Kreuz und Opfer

25. August 2011 in Spirituelles


Jesus selber hat nicht nur gebetet, sondern auch geopfert. Opfern, Leid aufopfern ist eine höhere Stufe des Betens. Ein Kommentar zum Sonntagsevangelium von P. Bernhard Sirch


Linz (kath.net)
A - 22. So. im Jahreskreis. 1. Lesung: Jer 20,7-9.; 2. Lesung: Röm 12., 1-2. Evangelium: Mt 16, 21-27

"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach" (Mt 16,24). - Obwohl die entscheidende Botschaft des Christentums ist: "Der Herr ist wirklich auferstanden" (Lk 24, 34), so ist Christus in unseren Kirchen und Wohnungen sehr oft als der Gekreuzigte dargestellt und kaum als der Auferstandene. Wenn Jesus vor allem als der Gekreuzigte dargestellt wird, so deswegen, weil unser irdischer Weg immer wieder dem Weg Christi hinauf nach Golgotha gleicht: so können wir in unserem Leid immer auf Christus blicken. Das Kreuz tragen ist eine menschliche Realität an der niemand vorbeikommt. Für uns Christen ist aber das Kreuz, Golgotha, nicht Endstation, sondern durch das Kreuz gelangen wir zum Licht, zur Auferstehung: per crucem ad lucem. So ist das höchste kirchliche Fest Ostern und nicht Karfreitag.

Christus und das Christentum hätte eine viel größere Chance bei den Men¬schen anzukommen und somit Verbreitung zu finden, wenn wir Christus nur als den Auferstandenen verkündigen müssten. Wie Jesus seinen Jüngern erklärt, "er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten vieles erleiden; er werde getötet werden, aber am dritten Tag werde er auferstehen" (Mt 16,21), da macht ihm Petrus Vorwürfe: "Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen" (Mt 16,22). Ist das Verhalten des Petrus nicht allzu verständlich?

Unser Glaube steht an einem Wendepunkt, wenn sich in unserem Leben das Kreuz zeigt. Schreit nicht unser Innerstes auf und geht unser ganzes Beten dahin: Wende ab dieses Übel, das darf nicht geschehen? Oder wie wir in der heutigen 1. Lesung den verzweifelten Ruf hörten: "Ja, sooft ich rede, muß ich schreien, «Gewalt und Unterdrückung!» muß ich rufen. Denn das Wort des Herrn bringt mir den ganzen Tag nur Spott und Hohn" (Jer 20, 8). Es ist zwar oft nicht "das Wort des Herrn" das uns "Spott und Hohn" bringt, sondern oft eigenes Versagen, das uns Leid bringt. Vor allem im zwischenmenschlichen Bereich leiden viele Menschen unter der ständigen Verdemütigung und tragen das ganze Leben unter der Last dieses Kreuzes.

Die erste Reaktion auf Kreuz und Leid, das uns trifft, ist Auflehnung und Bitte um Abwendung, bzw. um mit dem hl. Petrus zu sprechen: "Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen" (Mt 16,22). Müsste Jesus nicht auch in unser Innerstes sagen, wie er zu Petrus sagte: "Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! ...denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen" (Mt 16,23). Petrus will sogar Gottes Hilfe in Anspruch nehmen: "Das soll Gott verhüten" (Mt 16,22) und Christus erklärt "was Gott will" (Mt 16,23). Wie oft ist in unserem Munde, in unserem Herzen das Wort des Petrus: "Das soll Gott verhüten" (Mt 16,22)? Wissen wir immer was Gott will? Christus hat "ja" zum Kreuz gesagt und ruft uns auf, ebenso "ja" zu dem uns auferlegten Kreuz zu sagen. Wir brauchen uns keine Kreuze zimmern und diese uns auferlegen, sondern wir sind aufgerufen, das uns auferlegte Kreuz im Alltag, durch die von Gott gegebenen Lebensumstände, geduldig zu tragen. Das ist der Wille Gottes: "Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach" (Mt 16,24).

Schauen wir einmal auf Heilige unserer Tage, auf Mutter Teresa, die die Kreuzesnachfolge im täglichen Leben umgesetzt haben. Bringen wir es fertig sogar Jesus zu bitten, um was Mutter Teresa gebetet hat?

"Erlöse mich, o Jesus,
von dem Verlangen, geliebt zu werden,
von dem Verlangen, gerühmt zu werden,
von dem Verlangen, geehrt zu werden,
von dem Verlangen, gelobt zu werden,
von dem Verlangen, bevorzugt zu werden,
von dem Verlangen, zu Rate gezogen zu werden,
von dem Verlangen, anerkannt zu werden,
von dem Verlangen, beliebt zu sein,

"Erlöse mich, o Jesus,
von der Furcht, gedemütigt zu werden,
von der Furcht, verachtet zu werden,
von der Furcht, getadelt zu werden,
von der Furcht, verleumdet zu werden,
von der Furcht, vergessen zu werden,
von der Furcht, ungerecht behandelt zu werden,
von der Furcht, verspottet zu werden,
von der Furcht, verdächtigt zu werden".

