatoria, die auf den Schultern von zwölf, bisweilen auch sechzehn Männern, den „Sediari“, ruhte, gehörte seit dem fünften Jahrhundert zum festgeschriebenen Zeremoniell am Päpstlichen Hof. In der Neuzeit wurde der Tragsessel verwendet, wenn der Papst feierlich zum Gottesdienst zog. Zu den Audienzen in den Sälen des Apostolischen Palastes und der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo nahm man häufig eine kleinere Sedia; sie erforderte nur acht Träger.

Seit dem Mittelalter bilden die Sediari ein eigenes Kollegium. Die Sesselträger des Papstes kamen zumeist aus dem Borgo, dem Stadtviertel, das sich eng an St. Peter schmiegt. Vielfach ging das Amt eines „Sediario“ vom Vater auf den Sohn über. Ihr Dienst in unmittelbarer Nähe zum Oberhaupt der Christenheit machte sie zu „familiares Papae“ (Hausgenossen des Papstes).

Während des II. Vatikanischen Konzils begann Paul VI. (1963-1978) den Gebrauch der Sedia Gestatoria einzuschränken, bis er dann fast ganz auf den Tragsessel verzichtete. Erst gegen Ende seines Pontifikats musste der von Arthrose geplagte und vom Alter gezeichnete Papst wieder auf die Sedia zurückgreifen. Johannes Paul I. (1978) nahm nur zögerlich die Dienste der „Sediari“ in Anspruch.

Sein direkter Nachfolger, der selige Johannes Paul II. (1978-2005) stand der Sedia Gestatoria ablehnend gegenüber. Als es in späteren Jahren für den Heiligen Vater immer schwieriger wurde, größere Wegstrecken zu bewältigen, schuf man ein mobiles Podest, auf dem der Papst stehen konnte und das seit heute auch von Benedikt XVI. genutzt wird.

Die Aufgabe, die „pedana mobile“ zu lenken, ist den „Sediari“ anvertraut: auch hier folgt man der Tradition und hat sie für die heutige Zeit adaptiert. Obschon die „Sediari“ seit 1978 ihren ursprünglichen Dienst nicht mehr ausübten, beließen die Päpste sie weiterhin im Amt. Sie leisten bis zum heutigen Tag Dienste im Apostolischen Palast, geleiten Staatsgäste und Botschafter in einem feierlichen Ehrenzug zur Audienz und stehen bei den verschiedensten Zeremonien dem Papst hilfreich zur Seite.

Im einer Begegnung mit ihnen sagte Benedikt XVI.: „Eure Arbeit fügt sich in einen Kontext ein, in dem alles zu allen Menschen konsequent von der Kirche Christi sprechen und diesen nachahmen muss, denn er ‚ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele’ (Mk 10,45). Auf diesem Hintergrund muss man die Reformen betrachten, die meine verehrten Vorgänger in jüngerer Zeit durchgeführt haben, insbesondere Papst Paul VI., dem die Aufgabe zufiel, die neuen Forderungen, die das Konzil erhoben hatte, in die Tat umzusetzen. Das Zeremoniell ist vereinfacht worden, um es zu größerer Nüchternheit und Schlichtheit zurückzuführen, die der christlichen Botschaft und den Anforderungen der Zeit besser entsprechen.“




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