Ist hier nicht ausgedrückt, worunter viele Menschen leiden und zusammenbrechen? Noch sind viele Kreuze in unseren Wohnungen und auch in öffentlichen Gebäuden oder Wegkreuze, wo heute bei weitem nicht alle Menschen mit Wohlwollen auf den Gekreuzigten blicken. Gerade am Wegkreuz zeigt sich Jesus ohnmächtig wie auf dem Kalvarienberg: schutzlos dem Wind und dem Wetter, den guten und auch den bösen Blicken ausgesetzt. Eine Situation, in der sich viele Mitmenschen auf der Welt heute befinden in der verfolgten Kirche! Ein Wegkreuz ruft zum Hinschauen, zum Innehalten auf, zum Nachdenken, ja auch zum Mitfühlen!

Christus hat das Kreuz für uns auf sich genommen: "... mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden" (Hl. Messe). Es ist dies auch ein Hinweis für uns. Geben wir unserem Kreuz einen Sinn, dann ist es leichter erträglich.

Einer schwer kranken Frau gab ich in ihrem Leidenweg folgenden Hinweis: "Der Herr hat mit ihnen noch etwas vor und so möchte ihnen eine Bitte vortragen: In der unserer Pfarrei hat es seit über 60 Jahren keine Primiz mehr gegeben. Jesus sagt so einfach und schlicht: "Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seinen Weinberg sende".

An uns liegt es, um Priester zu beten. Jesus selber hat nicht nur gebetet, sondern auch geopfert. Opfern, Leid aufopfern ist eine höhere Stufe des Betens. Was uns durch Beten nicht gelingt, gelingt durch Aufopfern. Opfern Sie alle Ihre Lei¬den auf um gute Priesterberufe, auch was Sie bisher schon auf dem Krankenlager erlitten haben. Wenn Sie durch Ihr Beten und Opfern einen Priesterberuf erbitten, so dürfen Sie sicher sein, dass dieser Priester viel Gutes tut. Dieser Segen wirkt auf Sie und Ihre Familie zurück. Man kann Leid, Mühsal leichter er
tragen, wenn man ein Ziel vor Augen hat. Mir wurde gesagt, dass die Frau danach viel ruhiger geworden ist. Ich darf auch Sie bitten, falls Sie ein großes Leiden haben, sei es körperlich, oder was oft schlimmer ist: seelisch. Opfern auch Sie Ihre Leiden auf. Sie werden Erleichterung und Segen erfahren und können "Ja" sagen zu dem Kreuz. Es ist dies eine entscheidende Erfahrung in unserem Leben.

Allen, die Leid tragen müssen, möchte ich zurufen: Durch einen Blutstropfen hat Jesus mehr Menschen erlöst wie durch 1000 Freudentränen. Die Tränen des Leides sind Edelsteine für die Ewigkeit und Stufen zum Himmel. Üben sie das Aufopfern Ihres Kreuzes in kleinen unscheinbaren Dingen, im Alltag für irgendein Anliegen.

Askese - leider hat dieses Wort heute einen schlechten Beigeschmack - kommt vom Griechischen askeo, ich übe. Gewöhnlich wird den Kindern viel Wissen und Fertigkeiten beigebracht; man kann sich aber auch fragen: lernen sie auch menschliche Dinge? Ein Ziel sollte sein: Freude zu haben auch am Opfer bringen. Etwa auf Schokolade, Zigaretten, Bier, Fernsehen zu verzichten, aber ohne eine schlechte Laune zu haben. Zu einer Erziehung sollte auch gehören, gerade bei Kindern, dass sie verzichten können. Wenn sie verzichten eingeübt haben, dann tun sie sich im späteren Leben viel leichter, wo bei weitem nicht alles so abläuft, wie wir uns dies vorgestellt haben. Es sollte durch den Verzicht zum Ausdruck kommen, dass der Mensch Herr über die Schokolade ist, und nicht, dass die Schokolade Herr über den Menschen ist. Der Mensch sollte ausprobieren, wie weit kann ich mit mir im Verzichten gehen. Die Sportler bringen Opfer um einen Sieg zu erringen. Dem Gläubigen geht es mehr als um einen sportlichen Erfolg: "Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen? Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommen und jedem Menschen vergelten, wie es seine Taten verdienen" (Mt 16,26.27).

Eindringlich ruft uns Paulus in der 2. Lesung auf: "Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist" (Röm 12, 2). "Wenn wir nämlich ihm gleich geworden sind in seinem Tod, dann werden wir mit ihm auch in seiner Auferstehung vereinigt sein" (Röm 6,5). Christliches Leben mit der Konsequenz des Kreuztragens ist nur verständlich im Blick auf unsere Auferstehung; wenn wir Christus gleich geworden sind in seinem Leiden und Sterben, werden wir mit ihm auch in seinem Aufstehen vereinigt sein.

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